Um meine Gedanken diese Woche nach der neuen Folge "The Walking Dead" zusammenzufassen, reichen vier Worte aus: "Was war das denn?" Wer es ausführlicher haben will, der soll es ausführlicher haben, doch soviel noch vorweg: Wie man vermuten durfte, hat Michonne (Danai Gurira), je nach Sichtweise vielleicht die coolste noch aktive Figur von "The Walking Dead", die Serie in Folge 13 von Staffel 10 verlassen.

Und genau wie beim Abschied von Protagonist Rick Grimes (Andrew Lincoln), der zu Beginn der neunten Staffel scheinbar sein Leben opferte, hatten die Macher dies soweit im Vorfeld angekündigt, dass jeder sich darauf einstellen konnte. Trotzdem ist die letzte Michonne-Folge von "The Walking Dead" eine riesige Enttäuschung. So unwürdig wurde noch nie ein langjähriges Mitglied der Zombieserie verabschiedet. Achtung, es folgen Spoiler zur zehnten Staffel.

Michonne Reloaded: Rick's Abschied 2.0

Michonne ist vielleicht nicht seit der ersten Folge "The Walking Dead" dabei, dürfte aber eine der wichtigsten Figuren in der zehnjährigen Seriengeschichte gewesen sein. Dementsprechend frech wirkt die Art der Autoren, ihren Abgang zu gestalten: Michonnes Abschied ist beinahe eine 1:1-Kopie der letzten Folge von Rick.

Unsere mutige Katana-Kriegerin muss nämlich feststellen, dass sie von Virgil (Kevin Carroll), mit dem sie seit dem Mid-Season Finale unterwegs ist, belogen wurde. Nicht für Munition im Whisperer-Krieg, der in Michonnes Abwesenheit bereits mit 3 Todesfällen quasi endete, sollte sie ihn auf die Insel begleiten. Stattdessen plant der psychopathische Mann, seine tote Familie aus einem Armeedepot voller Zombies zu bergen, um Frau und Kind vernünftig begraben zu können. Michonne ist wütend, doch natürlich schnetzelt sie sich für Virgil durch die Horde.

In der darauffolgenden Nacht wird sie dann von ihrem Begleiter mit halluzinogenen Kräutern vergiftet. Und was machen halluzinogene Drogen in der Welt der "The Walking Dead"-Autoren? Interessanterweise dasselbe wie schwere Blutungen. Wie nämlich auch Rick in seiner Abschiedsfolge wird Michonne nun von Visionen ehemaliger verstorbener Weggefährten geplagt, denen sie sich stellen muss.

Spiel's noch einmal, Walking Dead

AMC

Verabschiedet sich bis auf Weiteres: Danai Gurira alias Michonne verlässt "The Walking Dead".

So sieht Michonne sich mit dem verstorbenen Siddiq konfrontiert, ehe die Drogen (bzw. die Willkür der Schreiberlinge) sie auf eine Reise durch eine alternative Zeitlinie führt. In dieser rettete sie bei ihrem ersten Serienauftritt in "The Walking Dead" nicht Andrea auf der Flucht von Hershels Farm, sondern ließ die Frau sterben und plünderte ihre Leiche. Auch ein kurzes Treffen mit Daryl (Norman Reedus) geschieht ihr auf diesem Weg, doch der damals noch sehr viel härtere Überlebenskämpfer weist sie ab.

Stattdessen trifft Michonne in dieser Welt – natürlich – auf Negan (Jeffrey Dean Morgan) und wird zu einem Savior. Wie sich das in irgendeiner Form mit der Frau vereinen lassen soll, die wir acht Jahre lang kennen gelernt haben, hinterfragt man besser nicht. Der Serie geht es nur darum, zum Schluss nochmal eine möglichst drastisch alternative Michonne zu zeigen. Ohne Rücksicht auf Kontinuität oder Verstand – die durch ihren Drogentrip eh nicht gegeben sind.

In dieser alternativen Welt ist es Michonne, die Glenn und Heath ermordet und dann später statt Negan mit Lucille auf Abraham eindrischt. Letztlich sind es Daryl und Rick, die die "Böse Michonne" töten können.

Ein unglamouröses, offenes Ende

Was diese Folge im Vergleich zu Rick's Abschied besonders billig werden lässt: Während man sich beim Serien-Helden wenigstens die Mühe gab, die Darsteller der verstorbenen Charaktere neu auftreten zu lassen, mit neu gedrehten Szenen, wird Danai Gurira hier die meiste Zeit in altes Bildmaterial hineingeschnitten

Letztlich übersteht Michonne ihren Trip, übertölpelt Virgil und will zurück nach Hause schippern. Erst hier wird klar, warum die Fanfavoritin in dieser Folge ausscheidet: Bei ihrer Flucht stolpert sie über die Schuhe von – na? Richtig: Rick!

Entschlossen ihre große Liebe nach über sechs Jahren doch noch zu finden, fährt sie nur zum Rest der Bande zurück, um sich von der kleinen Judith (Cailey Fleming) zu verabschieden. Dann bricht sie als letzter verzweifelter Nostalgie-Happen so auf, wie sie das erste Mal in der Serie erschien: Mit zwei Zombies in Leinen als Wachhunde hinter sich herschleifend.

Abschließende Gedanken zu Michonnes enttäuschendem Abschied

Natürlich steht eine Rückkehr von Danai Gurira jederzeit offen. Durch ihre Suche nach Rick dürfte jetzt auch definitiv klar sein, dass wir Michonne in der geplanten Film-Trilogie um Rick wiedersehen werden. Dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack: Eine so lange für die Serie prägende Figur wird einfach in einer isolierten Folge verabschiedet, ohne Notwendigkeit und ohne sich die Mühe zu geben, die Folge in irgendeiner Form einzigartig zu machen.

So folgt man Figuren wie Michonne und Rick Jahre lang, um dann auf unbestimmte Zeit auf ominöse Filme vertröstet zu werden, bei denen derzeit dank der weltweiten Corona-Pandemie auch noch unklar bleibt, wann diese je das Tageslicht erblicken werden. Einer Figur wie Michonne und einer Serie wie "The Walking Dead" ist das nicht würdig.

"The Walking Dead" läuft derzeit immer montags um 21:00 Uhr beim Fox Channel und auf Sky Ticket.