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Streamingtipp: "Winning Time" bei Sky – Ein Muss für Serien- und Sportfans

Winning Time, John C. Reilly, Solomon Hughes
Die beste Serie des Jahres dürfte schon jetzt "Winning Time" heißen – und sie ist auch für die ein Genuss, die sonst mit Basketball nichts anfangen können. HBO / Sky Deutschland, Montage: TVSPIELFILM.de

Meinung | Es ist zwar erst Mai, aber trotzdem hat unser Redakteur Michael Hille schon seine Lieblingsserie des Jahres 2022 gefunden – bei Sky. Sie heißt "Winning Time" und handelt vom Aufstieg eines Basketball-Imperiums. Aber keine Sorge: Auch für Sportmuffel ist das ein großes Vergnügen.

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Dirk Nowitzki hat zwar viel für den Basketball in Deutschland getan, trotzdem kommt die Ballsportart hierzulande nicht gegen König Fußball an. Es ist aber ganz egal, ob man sich für Basketball, Sport im Allgemeinen oder einfach nur für gut gemachte Serienunterhaltung interessiert: Niemand sollte im Jahr 2022 die Chance verpassen, sich die neue HBO-Serie "Winning Time: Aufstieg der Lakers-Dynastie" anzusehen, die in vollem Umfang bei Sky Ticket und Sky Q erhältlich ist. Sie erzählt die wahre Geschichte darüber, wie der Verein der Los Angeles Lakers zu einer Großmacht der NBA wurden – oder um es per Fußball-Vergleich auszudrücken: wie der Verein der FC Bayern im US-Basketball wurde.

Winning Time: Ein Verein spielt sich an die Weltspitze

Foto: HBO / Sky Deutschland, Kometenhafter Aufstieg: Die Los Angeles Lakers wurden dank der Ereignisse in "Winning Time" zur fühenden Basketball-Mannschaft in den USA.

1979: Immobilienunternehmer Jerry Buss (John C. Reilly) ist mitten in seiner Midlife-Crisis. Heimlich lebt er auf Pump und verprasst das Geld, das eigentlich seiner Ex-Frau zusteht, für teure Sportwagen, Kosmetik und das Bezirzen junger Damen. In einem Anflug von Größenwahn beschließt er, seiner großen Ballsport-Leidenschaft nachzukommen, denn wie Buss gerne sagt: "Es gibt zwei Dinge, die meinen Glauben an Gott rechtfertigen: Sex und Basketball!" Also kauft er für 68 Millionen Dollar, die er nicht wirklich hat, den maroden Sportverein der Los Angeles Lakers. 

Obwohl keiner an ihn glaubt, gelingt ihm der irrsinnige Aufstieg. Die Mannschaft wird zum Spitzenteam und Basketballfranchise – der heute geschätzte Wert der Lakers liegt bei fünfeinhalb Milliarden Dollar. Damals, in den frühen 80ern, mussten sich Buss und seine Spieler jedoch mit ihren fragilen Männeregos herumschlagen: Manager Jerry West (Jason Clarke) leidet an Wutanfällen und Alkoholsucht, aufstrebende Trainer wie Paul Westhead (Jason Segel) und Pat Riley (Adrien Brody) drohen, dem Erfolgsdruck zu erliegen und verzetteln sich in Streitereien mit Buss. Der junge Spitzenathlet Earvin "Magic" Johnson (Quincy Isaiah) feiert seine sportlichen Triumphe in Edelpuffs in Las Vegas (und fängt sich später das HIV-Virus ein) und der erfahrene Basketballer Kareem Abdul-Jabbar (Solomon Hughes) schließt sich den Lakers zwar an, geht aber am Rassismus innerhalb der Branche zusehends kaputt.

Trailer für "Winning Time" im englischen Originalton. HBOmax

Sky zeigt in "Winning Time" die dunklen Seiten des Sports

Foto: HBO / Sky Deutschland, In "Winning Time" ist nicht nur Basketball zu sehen, stattdessen geht es viel um die komplexen politischen Hintergründe des Sports.

Ein normales Sportler-Aufstiegsdrama à la "Rocky" ist "Winning Time" also keineswegs: Die Serie verhandelt den Zeitgeist der damaligen Ära und geht detailliert auf die Schattenseite des Profisports ein. Koks konsumiert in dieser Serie eigentlich jeder irgendwann mal. Inszeniert hat Serienschöpfer Adam McKay alles zudem stilgerecht in verblassten, stark körnigen Aufnahmen, die bewusst an die VHS-Ästhetik angeknüpft sind. Wer McKay und seine Filme (darunter: "The Big Short" und "Don't Look Up") kennt, wird seinen Stil schnell wieder erkennen: Eingeblendete Grafiken präsentieren irre und reale Fakten, zwischendurch quatscht jede Figur mal in die Kamera und adressiert den staunenden Zuschauer.

Basketball gilt als der "Sport der Afroamerikaner" in den USA, da der überwiegende Teil der Topathleten aus Schwarzen Spielern besteht – und schon damals bestand. McKay traut sich in "Winning Time", die problematischen Dynamiken hinter den Kulissen aufzuzeigen: Nahezu alle Vereine sind im Besitz reicher weißer Männer, die ihre Schwarzen Stars wie Ausstellungsstücke präsentieren. Jerry Buss prägte den Basketballsport wie kein anderer und gilt als Visionär, weil er als erster die Franchise-Möglichkeiten erkannte und vollausschöpfte. Wenn er aber in der Serie seine "Entdeckung" Magic Johnson vor Investoren vorführt, kommt man nicht umhin, Vergleiche zur Sklaverei zu ziehen, in der ebenfalls weiße "Owner" (auf deutsch: "Besitzer") frei über ihre Schwarzen Untertanen verfügen konnten. Die Vergleiche werden von der Serie ausführlich in den Mittelgrund gestellt – und sind heute leider immer noch zutreffend.

Erst 2014 gab es einen großen Rassismus-Skandal um den Milliardär Donald Sterling, der zum damaligen Zeitpunkt das NBA-Team L.A. Clippers "besaß". Man zwang ihn aufgrund seiner rassistischen Äußerungen, sein Franchise für zwei Milliarden Dollar zu verkaufen. Ein Mann behandelt seine Angestellten rassistisch und geht mit zwei Milliarden vom Platz? Keine Frage: Die Empörung über solche Machtdynamiken im Basketball waren eine Triebfeder für Adam McKay und seine Autoren, "Winning Time" zu verwirklichen.

Witzig, geistreich: "Winning Time" ist ein Gewinn für Sky-Kunden

Foto: HBO / Sky Deutschland, Genial: Sogar der schauspielerische Auftritt von Basketballer Kareem Abdul-Jabbar in "Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" wird in der Serie aufgegriffen.

Dabei ist aber nicht alles nur ernst und dramatisch: Es macht hingegen ganz große Freude, "Winning Time" zu gucken. Die Sportszenen sind dynamisch und packend inszeniert, die Figuren vielschichtig und dreidimensional gezeichnet – auch wenn einige der negativer dargestellten realen Personen wie Jerry West der Serie Faktenverdrehung vorwerfen. Wer in den 80ern aufgewachsen ist, wird sich über die dafür hyperkorrekte Darstellung damaliger modischer Gepflogenheiten amüsieren: Fette Koteletten, markante Schnauzbärte und schrill gefärbte Klamotten, so weit das Auge reicht. 

Und die grandiose Besetzung sorgt in den zehn Episoden à 57 Minuten ebenfalls für Begeisterung, wobei besonders Reilly und Isaiah sich für anstehende Preisverleihungen empfehlen. Sogar der mehrfache Oscarpreisträger Jack Nicholson ist mit dabei – wenn auch nicht er selbst, sondern sein junges Ich, gespielt von Max E. Williams. Nicholson ist Lakers-Fan, verpasste über 40 Jahre lang kein Spiel seiner Lieblingsmannschaft – und wurde als VIP-Gast von Buss gerne prestigeträchtig in den Mittelpunkt gerückt. 

Ohne Frage gibt es diese Jahr keine vergleichbare Serie, die so innovativ und gleichzeitig so geistreich wie sympathisch ist. Auch wenn erst Mai ist, kann man "Winning Time" beruhigt schon jetzt in den Serienolymp hieven. Eine zweite Staffel ist auch bereits bestellt – gut so.