Ein Abend ohne elektrisches Licht bei Kerzenschein mag vielleicht romantisch klingen. Wenn das aber der Dauerzustand auf dem europäischen Kontinent wird, sieht das schnell ganz anders aus. Dieser Grundgedanke ist die Prämisse hinter "Blackout – Morgen ist es zu spät", einem Roman von Marc Elsberg, der 2012 in Deutschland zum Bestseller wurde. Das Buch wurde vom Feuilleton in alle Höhen gelobt: Elsberg recherchierte über Monate die technischen Umstände der europäischen Strom- und Energieversorgung, beschrieb den kontinentalen Stromausfall technisch präzise und detailliert.
Gar nicht so einfach, diese "technische Geschichte" zu verfilmen. Trotzdem haben sich die Autoren Lancelot von Naso und Kai-Uwe Hasenheit genau das vorgenommen. In sechs Folgen erzählen sie die Geschichte des Romans, haben Stars wie Moritz Bleibtreu und die deutsche Allzweckwaffe Heiner Lauterbach mit an Bord. Aber wird die Serie der Detailtreue des Buchs gerecht? Davon können sich Kenner des Romans selbst überzeugen. Die Serie ist seit dem 14. Oktober bei Joyn PLUS+ verfügbar. Einen Trailer gibt es hier zu sehen:"Blackout": Bei Joyn geht der Welt das Licht aus
Als an einem Winterabend plötzlich überall in Europa der Strom ausfällt, ahnt Pierre Manzano (Bleibtreu) noch nicht, was der Zivilisation blüht. Krankenhäuser verlieren den Strom für lebensrettende Maschinen, Passagiere einer Achterbahn hängen mitten im Looping kopfüber fest und Pierre wird durch den Ausfall einer Ampel in einen Autounfall verwickelt. Anderswo wird Frauke Michelsen (Marie Leuenberger) von ihren Töchtern getrennt. Eigentlich wollte sie die Mädchen vom Bahnhof abholen, doch ohne Strom gibt es auch kein Mobilfunknetz – und so ist kein Anruf mehr möglich.
Pierre schwant kurz darauf Übles: Vor Jahren hat der leidenschaftliche Computerhacker einen ambitionierten Code geschrieben – und genau dieser wird jetzt von jemandem verwendet, um ganz Europa in die Steinzeit zurückzuversetzen. Pierre ist sicher, dass ein gezielter Anschlag der Grund für den Blackout ist. Natürlich glauben die Behörden ihm nicht. Der Ermittler Jürgen Hartlandt (Lauterbach) nimmt Pierre stattdessen ins Visier und eröffnet die Jagd auf ihn.
Ein Leben ohne Strom? Für uns unmöglich!
Eine Krise von gigantischen Ausmaßen hatte man 2020/2021 zu Genüge: Die Coronavirus-Pandemie hält nach wie vor die Welt in Atem. Die vollständige Rückkehr zur Normalität ist zum globalen Wunsch geworden. "Blackout" ist in solchen Zeiten ein radikales Gedankenexperiment, verdeutlicht die Serie doch, wie abhängig unsere Gesellschaft von Elektrizität ist. Ohne Strom ist das Leben, wie wir es kennen, vollkommen unmöglich. Funknetz? Fehlanzeige! Benzinpumpen an Tankstellen? Funktionieren nicht! Wasserversorgung? Keine Chance!
Die sechs Folgen zeigen eine Welt am Abgrund, sparen sich aber zu drastische Szenen. Das Problem der fehlenden Wasserversorgung etwa wird so aufgegriffen, dass Menschenmassen zu sehen sind, die sich um einen Wasserhydranten stellen, um diesen zu plündern. Einige Demonstrationen werden angeschnitten, allzu heftige Möglichkeiten aber liegengelassen. Das Grauen soll sich eher in den Gedanken des Publikums abspielen. Dennoch: "Blackout" ist beängstigend und sehr nah dran an der (jederzeit möglichen) Realität.
Großer Blackout? Nicht so unwahrscheinlich
Im Juli 2021 erst saßen in Spanien und Westfrankreich Hunderttausende Menschen für einige Stunden im Dunkeln, als es dort zu großflächigen Stromausfällen kam. Im Januar entging Europa nur knapp dem Schicksal aus der Serie: Ein Frequenzabfall löste einen sogenannten "Dominoeffekt" aus und hätte fast zu einem Szenario wie in der Serie werden können. Die Bundesnetzagentur nannte den Vorfall eine "schwerwiegende Störung". Zum Glück wurde schnell reagiert und ein Eintreten eines solchen Szenarios verhindert.
"Blackout" hingegen spielt diesen Gedanken nun durch und ist die wohl aktuellste und brisanteste Serie, die Deutschland im Jahr 2021 zu bieten hat. Hochkarätig besetzt ist sie fraglos, neben Bleibtreu, Lauterbach und Leuenberger mischen noch Jessica Schwarz und Francis Fulton-Smith mit. Und dank der Thriller-Handlung um den zu Unrecht beschuldigten Pierre ist sie auch leicht konsumierbar für all die, die dieses Jahr genug von Krisen haben. Zu sehen ist "Blackout" vorerst nur bei Joyn PLUS+, eine Free-TV-Ausstrahlung bei Sat.1 ist aber für 2022 schon geplant.