Die Eckdaten sind stimmig: Man nehme drei der beliebtesten wie gefragtesten Hollywoodschauspieler der Gegenwart, werfe sie in einen Film und schmücke das alles mit Explosionen, schicken Sets und viel Humor aus – und fertig ist der garantierte Erfolg zum Streamen. So also die Grundvoraussetzungen für "Red Notice", dem 150 Millionen US-Dollar teuren Blockbuster von und bei Netflix mit Dwayne Johnson, Ryan Reynolds und Gal Gadot in den Hauptrollen.
Und obwohl man heutzutage kaum noch Erfolge besonders im Streamingbereich zu antizipieren vermag – "Das Damengambit" oder "Squid Game" eroberten die Welt wie aus dem Nichts im Sturm – so ist "Red Notice" eine ganz sichere Bank. Der Trailer verspricht unkomplizierten Spaß und viele Abonnenten werden ihn schon aufgrund der Stars und der zu erwartenden Marketingkampagne früher oder später anklicken. Und wer völlig anspruchslos an "Red Notice" herangeht, könnte sogar eine gute Zeit mit dem Film haben. Alle anderen schlafen vermutlich ein.
Red Notice: Gagen verhindern Qualität
Denn obwohl alles darauf hindeutet, eines ist "Red Notice" am Ende überraschenderweise dann doch nicht: ein Blockbuster auf einem Spektakelniveau wie "Fast & Furious" oder vergleichbaren Filmreihen. Denn über die gesamte Laufzeit kracht es eigentlich verhältnismäßig doch recht wenig. Und wenn es mal so weit ist, geht der computergenerierte Spuk sehr schnell vorüber. Kurze Einlagen von der Stange aus dem Rechner und ohne jedweden Einfallsreichtum stehen auf dem Plan. Überhaupt wirkt das alles künstlich und billig in Szene gesetzt, viele Handlungsschauplätze wirken eher wie bloße Greenscreen-Behauptungen. Aber so ist das, wenn allein die Gagen der Hauptdarsteller angeblich an die 70 Millionen US-Dollar verschlungen haben und somit der restlichen Produktion nicht viel mehr übriggelassen haben sollen.
Aber vielleicht soll ja "Red Notice" auch einfach nur ein Abenteuerfilm mit Heist-Einschlag sein. Diese Elemente spielen gar die größte Rolle in der Geschichte, die aber am Ende auch nur eine reine Jagd nach dem nächsten MacGuffin ist und sonst nichts. An einer Stelle stimmt Ryan Reynolds‘ Figur sogar das musikalische Hauptthema von "Indiana Jones" an – beinahe blasphemisch ist das, wo doch "Red Notice" meilenweit vom Esprit und der Magie von Spielbergs Klassikern entfernt ist. Dafür werden mitunter Wendungen in der Handlung als einfacher Witz verkauft, ohne dass ersichtlich wird, wann, was und wo geschehen sein könnte. Aber egal, das Publikum wird schon kurz schmunzeln und nicht weiter drüber nachdenken.
Dwayne Johnson und Co.: Stars reichen nicht
Am Ende soll die hanebüchene Hatz ohnehin nur den Stars eine adäquate Bühne für ihr Talent und Charisma bieten. Wobei – welches Charisma? Besonders Dwayne Johnson und Ryan Reynolds spulen ihr altbekanntes Programm ab, das sie vor Jahren zwar perfektioniert haben, dem sie aber seither kaum noch etwas hinzufügen. Johnson ist das coole, stoische Muskelpaket und Reynolds ist wie immer nur ein abgeschwächter "Deadpool" und beide werden einfach permanent aufeinander losgelassen, ohne den Figuren auch sonderlich viel mehr Dimensionen abzugewinnen. Aber das lässt das Skript ohnehin nicht zu. Am Ende langweilen beide vermeintlichen Erfolgsgaranten unendlich mit Altbekanntem in neuen, leeren Rollen. Dagegen kommt auch Gal Gadot nicht mehr an.
Aber so ist wohl "Red Notice" auch als Gesamtwerk: eine Aneinanderreihung bekannter Motive, aber ohne jedwede Motivation und künstlerische Inspiration, ihnen etwas Neues abzugewinnen. Und der beste Beweis dafür, das Geldsummen in Millionenhöhe auch wirklich an Stars komplett vergeudet werden können.
Dieser Inhalt ist zuerst bei CHIP.de erschienen.