Sie sind Wallander Nummer 3. War das Belastung für Sie, oder haben Sie's ignoriert?

Kenneth Branagh: Wenn Sie Theater spielen, sind Sie ständig von Geistern umgeben, so viele große Kollegen haben schon den "Hamlet" oder "Richard III." gespielt. Ich habe mir bewusst keinen der Filme mit Rolf Lassgård oder Krister Henriksson angesehen. Ich hatte Angst, ich könnte beim Ansehen erkennen, dass es eine Art von Schwedischsein oder Wallandersein geben könnte, die ich nicht würde erreichen können.
Irgendetwas, was einem schwedischen Schauspieler im Blut liegt und was ein englisch-irischer Schauspieler nicht herstellen kann. Ich wollte mein Selbstvertrauen nicht verlieren und habe mich darauf konzentriert, Wallander in mir zu finden.

Herr Mankell, haben Sie von Kenneth Branagh etwas Neues über Wallander gelernt?

Henning Mankell: Ich bin niemand, der Filmcharaktere analysiert, und ich möchte das auch auf gar keinen Fall als Abwertung der Leistung von Rolf oder Krister verstanden sehen, aber Kenneth bringt eine sehr große Traurigkeit in die Rolle ein, die ich so noch nicht gesehen habe. Das hat mich sehr berührt.

Kenneth Branagh: Hennings Bücher haben eine große Qualität, die wir auch in den Filmen ausdrücken wollen: Kurt Wallander verstellt sich nicht. Seine hervorstechendste Eigenschaft ist die, dass er nicht aufgibt. Er ist ein Kämpfer, er hat Momente, in denen er vor Zorn mit der Faust die Wand durchschlagen könnte, weil er nicht akzeptieren kann, dass die Welt so kalt, brutal und lieblos geworden ist.

Hatten Sie manchmal das Gefühl, Sie müssten vor der Rolle fliehen?

Kenneth Branagh: Wenn ich jetzt so drüber nachdenke - ja, das hatte ich wohl. Ich bin an den meisten Wochenenden nach Hause geflogen, weil ich eine Atempause brauchte. Ich musste Kurt Wallander in Ystad zurücklassen und wieder Kenneth Branagh sein. An meinem ersten Wochenende habe ich zu meiner Frau gesagt: "Lindsay, wir fahren nach Wisley in die Gärten der Royal Horticultural Society ...

Henning Mankell: (lacht)

Kenneth Branagh: ... ich muss Blumen sehen, ich muss sehen, wie die Pflanzen vor Lebensfreude explodieren. Sonst halte ich' nicht aus." Denn sobald ich wieder in Wallanders Klamotten steckte, machte sich dessen tiefe Schwermut in mir breit.

Herr Mankell, Sie schreiben gerade die beiden letzten Kapitel des neuen Wallander-Romans. Wen haben Sie dabei vor Augen? Rolf Lassgård? Krister Henriksson? Kenneth Branagh?

Henning Mankell: Mich. Nicht speziell mein Gesicht oder meine Physiognomie, aber doch meine Persönlichkeit.

Wallanders Leiden an der Welt wird stärker. Werden Sie ihm Erlösung schenken?

Henning Mankell: Ich will nicht zu viel verraten. Aber ich kann Ihnen versichern, dass dies definitiv der letzte Wallander-Roman sein wird. Er wird ein tragisches Ende nehmen, aber Wallander wird nicht sterben.

Wissen Sie schon mehr?

Kenneth Branagh: Leider nein. Auch mir verrät er nichts.

Henning Mankell: Das Buch wird 42 Kapitel haben. 40 davon habe ich schon geschrieben. Die letzten zwei Kapitel habe ich Wort für Wort im Kopf, ich muss sie nur noch niederschreiben. Ich könnte dir jetzt schon den letzten Satz verraten. (lächelt)

Kenneth Branagh: Tust du aber sicher nicht, oder?

Henning Mankell: Nein. Aber ich verrate euch beiden den möglichen Titel: "The Worried Man". Auf Deutsch könnte es heißen: "Der Mann, der sich Sorgen macht".

Susanne Sturm