"Nicht alle waren Mörder" hat der Schauspieler Michael Degen seine Erinnerungen an die NS-Zeit genannt. Aber noch weniger waren Helden, bereit, ihr Leben zu riskieren, um Hitler zu töten und sein verbrecherisches Regime zu beenden. Einer, der diesen Mut besaß und ihn teuer bezahlte, war Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

ZDF / Oliver Halmburger

Peter Becker als von Stauffenberg

Was brachte den überzeugten Soldaten, der einen Eid auf Hitler als obersten militärischen Führer geleistet hatte, zu der Überzeugung, der Diktator müsse beseitigt und das Naziregime beendet werden?

"Stauffenberg - Die wahre Geschichte", so der vollmundige Titel einer neuen ZDF-Dokumentation, zeichnet in zwei Teilen die Entwicklung des Offiziers von seiner Kindheit bis zu seiner Hinrichtung am 20. Juli 1944 nach.

ZDF-Chefhistoriker Guido Knopp bedient sich dabei der bekannten Mischung aus Archivaufnahmen, Zeitzeugenaussagen, Expertenstatements und nachgespielten Szenen, wie man sie seit "Hitlers Helfer" kennt. In die Rolle des Widerstandskämpfers schlüpft der Schauspieler Peter Becker, ein Hüne von 1,93 Metern, der den echten Claus von Stauffenberg um acht Zentimeter überragt hätte.

Bei den Kriegsszenen getrickst

Stolz ist man beim ZDF auf die Detailtreue der Rekonstruktion. So wurde beispielsweise die Aktentasche, in der Stauffenberg am 20. Juli 1944 den Sprengstoff in die Wolfsschanze, Hitlers Hauptquartier bei Rastenburg in Ostpreußen, transportierte, exakt nach den Angaben angefertigt, die sich in den Akten der Gestapo fanden. Dagegen wurde bei den Kriegsszenen getrickst. Stauffenberg erlitt am 7. April 1943 schwere Verletzungen, als britische Jagdflieger seinen Wagen an der Front in Nordafrika beschossen. Er verlor das linke Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Das ZDF-Team stellte die Szene im Juni 2008 in einer Kiesgrube bei Breslau nach.

Die Spitfires, die den Konvoi der Wehrmacht angreifen, stammen aus dem Computer. Die Bilder der Flugzeuge wurden mit den Aufnahmen von Explosionen am Boden, die man wirklich auslöste, so zusammenkopiert, dass der Eindruck entsteht, alles sei gleichermaßen real.

Hitler ist der eigentlich Verantwortliche

Stauffenberg war schon lange vor seinem Afrikaeinsatz zu der Einsicht gelangt, dass Hitler Deutschland ins Verderben führe. Die Erfahrungen an der Ostfront versetzten seiner anfänglichen Begeisterung über die Erfolge der Wehrmacht in Polen einen Dämpfer. Im April 1942 empörte sich der Graf über die massenhafte Ermordung von Juden in den besetzten Gebieten und die schlechte Behandlung russischer Kriegsgefangener.

Bei einer Besprechung im September erklärte er im Kreis von Offizieren: "Hitler ist der eigentlich Verantwortliche. Er muss beseitigt werden. Ich bin bereit, es zu tun." Es dauerte noch fast zwei Jahre, bis der Plan zur Tat gereift war. Am Morgen des 20. Juli 1944 flogen Stauffenberg und sein Adjutant von Haeften in Richtung Wolfsschanze. Im Gepäck: zwei Pakete Plastiksprengstoff so wie Zeitzünder. Als die beiden Verschwörer die Bomben in Hitlers Hauptquartier scharfmachen wollten, wurden sie gestört.

Der Staatsapparat schlug zurück

Stauffenberg konnte nur eine der Bomben in der Nähe des Diktators platzieren. Experten sind sich sicher: Wären beide Sprengsätze detoniert, hätte Hitler den Anschlag nicht überlebt. Stattdessen schlug der Staatsapparat zurück. Stauffenberg wurde noch in der Nacht des 20. Juli im Hof des Berliner Bendlerblocks erschossen. Seine vier Kinder verschleppte die SS in ein Umerziehungslager nach Bad Sachsa im Harz, wo sie nach Kriegsende befreit wurden.

Guido Knopp vermutet, dass die Nazis vor den Verschwörern kapituliert hätten, wenn Hitler getötet worden wäre. Den Juden, den Soldaten der Alliierten und Stauffenbergs Landsleuten wäre viel Leid erspart geblieben. Von August 1944 bis Mai 1945 starben mehr Deutsche als in allen Kriegsjahren zuvor.

Rainer Unruh