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Das bessere "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"

Ab heute auf Netflix: Das bessere Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Ansel Elgort und Shailene Woodley in "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" Verleih

Alle Welt hat bei "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" Rotz und Wasser geheult. Ab heute gibt es bei Netflix einen Film zu sehen, der in manchen Punkten sehr ähnlich, aber insgesamt auch eine kleine Spur besser ist.

Update: "Ich und Earl und das Mädchen" ist leider wieder von Netflix verschwunden. Durchaus möglich aber, dass er eines Tages wieder dort erscheinen wird.

Laut BoxOfficeMojo konnte "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" bei einem Produktionsbudget von läppischen 12 Millionen US-Dollar sagenhafte 307 Millionen wieder einspielen. Klarer Fall, die Verfilmung des gleichnamigen Buches war ein voller Erfolg und ließ Heerscharen an Kinobesuchern heulend in ihren Sesseln zurück. Das Teenie-Drama ist leider nicht bei Netflix zu sehen, aber dafür gibt es ab dem heutigen 1. September 2018 einen anderen Titel, der Fans der Romanze mit Shailene Woodley und Ansel Elgort ebenfalls gefallen könnte - und der eigentlich sogar ein bisschen besser ist.

Unser Geheimtipp: "Ich und Earl und das Mädchen"

Denn ab sofort können sich Interessierte "Ich und Earl und das Mädchen" von Alfonso Gomez-Rejon zu Gemüte führen. Aber warum sollten sich ausgerechnet Fans von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" den Titel anschauen? Nun, Filme miteinander zu vergleichen mag mitunter ein wenig heikel sein, aber seis drum - da sie ein paar grundlegende Gemeinsamkeiten haben, bietet sich das durchaus an: Bei beiden Werken handelt es sich um Buchadaptionen, in beiden Geschichten stehen Teenager und insbesondere ein Junge und ein Mädel im Mittelpunkt und beide handeln leider auch vom Krebs.

Darum geht''s

Foto: Verleih
Greg (Thomas Mann) ist ein Außenseiter an seiner Schule, der sich zwar mit vielen gut versteht, aber auch nur, um nirgendwo anzuecken und um ansonsten völlig unter dem Radar seiner Mitschüler zu fliegen. Viel lieber hängt er mit seinem "Kollegen" Earl (RJ Cyler) im Zimmer ihres Lehrers (Jon Bernthal) herum. Dann erfährt er, dass seine Mitschülerin Rachel (Olivia Cooke) an Leukämie erkrankt ist. Da er sie flüchtig kennt, wird er kurzerhand von seiner Mutter dazu genötigt, Zeit mit Rachel zu verbringen. Darauf haben beide keine Lust - aber nach und nach entwickelt sich zwischen ihnen eine tiefe Freundschaft...

Lachen statt weinen

Während das verräterische Schicksal den Zuschauer zielgenau und regelmäßig zum Heulen bringt, erreichen Earl und seine Freunde das genaue Gegenteil: Besonders in der ersten Filmhälfte gibt es ob der schrägen und herrlich unperfekten Figuren eine ganze Menge zu lachen. Seien es Gregs soziale Inkompetenz und seine genauen Observationen des Schulalltags, die herrlich schlechten Filme, die er mit seinem Kumpel Earl dreht oder sein Vater (Nick Offerman), der immerzu exotische Speisen aus aller Welt probiert - "Ich und Earl" ist trotz der Tragik, die der Geschichte ultimativ innewohnt, vor allem eine Teenie-Komödie und eine gute obendrein.

Cinephilie statt Kitsch

Filmfreunde, die sich etwas intensiver mit ihrem liebsten Medium auseinandersetzen, freuen sich darüber hinaus auf allerlei Querweise auf große Klassiker der Historie: Wie schon erwähnt verfolgen Greg und Earl das schräge Hobby, ihre eigenen Filme zu produzieren - und zwar, indem sie Meilensteine der Filmkunst einfach selbst umdeuten und mit bescheidensten Mitteln neu zum Leben erwecken. Da wird schon mal "Clockwork Orange" ("Uhrwerk Orange" in Deutschland) nur als "A Sockwork Orange" mit Socken nachgespielt und statt des legendären Angriffs der Helikopter zu Richard Wagners Walkürenritt in "Apocalypse Now", müssen die beiden Jungs mit Plastiksoldaten vorliebnehmen.

Mehrmals wird das gemeinsame Werk von Klaus Kinski und Werner Herzog zitiert, Letzterer wird sogar einmal von Greg direkt imitiert. Und an einer anderen Stelle telefoniert Greg mit Rachel. Das Telefonat läuft nicht besonders gut und während er durch die Wohnung stapft und die Kamera umherschweift, fängt sie auf dem Fernseher im Wohnzimmer eine Szene aus "Taxi Driver" ein, in der Travis Bickle (Robert De Niro) mit seiner Angebeteten spricht - und die ihm eine Abfuhr erteilt. Dass Greg und Co. gerne Zeit im Laden verbringen, um DVDs zu durchforsten, ist an dieser Stelle fast schon überflüssig zu erwähnen: Sie sind waschechte Nerds und solche werden auch an "Ich und Earl" ihre Freude haben.

Filmisches Stilbewusstsein

In seiner Kritik zu "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" schrieb Autor Andrew Barker von Variety seinerzeit, dass Regisseur Josh Boone "wohl kaum der ausgeprägteste Stilist" sei. Wer aber neben einer einfühlsamen Geschichte und tollen Schauspielern Wert auf Ästhetik legt, wird ebenfalls Gefallen an Gomez-Rejons Werk haben. Denn der hatte mit Kameramann Chung-Hoon Chung ein inszenatorisches Ass im Ärmel gehabt. Der Südkoreaner machte sich insbesondere mit seinen Arbeiten für seinen Landsmann Chan-Wook Park ("Oldboy", "Die Taschendiebin") einen Namen und verpasste "Ich und Earl" eine Kameraeinstellung nach der anderen, an der Filmanalyse-Seminare an der Uni ihre helle Freude hätten - mal abgesehen davon, dass seine abwechslungs- und einfallsreichen Bilder und teils langen One-Take-Aufnahmen auch an und für sich schön anzuschauen sind.

Zusätzlich gibt es neben den eigenen Werken von Greg und Earl, die bei aller Schrulligkeit auch liebevoll umgesetzt wurden, auch Einschübe mit Stop-Motion-Animationen. Fürs Auge gibt es also eine ganze Menge zu entdecken, die inszenatorischen Einfälle wirken in ihrer Vielfalt verspielt, ohne zum reinen Selbstzweck zu verkommen.

Der Film verdient ein größeres Publikum

"Ich und Earl und das Mädchen" war mit 8 Millionen US-Dollar Kosten sogar noch günstiger als "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Aber mit einem weltweiten Einspielergebnis von nur 9 Millionen Dollar 2015 war er zumindest an den Kinokassen ein Flop. Wenn man bedenkt, dass für gewöhnlich zum Produktionsbudget noch Werbeausgaben hinzukommen, dürften die Einnahmen wohl kaum für einen Gewinn gesorgt haben.

Dabei hätte der Film ein wirklich großes Publikum verdient und vielleicht sorgt seine Auswertung bei Netflix nun dafür, dass das auch endlich eintrifft. Mit der Ansicht, dass der Film besser als "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" ist, stehe ich übrigens nicht alleine dar: Bei den Kritikensammelseiten Rotten Tomatoes und Metacritic hat der Film jeweils knapp die Nase vorn. "Ich und Earl und das Mädchen" ist jedenfalls ein wunderschöner Film, der eine traurige Geschichte herzerwärmend verpackt, tolle Schauspielleistungen zu bieten hat und auch handwerklich hohen Ansprüchen genügt.