Unzählige Male wurde er kopiert, seine Qualität aber von keinem der Nachfolger erreicht: "Pulp Fiction" war 1994 die Geburt eines neuen Kinos. Der episodenhaft erzählte Gangsterthriller vom damals noch aufsteigenden Regisseur Quentin Tarantino löste einen überraschenden Hype aus, und war ein sofortiger Kultfilm. Nicht nur das Publikum, auch die Kritiker liebten ihn, so gewann "Pulp Fiction" damals bei den Filmfestspielen von Cannes die begehrte Goldene Palme.

In drei Episoden erzählt der Film einmal vom korrupten Boxer Butch Coolidge (Bruce Willis), von der Gangsterbraut Mia Wallace (Uma Thurman) und außerdem von den beiden Auftragsmördern Vincent Vega (John Travolta) und Jules Winnfield (Samuel L. Jackson). Letzterer zitiert im Film zweimal aus der Bibel – und es wird deutlich, dass er dieses Zitat immer nennt, bevor er jemanden umbringt. Wer aber bibelfest ist, dürfte sich an diesen Stellen in "Pulp Fiction" immer wundern, denn das Bibelzitat stimmt so gar nicht. Ist das also ein Filmfehler? Nun ja: Nicht direkt …

Hesekiel 25:17 in "Pulp Fiction" ist nicht ganz bibeltreu

Das Bibelzitat von Jules Winnfield stammt laut seiner eigenen Aussage aus Hesekiel 25:17 und lautet in der deutschen Tonfassung wie folgt: "Der Pfad der Gerechten ist zu beiden Seiten gesäumt mit Freveleien der Selbstsüchtigen und der Tyrannei böser Männer. Gesegnet sei der, der im Namen der Barmherzigkeit und des guten Willens die Schwachen durch das Tal der Dunkelheit geleitet. Denn er ist der wahre Hüter seines Bruders und der Retter der verlorenen Kinder. Ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, dass sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe." Das klingt natürlich bedrohlich und ist dem Anlass des Auftragsmörders auch entsprechend passend.

Das einzige Problem: Für einen einzigen Bibelvers klingt das doch ziemlich lang. Und tatsächlich steht in der Bibel unter Hesekiel 25:17 eigentlich nur: "... und will bittere Rache an ihnen üben und sie mit Grimm strafen, dass sie erfahren sollen, dass ich der HERR bin, wenn ich Vergeltung an ihnen übe." Der Rest des langen Zitats aus "Pulp Fiction" findet sich so in der Bibel nicht. Ist das also ein Fehler? Nein, denn Quentin Tarantino hat das Zitat aus gutem Grund abgeändert.

"Pulp Fiction" zitiert nicht die Bibel, sondern alten Kampfsportfilm

In einem Interview von 1994, das er bei den Filmfestspielen von Cannes führte, erzählte der Oscarpreisträger, dass er sich das lange "Hesekiel"-Zitat nicht aus der Bibel abguckte, sondern aus einem in Europa weitgehend unbekannten japanischen Kung-Fu-Film namens "The Bodyguard" von 1973. Der Film eröffnet mit einer Texttafel, die fast Wort für Wort exakt das lange Zitat zeigt, welches man heute aus "Pulp Fiction" kennt. Und schon dort wird als Urheber der Ansprache die Bibel und "Hesekiel 25:17" angegeben.

Tarantino beeindruckte diese lange Rede in "The Bodyguard" sehr und er wollte ihr unbedingt Tribut zollen – es war ihm dann auch egal, dass es so nicht wirklich exakt in der Bibel stand. Heute scherzt er häufig, Jules habe das Zitat einfach selbst auch aus "The Bodyguard" entnommen und nie in der Bibel nachgelesen.

Der japanische Kampfsportfilm war für Quentin Tarantino so prägend, dass er später noch einmal eines seiner Projekte beeinflusste. "The Bodyguard"-Hauptdarsteller Sonny Chiba wurde von ihm für seine beiden "Kill Bill"-Filme in einer Doppelrolle besetzt.