Als erste westliche Filmproduktion entstand das deutsche Kriegsdrama "Zwischen Welten" in Afghanistan, 28 Drehtage in Kundus und Masar-e Scharif, unterstützt von der Bundeswehr, deren Maschinen die Crew auch ein- und ausflogen. Im Film geht es um einen deutschen Soldaten der ISAF-Truppe und einen jungen afghanischen Übersetzer. Im Interview erzählen Regisseurin Feo Aladag und ihr Hauptdarsteller Ronald Zehrfeld vom Dreh im Krisengebiet, von Ängsten und warum es in Afghanistan manchmal besser ist, eine Frau zu sein.

TV SPIELFILM: TV-Komiker Kurt Krömer nannte das Buch über seinen Afghanistan-Besuch treffend "Ein Ausflug nach wohin eigentlich keiner will". Hatten Sie gar keine Angst?

FEO ALADAG
Natürlich hatte ich Angst und hab mich gefragt, geht das alles gut vor Ort? Ohne Angst in so was reinzugehen, wäre leichtsinnig. Aber auf der anderen Seite war da noch wesentlich mehr Lust. Und immer, wenn es so aussah, dass es vielleicht doch nicht klappt, war auf der anderen Seite mein Gefühl: Ich kann's aber nur da machen.

Lesetipp

Hätten Sie den Film im Zweifel denn auch woanders gedreht?

FEO ALADAG
Negativ, wie unser großartiger Berater, Hauptmann a. D. Martin Lang, sagen würde. (lacht) Nein, dann hätte ich ihn gar nicht gedreht. Ich wusste, nur in Afghanistan kann ich den Film so authentisch machen, wie ich es meine. Wenn das nicht geht, mache ich ihn nicht, auch nicht in Marokko oder sonst wo.

Ronald, wie lange haben Sie sich überlegt, ob Sie die Rolle annehmen sollen?

RONALD ZEHRFELD
Einige Tage. Und das war auch richtig. Weil ich nichts wusste. Ich hab's mit meiner Familie besprochen. Wäre die Angst so groß gewesen, dass sie mich gelähmt hätte,
wäre ich nicht dabei gewesen.
Und warum dann doch?

RONALD ZEHRFELD
Das führt zur Frage: Warum gehe ich meinem Beruf nach? Dass ich eine Verantwortung in diesem Beruf sehe, ist so etwas wie mein Credo. Insofern war das hier eine einmalige Gelegenheit.

FEO ALADAG Zum Thema Angst hat mir, wenn ich nicht mehr weiter wusste, der eben erwähnte Hauptmann Lang einen Satz mitgegeben: "Am Ende wird für dich die Überwindung der eigenen Angst stehen." So banal es ist, aber irgendwie hat mir das geholfen. Wobei wir den Film nicht gemacht haben, um unsere Ängste zu überwinden, sondern weil wir was erzählen wollten.

RONALD ZEHRFELD Und weil wir privilegiert leben, in einem Land, in dem Frieden ist. In einem Land zu sein, wo das nicht ist, appelliert an das, wovon man im edelsten Sinne träumt: Dass ein Film eine Aussage hat, eine Bestimmung zwischen den Zeilen. Das gibt's auch am Theater.

Am Theater ist man aber nicht an der Front...

FEO ALADAG
(lachend) Na ja, das hängt von den Umständen ab!

Aber ist man sich in diesem Moment nicht doppelt bewusst, wie gefährdet man als Schauspieler ist, wenn man Uniform trägt?

RONALD ZEHRFELD
Klar, aber wenn diese Frage erst da aufgekommen wäre, dann wär's etwas spät gewesen. (lacht) Ich fand's sehr spannend, wie so ein Dreh einen verändert. Ich will nicht sagen, man kehrt als Rundumleuchte zurück, ist aber viel fokussierter.

Gab es brenzlige Momente?

FEO ALADAG
Es gab einen Vorfall an der Universität, wo sich eine Menge von Scharia-Studenten versammelt hatte, mit Stöcken. Wir wussten nicht, dass da jemand das Scharia-Recht studiert, sonst hätten wir dort im Leben nicht gedreht. Das wussten auch unsere afghanischen Partner, die Afghan Film Commission, nicht. Da war einige Stunden lang nicht klar, ob's und wie es weitergeht.
Wie kann man sich den Dreh denn überhaupt vorstellen: Macht die Bundeswehr da die Ansagen?

FEO ALADAG
Nein. Unser Team hat zwar im Camp gewohnt, klar, da hast du dich an die Regeln zu halten. Aber der Großteil des Drehs war außerhalb des Camps. Die Bundeswehr hat nicht den Job, ein Filmteam abzusichern, aber die wussten zum Beispiel zu jedem Zeitpunkt, wo wir waren.

War es nicht ein zusätzliches Wagnis, dass Regie, Kamera und Szenenbild mit Frauen besetzt war?

FEO ALADAG
Eher im Gegenteil. Wenn wir auf Motivsuche waren, war es für uns Frauen wesentlich einfacher, in Häuser reinzukommen, natürlich mit Kopftuch. Warum? Weil in diesen Häusern Frauen sind, die Männer gar nicht zu Gesicht bekommen dürfen. Es gibt Länder und Situationen, da habe ich mich als Frau schlechter behandelt gefühlt.

Hat man angesichts der Thematik und ständigen Bedrohung auch noch richtig Spaß beim Dreh?

FEO ALADAG
Ja, definitiv. Sehr sogar. Ich glaube im Übrigen, dass du wahrscheinlich mehr lachst, wenn du ernste Stoffe drehst, als bei Komödien. 

Volker Bleeck