Nein, heite rollt die Kugel ausnahmsweise nicht, heute fliegt sie. Wo sonst die Fans in schwarz-gelber Einigkeit die Borussia bejubeln, soll an diesem lauen Sommerabend in Dortmund ein neues Kapitel Lokalpatriotismus geschrieben werden. Der Signal Iduna Park ist Schauplatz einer Mordtat. Der erste Dortmund-"Tatort: Alter Ego" feiert seine Premiere.
Neben Presse, Filmcrew, WDR-Verantwortlichen und Oberbürgermeister Ullrich Sierau sind tausend "Tatort"-Jünger ins Stadion gepilgert und nehmen auf der Haupttribüne Platz, vor die eine riesige Leinwand gespannt ist.
Public Viewing gehört dazu
Das Stadionszenario dokumentiert eindrucksvoll, wie der "Tatort" mittlerweile Grenzen sprengt. Das deutsche Wohnzimmer ist für den Sonntagskrimi längst zu klein geworden. Ähnlich wie Fußballübertragungen hat sich das Format zum Public-Viewing-Event entwickelt. In Kneipen, Fanclubs, WGs treffen sich alle Altersklassen zur seligen Mördersuche.
Auch die ARD hat dieses Potenzial erkannt. Das Erste.de stellt Plakate und Tischaufsteller mit dem Slogan "Sonntags Tatort schauen und gemeinsam ermitteln!" als Download für Wirte und andere Veranstalter zur Verfügung.
Nach denen ist Jörg Hartmann nicht auf der Suche, als er in Lederjacke und mit Dreitagebart lässig durch die Sitzreihen des BVB-Stammtisch-Blocks schlendert. Der Fernsehpreisträger ist als Hauptkommissar ab sofort Chef im Pott. Zumindest quotenmäßig.
Neben Presse, Filmcrew, WDR-Verantwortlichen und Oberbürgermeister Ullrich Sierau sind tausend "Tatort"-Jünger ins Stadion gepilgert und nehmen auf der Haupttribüne Platz, vor die eine riesige Leinwand gespannt ist.
Public Viewing gehört dazu
Das Stadionszenario dokumentiert eindrucksvoll, wie der "Tatort" mittlerweile Grenzen sprengt. Das deutsche Wohnzimmer ist für den Sonntagskrimi längst zu klein geworden. Ähnlich wie Fußballübertragungen hat sich das Format zum Public-Viewing-Event entwickelt. In Kneipen, Fanclubs, WGs treffen sich alle Altersklassen zur seligen Mördersuche.
Auch die ARD hat dieses Potenzial erkannt. Das Erste.de stellt Plakate und Tischaufsteller mit dem Slogan "Sonntags Tatort schauen und gemeinsam ermitteln!" als Download für Wirte und andere Veranstalter zur Verfügung.
Nach denen ist Jörg Hartmann nicht auf der Suche, als er in Lederjacke und mit Dreitagebart lässig durch die Sitzreihen des BVB-Stammtisch-Blocks schlendert. Der Fernsehpreisträger ist als Hauptkommissar ab sofort Chef im Pott. Zumindest quotenmäßig.
Am 23. September um 20.15 Uhr sind mindestens sieben Millionen Menschen Zeuge, wie er zusammen mit seiner Kollegin Aylin Tezel seinen ersten Fall löst. Das TV-Flaggschiff "Tatort" gilt in Sachen Einschaltquote als krisensicher. "Es verhält sich so wie mit der Bundesliga. Ist ein ‚Tatort‘ mal nicht so gut, schalten zum nächsten trotzdem alle wieder ein", sagt ARD-"Tatort"-Koordinator Gebhard Henke und erklärt das Erfolgsrezept: "Der Mord und seine Aufklärung sind nur Randerscheinungen, vielmehr sind es die psychologischen und gesellschaftlichen Fragen, die gestellt werden. Das interessiert die Leute, damit identifizieren sie sich."
Und die Leute wollen mehr. Die Merchandising-Maschine läuft auf Hochtouren. Mit Romanen, Sachbüchern, Lexika, DVDs, sortiert nach Städten, Jahrzehnten und Nostalgiefaktor ("Schimanski"-
Box), kann der Fan sein Bedürfnis nach Identifikation befriedigen. Oder auch nur Brot schneiden: auf dem "Tatort"-Brett.
Nun ist auch Dortmund im "Tatort"-Rausch. WDR-Intendantin Monika Piel ist vorbeigekommen, um sich selbst vom Public-Viewing-Hype zu überzeugen. Sie weiß um die Begehrlichkeiten: "Nachdem klar war, dass wir im WDR einen dritten ‚Tatort‘ machen wollen, gab es eine ganze Bewerberflut. Als ‚Tatort‘-Stadt ausgewählt zu werden kommt einer Auszeichnung gleich." Nach Essen in den Siebzigerjahren und Duisburg in den Achtzigern ist Dortmund dritter Revier-Repräsentant.
40 Jahre alt, trotzdem jung
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr: Die "Tatort"-Macher wissen, wie man das 40 Jahre alte Format jung hält. Im nächsten Jahr eröffnen sie die Filiale Erfurt mit dem bislang jüngsten Team. Die Facebook-Generation ist willkommen. Aber es geht auch noch jünger. Der Kinderkanal Kika nimmt bereits seit 2005 die Heranwachsenden an die Ermittlerhand. In "Krimi.de" lösen Teenieteams am Sonntagnachmittag in Hamburg, Leipzig, Stuttgart, Frankfurt, Erfurt und Jena altersgemäße Fälle.
Die Dortmund-Debütanten Jörg Hartmann, Aylin Tezel und Stefan Konarske betreten unter tosendem Applaus die Bühne. Hinter ihnen prangt das riesige Fadenkreuz auf der Leinwand. "Tatort" ist Kult. Nur: Wie viel mehr verträgt Deutschland noch? 2012 sind es "nur" 35 Erstaufführungen, da EM und Olympia dazwischenfunkten. In der Regel müssen rund 40 Fälle pro Jahr gelöst werden, die sich die ARD rund 60 Millionen Euro kosten lässt.
Dabei fing alles so klein an. In den 70ern erklang die Fanfare 10-mal pro Jahr, bis Ende der 90er verdoppelte sich die Zahl. Die Explosion erfolgte vor rund zehn Jahren, als die ARD den "Tatort" als Marke entdeckte und ausbaute. Soll uns recht sein. Bleibt nur die Befürchtung, dass bei 20 ermittelnden Teams irgendwann die Sonntage knapp werden.
B. Seibring
Tatort: Alter Ego
SO 23.9. ARD 20.15 Uhr
Und die Leute wollen mehr. Die Merchandising-Maschine läuft auf Hochtouren. Mit Romanen, Sachbüchern, Lexika, DVDs, sortiert nach Städten, Jahrzehnten und Nostalgiefaktor ("Schimanski"-
Box), kann der Fan sein Bedürfnis nach Identifikation befriedigen. Oder auch nur Brot schneiden: auf dem "Tatort"-Brett.
Nun ist auch Dortmund im "Tatort"-Rausch. WDR-Intendantin Monika Piel ist vorbeigekommen, um sich selbst vom Public-Viewing-Hype zu überzeugen. Sie weiß um die Begehrlichkeiten: "Nachdem klar war, dass wir im WDR einen dritten ‚Tatort‘ machen wollen, gab es eine ganze Bewerberflut. Als ‚Tatort‘-Stadt ausgewählt zu werden kommt einer Auszeichnung gleich." Nach Essen in den Siebzigerjahren und Duisburg in den Achtzigern ist Dortmund dritter Revier-Repräsentant.
40 Jahre alt, trotzdem jung
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr: Die "Tatort"-Macher wissen, wie man das 40 Jahre alte Format jung hält. Im nächsten Jahr eröffnen sie die Filiale Erfurt mit dem bislang jüngsten Team. Die Facebook-Generation ist willkommen. Aber es geht auch noch jünger. Der Kinderkanal Kika nimmt bereits seit 2005 die Heranwachsenden an die Ermittlerhand. In "Krimi.de" lösen Teenieteams am Sonntagnachmittag in Hamburg, Leipzig, Stuttgart, Frankfurt, Erfurt und Jena altersgemäße Fälle.
Die Dortmund-Debütanten Jörg Hartmann, Aylin Tezel und Stefan Konarske betreten unter tosendem Applaus die Bühne. Hinter ihnen prangt das riesige Fadenkreuz auf der Leinwand. "Tatort" ist Kult. Nur: Wie viel mehr verträgt Deutschland noch? 2012 sind es "nur" 35 Erstaufführungen, da EM und Olympia dazwischenfunkten. In der Regel müssen rund 40 Fälle pro Jahr gelöst werden, die sich die ARD rund 60 Millionen Euro kosten lässt.
Dabei fing alles so klein an. In den 70ern erklang die Fanfare 10-mal pro Jahr, bis Ende der 90er verdoppelte sich die Zahl. Die Explosion erfolgte vor rund zehn Jahren, als die ARD den "Tatort" als Marke entdeckte und ausbaute. Soll uns recht sein. Bleibt nur die Befürchtung, dass bei 20 ermittelnden Teams irgendwann die Sonntage knapp werden.
B. Seibring
Tatort: Alter Ego
SO 23.9. ARD 20.15 Uhr