Grenzerfahrung Russland

In der zweiten Folge des Dreiteilers erkundet der Schweizer Journalist Christof Franzen die Stimmung in den Ostsee-Anrainerstaaten. Die bereiste er im September 2021 für die Doku „Der gleiche Himmel“. Tenor damals: Man fühle sich sicher, manche trauerten leise der Sowjetzeit nach. Die damalige Reise war geprägt von leisem Optimismus auf beiden Seiten. Rund ein Jahr später ist das politische Klima gekippt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine reißt alte Gräben wieder auf, die tiefer sind als je zuvor. Franzens Protagonisten leben in Angst — oder unterstützen aggressiv den Angriffskrieg. So etwa Marina Selenko. Sie wohnt auf der russischen Seite, circa 30 Kilometer von der Grenze zu Estland entfernt. Ihre Leidenschaft ist das Retten von verletzten Störchen. Im September 2021 meinte sie noch, dass sie die Fernsehpropaganda schon lange nicht mehr schaue. Das Verhältnis zu den Nachbarn im Baltikum sei gut. Doch im Sommer 2022 weht vor ihrem Haus eine Sowjetflagge. Plötzlich zeigt sie ein ganz anderes Gesicht: Die Ukrainer seien Nazis, der Krieg müsse sein zum Schutze Russlands. Sie will den Eisernen Vorhang zurück. Die zwei Reisen entlang der russisch-baltischen Grenzen fühlen sich an als lägen Jahrzehnte dazwischen. Zwei Reisen, die nicht nur Reporter Christof Franzen noch lange in Erinnerung bleiben werden.