Wo genau fängt eine Lüge an? Wo verläuft die Linie zwischen Wahrheit und Einbildung? Für die forensische Psychologin Dr. Karla Eckhardt (Julia Koschitz) sind Kriminalfälle viel mehr als nur die Suche nach einem Schuldigen. Als am Wiener Ufer der Donau ein Psychologe ermordet gefunden wird, stellt sich Anna Lobrecht (Mercedes Müller), eine ehemalige Patientin von Eckhardt, in der selben Nacht als Täterin der Polizei.
Aber der Schein trügt, die intelligente Anna ist eine zwanghafte Lügnerin, und für Karla Eckhardt beginnt ein Psycho-Duell, das sie buchstäblich an den Rand des Abgrunds bringen wird. Der eiskalte Thriller "Im Schatten der Angst - Du sollst nicht lügen", eine Koproduktion von ZDF und ORF, läuft am Montag um 20.15 Uhr im Zweiten.
Mit Wiener Schmäh überzeugen
Die Auftaktfolge der hochkarätigen Reihe lief bereits 2019, jetzt gibt es ein Wiedersehen mit Julia Koschitz als Seelenerforscherin im Borderline-Bereich. Über ihre Rolle sagt die österreichische Schauspielerin laut ZDF: "Ich mochte die Figur der Karla Eckardt von Anfang an, weil sie eigenwillig ist. Bei all ihrer hohen Sensibilität scheint sie manchmal hilflos im echten Leben, außerhalb der Klinik. Sie ist sperrig, verfolgt ihren Weg manchmal auf fragwürdige Weise und begeht dabei auch Fehler. Aber sie stellt sich selbst immer wieder zur Disposition."
Da passt es gut, dass die resolute Polizistin Irene Radek (Susi Stach) an Eckhardts Seite steht: Die Frau zündet sich beim Leichenfund erstmal eine Zigarette an, fährt viel zu schnell Auto, und ist zufrieden, wenn sie eine geständige Tatverdächtige vorzuweisen hat. Die beiden sehr unterschiedlichen Ermittlerinnen bilden ein reizvolles Team in diesem verwickelten Fall, der weit in die Vergangenheit zurückreicht.
Die angebliche Mörderin Anna ist die Tochter der Haushälterin Margarete Lobrecht (Johanna Orsini), ihr Vater war ein katholischer Pfarrer, der vor 15 Jahren bei einem Brand unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Anna musste von klein auf ihre Herkunft verleugnen, deshalb wurde sie zu einer notorischen Lügnerin. So die Theorie von Karla Eckhardt, die von dem Fall absorbiert wird und kaum Zeit für ihre zart aufkeimende Liaison zu dem Pianisten Peter (Michele Cuciuffo) hat.
Als mit dem cholerischen Pfleger Martin Heller (Thomas Schubert), der sich in die Lügnerin Anna verliebt hat, doch noch ein weiterer Tatverdächtiger ins Spiel kommt, gerät Eckhardts These ins Wanken. Schließlich wird ihr feinsinniger Freund Peter bei einer Auseinandersetzung mit dem unberechenbaren Heller schwer verletzt, Karla ist am Boden zerstört.
Regisseur Till Endemann ("Lucy ist jetzt Gangster"), der zusammen mit Paul Salisbury auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat einen atmosphärisch dichten Thriller inszeniert, der bisweilen etwas konstruiert wirkt. Aber die Schauspieler machen dies locker wieder wett: Julia Koschitz driftet gekonnt zwischen Fragilität und Entschlossenheit, ihre Partnerin Susi Stach überzeugt mit Wiener Schmäh und Bodenständigkeit. Mercedes Müller brilliert als pathologische Lügnerin, Opfer und Täterin in einem.
Dazu kommen Thomas Schubert ("Roter Himmel") in der Rolle des unglücklich verliebten Kraftprotzes und konträr dazu Michele Cuciuffo als sensibler Lover. Zudem hat Kameramann Tobias von dem Borne die Walzerstadt Wien stilvoll in grau-monochrome Farben getaucht - von schöner blauer Donau weit und breit keine Spur.