Sie sind dem Holocaust entkommen, sie haben Glück gehabt. Glück? Nach dem Krieg findet die Familie des jüdischen Richters Richard Kornitzer nicht mehr zusammen. Sohn und Tochter, 1938 per Kindertransport von Berlin nach Nordengland geschickt, wollen dort bleiben. Ihre Eltern verstummen im Jubel der Wirtschaftswunderwelt. Hinter Ursula Krechels Roman "Landgericht" stehen authentische Schicksale (siehe Kasten). Das Buch berührt, bleibt dabei spröde und verstörend. Kann das als Film funktionieren? Kann das mehr sein als ein nachtschwarzes Kriegsszenario, aus dem sich zwei Menschen nach zähen Kämpfen in die sepiafarbenen Sechziger retten?
Mit Leichtigkeit gegen die Schwere der Figur
Drehbuchautorin Heide Schwochow ("Bornholmer Straße") arbeitet drei Jahre gegen die Kargheit des Romans an. Ohne das Grau der Geschichte zu leugnen, findet sie neue Farben, erzählt chronologisch und lenkt den Blick auf Claire Kornitzer. Die Frau, die ausharrt. Während ihre Kinder in London fast ihr Leben verlieren und ihr Mann auf Kuba das Kriegsende herbeisehnt. Ein dunkles Berlin, eiskalte Bilder aus Nordengland, das von Licht überstrahlte Kuba. Und ein Frühling am Bodensee mit blühenden Bäumen - als wäre die Welt eine heile. Dorthin rettet sich Claire während des Kriegs auf den Hof von Verwandten.
Johanna Wokalek schlüpft als Claire in die Rolle einer Frau, die immer Haltung bewahrt. "Mit der größtmöglichen Leichtigkeit" sei sie der Schwere dieser Figur begegnet. "Glücklicherweise hatte ich nach dem ersten Drehbuch lesen sofort das Gefühl, alles verstanden zu haben", erklärt sie im Gespräch. Ihr Spiel macht den Unterschied zwischen Verzagtheit und Verzagen deutlich. Das Lob für solch feine Nuancen gibt sie gern weiter. "Ich kann ja viel spielen und spontan tun. Es nützt nichts, wenn es die Kamera in diesem Moment nicht sieht", erklärt Wokalek. "Das eigentliche Problem ist oft ja gar nicht das Sichtbare, sondern das Darunterliegende, das eine Situation in dem Moment, in dem sie entsteht, verändert und in eine andere Richtung laufen lässt. Matthias hat genau darauf immer sehr geachtet.
Johanna Wokalek schlüpft als Claire in die Rolle einer Frau, die immer Haltung bewahrt. "Mit der größtmöglichen Leichtigkeit" sei sie der Schwere dieser Figur begegnet. "Glücklicherweise hatte ich nach dem ersten Drehbuch lesen sofort das Gefühl, alles verstanden zu haben", erklärt sie im Gespräch. Ihr Spiel macht den Unterschied zwischen Verzagtheit und Verzagen deutlich. Das Lob für solch feine Nuancen gibt sie gern weiter. "Ich kann ja viel spielen und spontan tun. Es nützt nichts, wenn es die Kamera in diesem Moment nicht sieht", erklärt Wokalek. "Das eigentliche Problem ist oft ja gar nicht das Sichtbare, sondern das Darunterliegende, das eine Situation in dem Moment, in dem sie entsteht, verändert und in eine andere Richtung laufen lässt. Matthias hat genau darauf immer sehr geachtet.
Sie haben überlebt - mehr Happy End ist nicht
Für Regisseur Matthias Glasner ("Blochin") war "Landgericht" das erste historische Projekt. Er wusste genau, was er nicht wollte. "Klassische historische Tableaus und Bilder wollte ich vermeiden. Das sollte nicht wohlfühlig aussehen. Natürlich kommt dann der Kameramann immer mal und sagt, schau mal hier, wollen wir nicht noch schwenken, ist doch schön. Ja, schon schön, hab ich dann gesagt. Aber so drehen wir das nicht." Wichtig waren Glasner vor allem die letzten zwanzig Minuten des Films. Der zwischenzeitlich am Landgericht Mainz wieder angestellte Jurist Richard Kornitzer (Roland Zehrfeld) hat sich im Kampf gegen die Beschädigung seiner Person, für sein Recht und das Recht seiner Familie auf Entschädigung in einem Antrags-, Einspruchs- und Widerspruchskrieg verfangen, der ihn für alles andere blind macht. Hier zieht sich die epische Geschichte der Kornitzers zum Kammerspiel zusammen. Das sei der Moment, "in dem Claire und Richard das Thema Kinder abhaken müssen und klar wird, dass sie es auch als Paar nicht mehr schaffen", sagt Glasner.
Für Johanna Wokalek ist es der Augenblick, in dem Claire klar wird, was sie verpasst hat. Sie muss erkennen, "dass ihr Raum immer enger wird. Sie liebt ihren Mann, aber während er immer bestimmender wird, verschwindet sie beinahe. Hinzu kommt, dass der Konflikt, in dem sie als Mutter steckt, natürlich unlösbar ist. Die Trennung von ihren Kindern, das alles scheint vielleicht über die Vernunft lösbar. Aber nicht emotional." Sie haben überlebt. Mehr Happy End hält das Schicksal für diese Familie nicht bereit.
Autorin: Martina Kalweit
Für Johanna Wokalek ist es der Augenblick, in dem Claire klar wird, was sie verpasst hat. Sie muss erkennen, "dass ihr Raum immer enger wird. Sie liebt ihren Mann, aber während er immer bestimmender wird, verschwindet sie beinahe. Hinzu kommt, dass der Konflikt, in dem sie als Mutter steckt, natürlich unlösbar ist. Die Trennung von ihren Kindern, das alles scheint vielleicht über die Vernunft lösbar. Aber nicht emotional." Sie haben überlebt. Mehr Happy End hält das Schicksal für diese Familie nicht bereit.
Autorin: Martina Kalweit