Als wäre "Sing meinen Song" noch nicht Erfolgsformat genug, hat Vox bei dieser Staffel noch ein Extra drangehängt: Auf jedes Tauschkonzert folgt ein 60-minütiges Doku-Special zu einem der teilnehmenden Künstler. Mehr Zeit für Inspektion und Introspektion, für Intimität auf Distanz: Die Kunst, sich einem Künstler zu nähern, ohne ihm wirklich nahe zu kommen, wird hier zum TV-Format gemacht. Chapeau! 

Diesmal ist Johannes Oerding dran, Gastgeber der neunten Staffel. Gerade hat er noch geweint über Elifs Interpretation von "Alles brennt", gerade hat er Sangeskumpel Clueso geehrt für dessen Version von "Im Februar", nun steht er erneut im Mittelpunkt. Und soll noch eine Schippe Emotionen drauflegen. Ja geht das denn überhaupt noch? 

"Johnny Controletti" nennen ihn angeblich seine Freunde, weil Oerding so einer ist, der alles immer im Griff haben will. Der immer voll durchgeplant durch den Alltag geht: Alles ist Arbeit, Arbeit ist alles. Deshalb, sagt Oerding, sei es nun sein Plan, endlich mal keinen Plan zu haben. Allerdings ist denkbar, dass die Drehbuchschreiber ihm diesen Satz in den Drehplan geschrieben haben.
 

Clueso und Oerding mit der Gitarre am Lagerfeuer

Kein sofortiges Rückflugticket also diesmal nach dem Ende vom Tauschkonzert, keine Instant-Rückkehr ins Tagesgeschäft: "Den Fehler will ich nicht noch einmal machen", erzählt Oerding der Kamera und bleibt nach Abreise der Sangeskollegen zurück in der südafrikanischen Gastgeberhütte. Zusammen mit Clueso will er auf Abenteuerreise gehen, zwei Buddys ganz unter sich. Wenn man mal vom Vox-Kamerateam absieht. Soll heißen: weiterarbeiten, ohne dass es nach Arbeit aussieht. 

Das Grootbos Private Nature Reserve ist der dritte Protagonist dieser Story. Hotelbesitzer Michael Lutzeyer will nämlich nicht nur Johannes Oerding und Clueso die Natur näherbringen, sondern vor allem auch deutschlandweit erzählen, wie einzigartig das Luxus-Hotel ist, in dem die Stars sich seit Jahren gegenseitig ihre Songs vorsingen. Bilder wie aus dem Sylter Reiseprospekt, nur ohne 9-Euro-Touristen. 

Ranger Sean kutschiert Oerding und Clueso durch den Busch, während die beiden Musikanten beliebte Hits aus Disneys "Dschungelbuch" singen. Unter Ranger-Aufsicht sammeln die zwei Kollegen dann an der Walker Bay, einem bekannten Meeresschutzgebiet bei Kapstadt, Muscheln. "Das hat was Archaisches", befindet Ex-Pfadfinder Oerding ernsthaft.

Mit Oerding in der Wildnis: "Das ist Glück, das ist wie Knutschen"

Männer, die auf Wellen starren: Dekorativ am Ozean sitzend, erklären Oerding und Clueso uns, wie gut es tut, am Meer zu sitzen; Künstler sind eben auch nur Menschen wie Sie und ich. Danach gehen sie zelten und freuen sich, dass da draußen im Outback die Frisur eher egal ist. "Natürlich kann immer etwas passieren in der Natur", unkt der Ranger. Allerdings passiert dann doch nichts. Und Oerding und Clueso machen das, was sie am besten können: singen und klampfen. Hält offenbar die wilden Tiere auf Abstand. 

Zusammen musizieren und grooven – "das ist Glück, das ist wie Knutschen", befindet Clueso. "Hier wurde mal die Handbremse gezogen", behauptet Oerding außerdem, und dass bereits dieser kleine Ausflug plus Kamerateam ihn wieder sich selbst nähergebracht habe. Das zu hören, ist nahezu traurig. 

Doch immerhin: Oerding hängt noch zwei Nächte dran, diesmal ganz alleine – ohne Clueso, ohne Ranger, ohne Kamerateam. Zwei Tage, die vielleicht die wahre "Johannes Oerding Story" erzählt hätten. Sie seien ihm gegönnt.

Der Oerding und Clueso singen in der Wildnis – "das ist wie Knutschen" wird veröffentlicht von FOCUS online.