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Sky zeigt mehr Frauen-Profisport: "Wir sehen, dass das gut funktioniert"

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Die Fußball-EM der Frauen hat begeistert. Was machen die Sender daraus? Imago Images/Eibner

Die Fußball-EM der Frauen hinterlässt ihre Spuren: Sky plant schon länger mehr Live-Übertragungen von Frauen-Profisport und legt jetzt so richtig los. Im Interview erklären die Köpfe dahinter, wie das funktionieren soll.

Die Fußball-EM der Frauen 2022 hat vielen Menschen einen neuen Blick auf den Profisport von Frauen gegeben. Die Spiele waren spannend, ausgeglichen und bekamen in England eine richtig große Bühne. Vor rund einem Jahr hat Pay-TV-Anbieter Sky in Deutschland angefangen mehr Sportarten von Frauen zu zeigen, jetzt ist die große Offensive gestartet und es hat sich in Sachen Live-Sport einiges getan. Eine Preiserhöhung gab es nicht, aber dafür mehr Frauen im Profi-Fußball bei Sky und ebenso in anderen Sportarten – mehr Sport fürs Geld. Hier einmal die Übersicht:

Beim Fußball läuft der DFB-Pokal der Frauen mittlerweile bei Sky Sport Mix, einem Sender für diverse Frauen- und Männer-Profisportarten, die Women"s Super League, die englische Liga, läuft ab dem 9. September 2022 auf Sky Sport Premier League. Vom Autorennsport der Damen gibt es die W Series bei Sky Sport F1 zu sehen, auf Sky Sport Golf sind die Ladies European Tour, US Open und die Augusta seit diesem Jahr zu sehen. Surfen und Leichtathletik laufen bei Sky Sport Mix und Sky Sport Tennis zeigt das Wimbledon-Turnier schon sehr lange. Außerdem ist bei der Fußball-Bundesliga der Herren zukünfig immer eine Frau als Expertin am Tisch.

Woher dieser Sinneswandel? Wie man die bestehenden Zuschauer dafür begeistert, welche Rolle Gehälter und Sponsoren spielen und welche Auswirkungen die EM 2022 darauf haben wird, beantworten Charly Classen und Stefanie Mirlach. Classen ist Sport-Chef bei Sky Deutschland, Mirlach hat lange selbst in der Fußball-Bundesliga gespielt, ist U20-Weltmeisterin und jetzt bei Sky für das Sport-Projektmanagement zuständig.

Foto: Imago Images/APress, Stefanie Mirlach in ihrer Profi-Zeit bei Turbine Potsdam.

TVSPIELFILM.de: Frau Mirlach, Herr Classen, wie haben Sie die Fußball-EM der Frauen erlebt?

Stefanie Mirlach: Ich war in der Tat sogar vor Ort im Stadion dabei und habe ehrlich gesagt noch nie ein solches Frauenfußballspiel erlebt wie das Finale. Ein absolut mitreißendes Spiel und die Zuschauerinnen und Zuschauer haben das Stadion hinterher fast abgerissen. Das war Leidenschaft und Emotion pur.

Charly Classen: Die Stimmung hat mich begeistert genauso wie das unglaubliche Niveau auf dem Platz. Die Einstellung der Spielerinnen, aber auch die Qualität ihres Spiels. Und das trifft ebenso auf die Performance abseits des Platzes zu. Es war toll zu sehen, wie offen die Sportlerinnen in Interviews und in den sozialen Netzwerken sind. Meine Tochter kennt sie alle mit Vornamen, dabei ist sie gar nicht so fußballaffin.

Was glauben Sie, wie sich diese EM auf den Frauenprofisport auswirkt?

Mirlach: Das gestiegene Niveau hat die Wahrnehmung stark verändert, es ist wirklich wunderbar, den Sportlerinnen mit ihrem Können, ihrem Teamgeist und ihrer Spielfreude zuzusehen. Diese Begeisterung reißt mit und überträgt sich dann auf den Frauensport insgesamt, sodass das Interesse und die Lust steigt, sich das anzuschauen. Es waren zum Beispiel auch viele Kinder im Stadion, die dort einfach Heldinnen gefunden haben.

Classen: Um jetzt genau diesen Hype zu erhalten, müssen jedoch viele an einem Strang ziehen. Bei Sky arbeiten wir bereits seit über einem Jahr daran, mehr Frauenprofisport zu zeigen. Sponsoren spielen da auch eine wichtige Rolle.

2021 ist für Sky schon vergleichsweise spät, wenn man sich überlegt, wie lange es Profisport für Frauen gibt.

Classen: Ohne Frage. Ich glaube, da hat sich niemand mit Ruhm bekleckert. Zumal, wenn man die Vergangenheit einmal Revue passieren lässt und sich vor Augen führt, dass die Frauen den EM-Titel schon acht Mal gewonnen haben. Die ganzen Strukturen darunter waren aber noch nicht da und die Qualität, wie Stefanie gerade sagte, noch nicht so ausgeprägt wie heute.

Foto: IMAGO/Eibner

"Daran müssen viele mitarbeiten"

Ist mehr Frauenprofisport im TV eine ideologische oder wirtschaftliche Entscheidung?

Classen: Es ist zweifelsohne eine wirtschaftliche Entscheidung, die allerdings klar auf unsere Unternehmenswerte einzahlt. Wir sind fest davon überzeugt, dass Frauensport ein Wachstumsmarkt ist. Dieses Potenzial wollen wir für unser Business nutzen und zu einer treibenden Kraft für den Frauensport werden. Wir müssen als Branche gemeinsam dafür sorgen, dass eine Weltklassespielerin wie Alexandra Popp – und natürlich sehr viele andere – langfristig Erfolg haben und unseren vollen Support erhalten. Daran müssen viele mitarbeiten. Ein Aspekt ist zum Beispiel, dass wir in der neuen Bundesliga-Saison die Expertenteams durch neue starke Persönlichkeiten wie Julia Simic und Tabea Kemme verstärken.

Welche Rolle spielen bei der Professionalisierung höhere Gehälter und Investitionen?

Mirlach: Hinsichtlich professioneller Strukturen spielt das Gehalt natürlich eine wichtige Rolle. Bei einigen der größeren Klubs funktioniert das schon ganz gut. Allerdings gibt es auch heute in der Bundesliga immer noch Vereine, die nicht genug bezahlen, damit Spielerinnen damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Da geht es nicht um Millionen-Gehälter, sondern darum, dass man sich voll auf den Sport konzentrieren kann, ohne sich um zusätzliches Einkommen kümmern zu müssen. Der Wert Demut ist im Frauenfußball sehr hoch gehängt.

Sehen Sie diese Demut als eine Chance?

Mirlach: Ja, ich finde Demut einen grundsätzlich für die Gesellschaft relevanten Wert, verbunden mit der Nahbarkeit, die die Sportlerinnen an den Tag legen, ist dies sicherlich hilfreich. Der Männerfußball muss sich ja doch den Vorwurf gefallen lassen, teilweise sehr weit weg von der Fanbase gerückt zu sein – auch weil die Höhe der Gehälter, die hier gezahlt werden, für Zuschauer oft nicht mehr nachvollziehbar ist.

"Wir sehen, dass das gut funktioniert"

Wie holt Sky die Zuschauer für den Frauensport rein?

Classen: Die Frage ist, wie man die Tradition behält und trotzdem in der Breite ausbaut. In welches Umfeld legt man die Übertragungen? Dass die Women's Super League sonntags nach der Premier League läuft, ist sehr gut. Sie hätten vielleicht nicht eingeschaltet, aber im Sinne eines positiven Audience Flows kann man die Zuschauer auf diese tollen Inhalte aufmerksam machen und zunehmend ihr Interesse wecken. Wir sehen, dass das gut funktioniert.

Es gibt also keinen speziellen Kanal für Frauenprofisport?

Classen: Richtig! Die Lady's European Tour Golf läuft erstaunlich gut auf dem Golf-Sport-Sender, die Women's Super League ist hauptsächlich auf dem Premier-League-Sender zu sehen und der DFB-Pokal auf dem Sky Sport Mix mit dem DFB-Pokal der Herren. Unser Ziel ist es, dass eine solche organische Einbindung ein automatischer Prozess für alle Sportarten der Frauen wird. Wir wollen nämlich genau das nicht: zwischen Frauen- und Männersport differenzieren. Denn letztlich geht es doch um eines – Top-Sport, der mit all seiner Spannung, ganz viel Emotion und Leidenschaft im Mittelpunkt steht, unabhängig davon, wer ihn betreibt.

Vielen Dank für das Gespräch!