Vor knapp sechs Wochen informierte RTL darüber, dass ein Reporter des Regionalsenders RTL Nord nach vorläufiger Prüfung sieben Beiträge im nationalen RTL-Programm manipuliert habe. RTL trennte sich von dem betreffenden Mitarbeiter und versprach umfangreiche Aufklärung. "Wir vertrauen in die journalistische Aufrichtigkeit unserer Reporter und unsere Kontrollmechanismen bei der Abnahme von Beiträgen sind streng", ließ RTL-Chefredakteur Michael Wulf in der Mitteilung verlauten. "Sie haben sich in der Vergangenheit bewährt. Dieser Fall zeigt uns jedoch, dass sie nicht völlig fehlerresistent sind. Wir werden deshalb sehr konsequent daran gehen, den gesamten Prüfungsprozess rund um TV-Beiträge vor der Ausstrahlung noch weiter zu verbessern."
Das Zwischenergebnis eines sechsköpfigen Überprüfungsteams wurde gestern veröffentlicht.
RTL-Chefredakteur Michael Wulf: "Wir sind erschrocken"
Bei der Überprüfung aller 104 Reportagen vornehmlich für das Mittagsjournal "Punkt 12", die der Reporter als Autor verantwortete, wurden 14 weitere Manipulationsfälle aufgedeckt. Weitere Verdachtsmomente konnten noch nicht verifiziert werden.
Laut RTL-Pressemitteilung hat der Reporter die "Redaktion als auch die Zuschauer immer wieder systematisch und vorsätzlich getäuscht."
Die Überprüfungskommission identifizierte drei Formen der Manipulation: Der Autor täuschte bei Selbstversuchen mehrmals die angebliche Dauer seiner Experimente vor, überredete mehrfach Menschen, "Dinge zu behaupten, die ihnen niemals widerfahren sind oder Geschichten nachzuerzählen, die ihm Protagonisten, die nicht gefilmt werden wollten, berichtet hatten" und band nachgestellte Szenen als echte in seine Beiträge ein und nutzte Archivbilder, ohne diese als solche deutlich zu machen.
Während der vergangenen Jahre hatte sich der Reporter für das Mittagsjournal "Punkt 12" Selbstversuchen unterzogen. So dokumentierte er schon vor zehn Jahren ein Obdachlosen-Experiment (02.10.2009) und gab vor, eine Nacht auf der Straße geschlafen zu haben. Tatsächlich aber hat er zuhause geschlafen. In anderen Fällen griff der Reporter auf Alibi-Protagonisten zurück, so z. B. einem Beitrag über Einbrecher-Tricks (18.02.2013), in dem sich eine Praktikantin als Einbruchsopfer ausgab und dazu vorgegebene Statements bekam.
RTL-Chefredakteur Michael Wulf zu dem Manipulationsskandal: "Wir sind erschrocken, dass trotz unserer umfangreichen Kontrollmechanismen ein Mitarbeiter über Jahre hinweg vorsätzlich täuschen und manipulieren konnte." Um künftig solche Fälle möglichst zu verhindern, "haben wir gemeinsam mit dem Qualitätsmanagement unserer Abnahmeverfahren deutlich ausgebaut und werden zusätzlich Beiträge von unseren Reportern stichprobenartig kontrollieren."