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Neues Filmmagazin im ZDF

Warum "Gätjens großes Kino" gelungen ist

Steven Gätjen hat mit seinem Kinomagazin im ZDF bewiesen, dass im Fernsehen nichts wohltuender ist, als die Leidenschaft für die Sache. Fünf Gründe, warum "Gätjens großes Kino" ein Mediatheken-Hit wird.

1. Das Konzept
Kinomagazine sind nicht nur traditionell quotenschwach, sie haben leider auch viel zu oft etwas abgeschmacktes. Trailer zeigen, Film bewerten, Star treffen: fertig ist der Lack...äh, Magazinbeitrag. Doch wenn es um das Medium Film geht, sollte das Format auch in ein filmisches Konzept eingearbeitet sein, Ideen haben und sich aus der Magazin-Komfort-Zone heraustrauen.

Genau das schafft "Gätjens großes Kino" mit einer gewissen (und ausbaufähigen) Leichtigkeit und unterhaltsamen Charme. Moderator Steven Gätjen sitzt nur dann in bequemen Sesseln, wenn er einen der Stars vor der Nase hat, um ihm clevere Fragen zu stellen. Ansonsten hetzt der Deutschamerikaner durch seine knapp 30-minütige Magazinsendung, um in mal ulkigen, mal zu gewollten Einlagen von Kinostart zu Kinostart zu gelangen, diese jeweils kritisch einzuordnen und gleichzeitig Interviewpartner in Hamburg, Berlin oder Zürich zu treffen.

Der Rahmen ist ein cineastischer Archetyp: die Reise. Gätjens Trip wird dynamisch bebildert - auch wenn das nicht immer mit Eleganz gelingt. Ob mit Zug, Fahrrad oder abgehetzt per Fuß: der Moderator ist ob der zahlreichen Kinoneustarts in einem Monat außer Atem und schafft es dennoch, beherzt die richtigen Worte zu finden...
2. Die Pointiertheit
..womit wir bei der Eloquenz des 44-Jährigen wären. In den kurzen Einspielern zu Ron Howards "Inferno", dem Thriller "The Accountant" mit Ben Affleck, der grotesken Robinsonade "Swiss Army Man" oder auch dem filmischen Kuddelmuddel "Unsere Zeit ist jetzt" über den Rapper Cro drescht Gätschen keine Phrasen, sondern besticht mit pointierter Kritik, relevanter Einordnung und ehrlicher Meinung. Die Klangfarbe von Redakteur Daniel Schröckert (Rocketbeans) ist an manchen Stellen gut hörbar.

Selbst wenn seine Kumpels Simon Verhoeven, Elyas M'Barek und Florian David Fitz per Skype durchklingeln, um ihn an ihre neueste Integrations-Komödie "Willkommen bei den Hartmanns" zu erinnern, nimmt der Filmkenner kein Blatt vor den Mund. Mit kritischem Auge (ein Attribut, das ihm Viele absprechen) fällt er ein Urteil, ohne sich in Gutmütigkeit zu verlieren.
3. Die Leidenschaft
Es ist kein Geheimnis: Steven Gätjen liebt das Kino, wie auch sein ehemaliges Format "Steven liebt Kino" bei Tele 5, später bei ProSieben, Sat.1 und kabel eins namentlich nach Außen trug. Es ist die kleine, intime Form, die ihm mehr liegt, als die große Bühne. Wie er mit Verve und Enthusiasmus die Themen anpackt, überträgt sich zeitweise auch auf den Zuschauer. Klar, im Eifer der ersten Sendung ist noch nicht alles perfekt (Bsp.: Over-Act in den Zwischensequenzen), aber seine authentische Passion lässt kleinere handwerkliche Unfeinheiten vergessen.
4. Der Glamour
Damit wurde er berühmt: Gätjen in der Oscar-Nacht live auf dem roten Teppich. Er löcherte die Stars mit originellen Fragen und musste wohl aufgrund des Senderdrucks zu Plattitüden à la "How do you like Germany?" übergehen. Jetzt konnte er Beides in harmonischen Einklang bringen: Glamour durch die großen Namen und Tiefe mithilfe seiner ausgewogenen Interviewtechnik.

Trotz PR-Touren ist es nicht einfach, namenhafte Sternchen wie Tom Hanks, Daniel Radcliffe oder Renée Zellweger in einem engen Zeitfenster vor die Kamera zu bekommen. Der in Hamburg lebende Moderator schafft es und peppt so das Format mit Glamour-Bonus auf. Ein Punkt, der ihn auch bei weniger filmfreudigen Kino-Liebhabern auf die Playlist katapultieren dürfte. Denn mit der Allzeit-Verfügbarkeit in der Mediathek (HIER ENTLANG) wird auch dem schlechten Sendeplatz (00.05 Uhr im ZDF) Rechnung getragen.
5. Die Kurzweiligkeit
Insgesamt ist es flottes Fernsehen ohne Hänger mit Luft nach oben in der Feinjustierung. So kommen sowohl "Bridget Jones"-Fans als auch Film-Nerds auf ihre Kosten und das muss man innerhalb von 24 Minuten erst einmal schaffen. Kurzweil ist der entscheidende Faktor für die non-lineare Nutzung von Bewegtbildinhalten. Hier stimmt das Konzept von vorne bis hinten: filmisch ambitioniert, auf Unterhaltungsebene erquicklich, locker-leicht und gleichzeitig informativ.

Es wäre kein Wunder, wenn sich "Gätjens großes Kino" zu einem Mediatheken-Hit mausert.