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Late Night

Schmidt & Pocher & weg

7 Schmidt Pocher 2007
Harald Schmidt und Oliver Pocher gehen wieder getrennte Wege. ARD/Marco Grob

Nach 18 Monaten Late Night ist für die beiden ungleichen Entertainer Schluss. Eine Bilanz.

Nach der Show ist vor der Show. Aber vor welcher? Man fragt sich, wer in der ARD noch für Lacher sorgen soll, wenn Schmidt und Pocher ab April weg vom Schirm sind.

Fest steht, im Frühling ist das Erste eine vorübergehend humorfreie Zone und Frank Plasberg der letzte gute Typ im Programm. So gesehen ist der frühe Abgang von Schmidt und Pocher nach nur anderthalb Jahren ein herber Verlust. Das Handtuch warf Fred Kogel, Schmidts mächtiger Strippenzieher im Hintergrund. Die Begründung lautete, sein Klient schöpfe sein Potenzial nicht aus. Das Duett mit Oliver Pocher sei ohnehin nur ein Arrangement auf Zeit gewesen. Frei interpretiert: Oliver Pocher drückt das Niveau und beschädigt die Kleinkunst seines älteren Kollegen.

Lesetipp

Dabei hatte der 51-Jährige den 31-Jährigen selbst ins Late-Night-Boot geholt. Bei der ersten Sendung im Oktober 2007 waren 2,3 Millionen Zuschauer neugierig darauf, ob der Kleine mit dem sanftmütigen Gesicht (das in so krassem Gegensatz zu seinem Naturell steht) und die graue Eminenz des TV-Entertainments gemeinsam eine witzige Show hinkriegen. Witz war da, Gemeinsamkeit weniger.

Schmidt speist seinen Humor aus Abiturienten-Themen wie Geschichte (Hitler), Kirche (Papst), Literatur (Thomas Bernhard) oder Musik (Bayreuther Festspiele). Der bildungsferne Pocher kennt davon nichts, interessiert ihn auch nicht. Er, der Zeuge Jehovas, hält seine Evangelisten dagegen, Matthäus (Lothar), Marc (Terenzi), Lukas (Podolski) und Johannes (B. Kerner). Hinzu kommen viele Barbaren aus Dschungelcamps und Castingshows, die er imitiert und zu Kalauern zerlegt.

Als Duett unspannend

Schmidt und Pocher sind auf parallelen Schienen ohne Weiche unterwegs, jeder für sich gut, als Duett unspannend. Dass es anders gehen kann, hat Schmidt selbst bewiesen. In "Schmidteinander" spielte er zusammen mit dem genialen Herbert Feuerstein "Der König und sein Narr", das war eine dem Theater abgeschaute Dramaturgie, die es in sich hatte. Auch die Kabarettisten Urban Priol und Georg Schramm, die in "Neues aus der Anstalt" einen Satire-Kleinkrieg auf Augenhöhe führen, sind ein explosiver Zweitakter. Bei Schmidt und Pocher springt der Funke dagegen selten über. Diese chemische Nichtreaktion ist quasi ein Geburtsfehler der Sendung, und Geburtsfehler sind kaum zu beheben.

Nun kämpft wieder jeder für sich allein. Wobei Schmidt, der ab Sommer ein Politsatire-Solo im Ersten bestreiten wird, nur den Finger heben muss, und schon hat er eine neue Sendung. Ein Harald Schmidt kommt nicht zum Programm, das Programm kommt zu ihm. Sein Olympia-Buddy Waldemar Hartmann drückt es so aus: "Schmidt ist ein Guru, er genießt bei den Entscheidungsträgern hohes Ansehen. Warum, weiß ich nicht."

Eine Samstagabendshow für Pocher?

Der mächtigste Entscheidungsträger ist der kürzlich aus dem Amt geschiedene ARD-Programmdirektor Günter Struve, ein Schmidt-Fan. Aber auch ein Pocher-Fan. Struve lancierte den jungen Wilden ins Erste und schützte ihn vor den hauseigenen Gremien, denen Pochers Scherze mitunter übel aufstießen: Muss der Lümmel in Wehrmachtsuniform und Augenklappe in die Kamera grinsen? Inzwischen hat sich Struves Nachfolger Volker Herres zu Pocher bekannt: Junges Publikum zu gewinnen gelinge eben nicht mit der Übertragung von Gottesdiensten und Bundestagsdebatten.

Nun wird über eine Samstagabendshow für Pocher nachgedacht. Er ist der Kontaktmann der ARD zur jungen Zielgruppe und gehört damit zum Tafelsilber des Senders. Frechheit siegt - jetzt auch im Ersten.

Andreas Rolf