TVSpielfilm.de: Frau Walthelm, der Streamingdienst WOW hat zuletzt ordentlich Abonnenten in Deutschland zugelegt. Können Sie uns sagen, woran das gelegen hat?

Elke Walthelm: Der Launch von WOW vor einem Jahr hat unserem Streamingdienst in der Tat einen großen Boost und eine viel klarere Marktpositionierung gegeben – und damit zu einer deutlicheren Differenzierung der Produkte geführt. Das hat also sehr gut funktioniert. Natürlich ist Content der große Treiber: Das haben wir im Herbst 2022 mit "House of the Dragon" gesehen, aber "The Last of Us" war noch einmal um einiges stärker. Dass die Serie ein solch durchschlagender Erfolg wird, hat uns selbst überrascht.

Mit einem Start des Streamingdienstes "Max" von HBO in Deutschland: Wie wäre Skys Reaktion darauf?

Wir haben einen exklusiven Vertrag mit HBO, der noch ein paar Jahre läuft. Wir machen uns also akut darüber keine Gedanken. Der Streamingmarkt ist in Bewegung und ich gehe davon aus, dass es noch einmal eine gewisse Konsolidierung gibt. Wie diese dann aussehen wird, darüber möchte ich allerdings keine Vermutungen anstellen.

Wie haben sich, seitdem die Corona-Pandemie abgeflacht ist, die Produktionsbedingungen bei Sky verändert?

Wir treffen immer noch Sicherheitsvorkehrungen am Set, Masken müssen ja schon eine ganze Weile nicht mehr getragen werden. Aber das derzeit viel wichtigere Thema ist die Kostensteigerung – vor allem im Energie-Sektor.

Welche Maßnahmen haben Sie dahingehend ergriffen?

Wir schauen bei jeder Produktion noch genauer darauf, wo die Kostentreiber sind. Allerdings haben wir diesen Blick schon immer gehabt. Was für uns als Unternehmen und auch für mich persönlich relevant ist, ist das Thema Nachhaltigkeit. Ich bin stolz darauf, dass wir hier bei Sky eine Vorreiterrolle in der Branche einnehmen – und inzwischen gemeinsam mit anderen Unternehmen Standards eingeführt haben. Sky hatte schon 2018 mit "Master Chef" eine reine "Grüne Produktion" und wir engagieren uns seit seinem Bestehen aktiv im Arbeitskreis "Green Shooting". Dieses Jahr auf der Berlinale hat Claudia Roth das erste Mal Förderkriterien für "grüne Produktionen" bekanntgegeben, die sehr konsistent mit "Green Shooting" sind.

Es gibt einen starken Trend zu immer kürzeren Serien. Wie beurteilen Sie das?

Es gibt verschiedene Trends. Wir sehen, dass es ziemlich loyale Fans gibt, die von der ersten bis zur letzten Episode dranbleiben. Bei "Der Pass" Staffel 3 zum Beispiel lag diese Rate bei nahezu 100%. Grundsätzlich ist es aber nicht einfach, mehr Publikum von Staffel zu Staffel dazuzugewinnen. Dafür spielen jedoch Filme wieder eine größere Rolle. Streaming verteilt sich insgesamt auf ein größeres Angebot und da werden weniger Episoden oft bevorzugt, weil das zeitliche Commitment bei Miniserien schlichtweg geringer ist.

8 Tage: "Die Serie war toll"

Sky

Sky-Programmchefin Elke Walthelm

Bei uns gab es vor kurzem auch die Diskussion, welche Serien wir mittendrin abgebrochen haben.

Was wir sehen, ist, dass die Hauptzugriffe auf Inhalte wirklich in den ersten sieben Tagen erfolgt, nach 28 Tagen sind noch einmal 30% an Zuschauern dazugekommen, aber dann flacht der Zuwachs deutlich ab. Nur ganz wenige Serien werden bei uns immer wieder geschaut: "Game of Thrones" taucht jeden Monat in unseren Hitlisten auf, aber nicht jede neue Serie, die wir zeigen, wird vier Monate später noch so intensiv geschaut wie zu Beginn. Das ist ganz natürlich und wenig überraschend. Es gibt ständig so viel Neues, dass die meisten Menschen nach einer gewissen Zeit verpassten Content einfach nicht mehr nachholen.

Wie gucken Sie Ihre Serien am liebsten: Woche für Woche oder in einem Rutsch?

Es gibt nicht den einen Königsweg, es ist ein schmaler Grad und wir entscheiden Fall für Fall, was wir für den besten Ausstrahlungsmodus halten. Wer sofort alles zur Verfügung stellt, bietet natürlich eine gute Erfahrung für die User, allerdings kann es dann auch ein kurzes Strohfeuer sein. Am Ende wissen viele oft gar nicht mehr, was sie sich da eigentlich angesehen haben. Wer wiederum jede Woche eine Folge sieht, kann sich darauf freuen und sich mit Freundinnen und Freunden austauschen. Wir können dann jedoch gleichzeitig die verlieren, die zu lange warten müssen. Aber natürlich setze auch ich mich manchmal am Wochenende gerne hin und schaue etwas am Stück an, für Sky wägen wir es wiegesagt immer wieder ab. Bei den HBO-Serien ist der wöchentliche Rhythmus die Vorgabe und bis zur letzten Folge warten lassen wollen wir unsere Kundinnen und Kunden bestimmt nicht. Wenn ein Hype gelingt wie bei "The Last of Us", funktioniert die wöchentliche Veröffentlichung gut, aber das Produkt muss stimmen.

Gibt es eigentlich eine Serie, die Sie persönlich gerne fortgesetzt hätten, was sich aber nicht realisieren ließ?

Gute Frage. Natürlich gibt es immer gute Gründe, warum eine Serie nicht fortgesetzt wurde, aber ich habe mich immer mal wieder gefragt, wie wohl eine Fortsetzung von "8 Tage" funktioniert hätte. Die Serie war toll und wir haben uns lange mit Kreativen ausgetauscht, wie man die Geschichte fortsetzen könnte. Dann war aber schon recht viel Zeit vergangen, so dass wir uns schließlich für ein anderes Projekt entschieden haben.

"Wir sind gespannt, wie gut Jeremy Fragrance funktioniert"

Sky

Jeremy Fragrance bekommt bei Sky eine eigene Doku

Nach "Diese Ochsenknechts" folgt jetzt eine Reality-Doku über "Jeremy Fragrance". Werden noch mehr dieser Formate kommen? Könnte man sich auch Dating-Shows zum Beispiel vorstellen?

Zumindest derzeit haben wir keine weiteren Projekte anzukündigen. "Diese Ochsenknechts" war ein Novum für uns. Wir wollten überraschen und haben es einfach ausprobiert – angelehnt an die "Kardashians". Diese Reality-Serie hat eine ganze Reihe neuer Kunden zu WOW gebracht. Wir sind gespannt, wie gut Jeremy Fragrance funktioniert.

Sky zeigt aktuell einige der Formel-1-Rennen im kostenfreien Livestream bei Youtube. Wäre ein Free-TV-Sender noch einmal eine Option?

Im Free-TV-Bereich gibt es viele Konkurrenten und aktuell ist der Werbemarkt eine große Herausforderung. Wir setzen weiterhin überzeugt auf unser Geschäftsmodell – sprich Kern unseres Business ist das Abo-Geschäft, dazu kommen dann zusätzlich Werbeeinnahmen über Sky Media.

Sky Next Generation war wirklich ein schöner Erfolg – Kommentieren die Kids jetzt auch Golf?

Bei Sky Next Generation war die Idee, Kindern Sportarten wie Fußball noch näherzubringen, sie aktiv zu involvieren und ihre Perspektive zu zeigen – was übrigens sehr erfrischend ist und super funktioniert. Es funktioniert sogar so gut, dass wir Sky Next Generation jetzt auf die Formel 1 ausweiten. Damit nimmt die speziell auf Kinder und Familien ausgerichtete Live-Sportübertragung mit Kinderreportern weiter an Fahrt auf. Letztlich hat das Thema ja auch mit Diversität zu tun. Wir treiben als Unternehmen sowie konkret in unserem Programm – sei es nun im Sport oder Entertainment – Diversität voran. Das reicht von der Frage, wie wir unsere Produktionen gestalten bis hin zu Sonderprogrammierungen, etwa rund um den Diversity-Day. Diversity gehört fest zu unseren Werten als Unternehmen und ist mir selbst als Thema auch sehr wichtig.

Vielen Dank für das Gespräch