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"Der Bergdoktor" als Held: Warum die Zuschauer Dr. Gruber und Kollegen so lieben

Thomas Rühmann, Hans Sigl, Monika Baumgart, Ronja Forcher, Heiko Ruprecht Montage
Quotengaranten "In aller Freundschaft" und "Der Bergdoktor" (Montage: Thomas Rühmann, Hans Sigl, Monika Baumgart, Ronja Forcher, Heiko Ruprecht, von links) MDR/Saxonia/Tom Schulze/ZDF/Roland Defrancesco/MontageTVSpielfilm

"Der Bergdoktor" dreht gerade seine 16. Staffel, "In aller Freundschaft" läuft schon seit 1998 und in die US-Serie "Grey''s Anatomy" hat es bislang auf 18 Seasons gebracht. Was macht den Erfolg dieser Formate aus?

1985 eroberten Professor Brinkmann & Co. die Herzen der Zuschauer. Bis zu 28 Millionen Menschen schalteten "Die Schwarzwaldklinik" ein. Auch wenn man heute von solchen Zahlen nur noch träumen kann, Brinkmanns Kolleginnen und Kollegen, die jetzt im TV praktizieren, gehören zu den erfolgreichsten Formaten, die ARD und ZDF ausstrahlen.

Läuft "Der Bergdoktor" nur 7 bis 8 erfolgreiche Folgen zu Beginn jeden Jahres, so fahren Dr. Heilmann und das Team der Sachsenklinik mit "In aller Freundschaft" sogar wöchentlich hervorragende Quoten ein. Warum sind Serien wie diese so erfolgreich? Mit dem Thema haben sich sogar schon Studien befasst. Einige Gründe fassen wir hier zusammen.

Private Verstrickungen

Bleiben wir beim Bergdoktor. Dr. Grubers Beziehungen ziehen sich schon durch alle Staffeln, gerade endete wieder eine unglücklich. Zuvor wurde der Spannungsboden bewusst hoch gehalten – etwa durch die On-off-Beziehung mit Anne und später Franziskas Schwangerschaft. Das Publikum fiebert mit – und schaltet ein.

Bei "In aller Freundschaft" oder etwa "Die jungen Ärzte" verteilen sich die privaten Verwicklungen auf mehrere Personen. Etwa Heilmanns Trennung von Katja oder das Drama um die gescheiterte Liebe von Kai Hoffmann und Maria Weber. Das Interesse der Zuschauerinnen und Zuschauer beruht nicht nur auf Vouyeurismus, die Ärzte – oder im Falle des Bergdoktors die Grubers – sind eine Konstante, die als Bekannte empfunden werden, die man immer wieder gern ins Wohnzimmer lässt. Außerdem zeigen Ärzte, die Zuschauer im realen Leben nur aus professioneller Sicht kennen, so ihre menschliche Seite.

 

Ärzte als Heldinnen

Ein Patient kommt in die Sachsenklinik, sofort stehen mehrere Mediziner bereit, ein OP ist frei. Gern gibt es dann noch Komplikationen, die bei "In aller Freundschaft" in den meisten Fällen behandelt werden können.

Beim "Bergdoktor" ist das noch extremer: Er löst die Probleme oft allein oder mit seinem Kollegen Kahnweiler, in dessen Klinik dann natürlich auch sofort alle Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden. Das Ärzteblatt beschäftigte sich schon 2008, zum Start der Neuauflage der ZDF-Serie mit dem Phänomen, und stellte fest, was heute noch gilt: "Dr. Gruber ist bodenständig, hat alles im Griff und ist – wie viele andere Fernsehkollegen auch – immer ein bisschen besser als andere Ärzte: ein bisschen intelligenter, beliebter und charmanter und ein bisschen kompetenter – auch fachübergreifend." Und so löst er eben nicht nur die medizinischen Probleme seiner Patientinnen und Patienten, sondern auch die privaten, die gern vielschichtig sind. "Es wird damit ein Held geschaffen, der dem klassischen Arztbild aus den alten Heimatfilmen entspricht." Und Helden braucht das TV-Publikum.

Kalkuliertes Drama

Wohl kaum jemand, der bei "In aller Freundschaft" Hilfe sucht, hat sich nur das Bein gebrochen. Und wenn, dann äußerst kompliziert, oder es gibt unentdeckte Erkrankungen, die bei der Behandlung entdeckt werden. Die Serien leben von der dramatischen Verdichtung. Und die bindet das Publikum, das entweder gesund oder manchmal selbst unter der dargestellten Problematik leidend, die Mediziner bei ihren Rettungsversuchen beobachtet. Eine Studie, die sich mit der US-Serie "Grey´s Anatomy" befasste, stellte 2017 fest, dass bei den Serienpatientinnen und -patienten ganze 71 Prozent sofort operiert werden müssen, im echten Leben ist es nur ein Viertel der Eingelieferten. Dagegen lag, zumindest bei der untersuchten Serie, die Sterberate (22 Prozent der Fernsehpatienten) höher als in der Realität (sieben Prozent). Und Langzeitpatienten kennt man wohl in keiner der Serien. 

Mehr als schöne Kulisse

Der Drehort für den "Bergdoktor" liegt im Kaisergebirge im Osten des österreichischen Bundeslandes Tirol. Die Ortschaften Ellmau, Going, Scheffau und Söll ziehen jährlich Massen von Touristen an. Und wer nicht reist, genießt die Landschaft eben virtuell.

Schöne Landschaft kann die Sachsenklinik und "In aller Freundschaft" selten bieten. Dafür ist den Zuschauenden der (fiktive) Schauplatz der Serie vertraut: aus eigenem Erleben oder als Besucher.

Mit einer traumhaften Kulisse punkten dagegen Serien, die den Arztserien gleichen: So "Lena Lorenz", die im Berchtesgadener Land entsteht, oder "Frühling". Das Set steht hier in Bayrischzell.