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Arte-Themenabend

Wilder Müll

Mafiosi, Piraten und schmutzige Geschäfte.Die Doku am Arte-Themenabend "Somalia" entlarvt finstere Machenschaften am Horn von Afrika

Der verheerende Tsunami, der im Dezember 2004 die Küsten des Indischen Ozeans heimsuchte, hatte für Somalia eine besondere Nebenwirkung: In großer Zahl wurden Fässer an den Strand gespült. Radioaktiv verseuchter Unrat, Chemikalien, Schwermetalle - lebensge-fährliche Restprodukte aus den Industrieländern, die nach Angaben der UN-Umweltorganisation Unep jahrelang vor der somalischen Küste illegal verklappt wurden.

Der Grund für das schmutzige Geschäft, das die Doku Somalia und die Giftmüllmafia im Arte-Themenabend Somalia - Chaos am Horn von Afrika beschreibt, liegt auf der Hand: In den modernen Wirtschaftsnationen fällt täglich tonnenweise Giftmüll an. Je gefährlicher, desto teurer ist die Entsorgung. Bis zu 1000 Dollar kostet es in Europa oder den USA, eine Tonne dieser Substanzen sachgerecht zu entsorgen. Die billigere Lösung: Giftmüllcontainer einfach in die Dritte Welt verschiffen. Ideale Abnehmer sind instabile, arme Länder ohne staatliche Strukturen: Haiti, Mosambik, Somalia. Hier liegt der Preis bei circa 2,50 Dollar, und "wenn der Müll auf dem Meer abgeladen wird, dann gibt es gar kein Problem", wie ein früherer Drahtzieher des verbrecherischen Treibens dem Filmemacher Paul Moreira freimütig eröffnet.

Die Suche nach Hintergründen und Profiteuren der illegalen Verbringung führt den französischen Reporter unter anderem nach Italien, wo die Justiz jahrelang in einem mafiösen Netzwerk ermittelte, dass mit somalischen Regierungskreisen gemeinsame Sache machte.

Auf der Strecke bleiben die Küstenbewohner am Horn von Afrika, die das Gift krankmacht und denen Trawler aus Europa und Asien die Lebensgrundlage wegfischen. Ebenfalls illegal. In den Fischerdörfern findet Moreira ein paar unangenehme Antworten auf die Frage, warum ausgerechnet von somalischen Gewässern aus Seeräuberbanden die halbe Welt in Schrecken versetzen.

"Wir sind hier die Küstenwache", erklärte der Anführer der Piraten, die 2009 den ukrainischen Frachter "Faina" gekapert hatten, im Interview mit der New York Times: "Wir sind keine Piraten. Wir schützen nur unsere Gewässer. Als Piraten betrachten wir die Kerle, die ihren Müll vor unserer Küste versenken und hier illegal fischen."

Schillernde Rechtfertigung eines Banditen? Moreira zeigt Verständnis: "Westliche Kriegsschiffe gehen vor Somalia auf Piratenjagd. Einige Dutzend wurden bereits verhaftet. Bis heute wurde keiner der Industriellen gerichtlich belangt, die im Verdacht stehen, Giftmüll vor der Küste Ostafrikas verklappt zu haben."

Heiko Schulze

Somalia und die Giftmüllmafia
DI 24.5. ARTE 20.15 Uhr