"Ich habe mit der Sache nichts zu tun", erklärt Michael Kornacher (Name geändert). Der Mann war am 25. Oktober 2017 von Polizisten ihn seinen verwahrlosten Wohnung festgenommen wurde. "Die Sache" ist der Mord an Johanna Bohnacker vom 2. September 1999. Die Achtjährige war mit ihrem gelben Rad in Ranstadt-Bobenhausen im Wetteraukreis unterwegs und abends nicht heimgekehrt. Sieben Monate später, am 1. April 2000, wurde der skelettierte Leichnam des jungen Mädchens in der Nähe der A5 bei Alsfeld-Lingelbach gefunden. Fast zwei Jahrzehnte dauerte die Ermittlungsodyssee. Thomas Hauburger von Staatsanwaltschaft Gießen erklärte damals auf einer Pressekonferenz: "Ein 41-Jähriger wurde von der Polizei Gießen in Friedrichsdorf festgenommen. Er wurde dem Haftrichter vorgeführt." Dieser ledige und kinderlose Mann ist Michael Kornacher.
Michael Kornacher versteckte Johanna im Kofferraum
Während des Verhörs sagt der Tatverdächtige plötzlich, er müsse auf die Toilette, danach werde er reden. Anschließend meint er: "Ich bin dafür verantwortlich. Dann legen wir mal los." Er berichtet, dass ihm das Mädchen gefallen und er sie gegriffen habe. Er habe sie mit Chloroform betäubt, mit Klebeband gefesselt und in den Kofferraum gelegt. Kornacher fährt einen VW Jetta. Ein Zeuge hatte Jahre zuvor ein solches Auto in Bogenhausen gesehen, als es am Sportplatz parkt, und auf dem Kennzeichen ein HG für Bad Homburg erkannt. 500 Autos und deren Halter checkt die Polizei damals. Man klingelt auch bei Kornacher - und geht wieder. Dreimal habe er anhalten müssen, erzählt Kornacher nun im Verhör, weil Johanna gerufen und gegen den Kofferraum getrommelt habe. Beim zweiten Mal habe er sie geschlagen, beim dritten Mal sei sie tot gewesen. "Das war ein Unfall", fleht er.
Michael Kornacher wurde zur Adoption freigegeben
Michael Kornacher wird 1976 in Bad Nauheim geboren. Seine Eltern geben ihn aus unbekannten Gründen zur Adoption frei. Er ist arbeitslos, bezieht aber kein Arbeitslosengeld. Er hat keine Freundin, ist kinderlos, lebt zurückgezogen und lässt sich sein Essen liefern. Mehrere Delikte werden bekannt. Mit 17 Jahren fällt er eine Achtjährige an und wird gerade noch von Radfahrern von Schlimmerem abgehalten. Er vergreift sich auch an einer Sechsjährigen im Schwimmbad. Er hortet Kinderpornografie. Dazu kommen frühe Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Dann wird ein weiterer Vorfall bekannt: Ein Förster findet Kornacher am 28. August 2016 im Wald, als dieser gerade dabei ist, ein 14-jähriges Mädchen zu fesseln. Er meldet den Vorfall.
Neue Methode bei der Kripo entlarvt den Mörder
Die Kripo wird konkret auf Michael Kornacher aufmerksam, als 2016 eine neue Methode angewendet wird. 168 Bände Akten werden digitalisiert. Dazu gehören handgeschriebene Notizen. Rund drei Monate dauert die Arbeit. Danach sind Quervergleiche möglich und Suchen nach Stichworten. Plötzlich taucht der Name Kornacher wie aus dem Buchstabennebel auf. Auch seine Sexualdelikte sind sichtbar. Die Wohnung von Kornacher wird durchsucht. "Interessant war vor allem eine blaue Kiste", erinnert sich Angelika Schwetz vom LKA Wiesbaden. Darin lagen alte Seile und Klebebänder. Die "Auf dem Klebeband fanden wir die gleichen Fasern wie auf dem Klebeband von Johanna". Ein neuer digitaler Fingerabdruck Kornachers passt zudem zum Abdruck der "linken Daumenaußenseite", den man 1999 fand. Kornacher erklärt: "Kann sein, dass ich ihr die Nase gebrochen habe, ich wollte sie nicht umbringen."
Schwierige Beweislage im Fall Johanna Bohnacker
Die Kripo hat Mühe, Beweise für eine Tötungsabsicht zu finden. Auch der sexuelle Missbrauch ist an der skelettierten Leiche nicht nachweisbar. Die Ermittler machen sich sorgen, dass der Täter vielleicht mit fährlässiger Tötung oder Totschlag davon kommt. In der xy-Doku hält plötzlich ein Ermittler eine Kleberollen in der Hand. 15 Meter dieses Bandes hatte der Täter um den Kopf des achtjährigen Mädchen gewickelt. Die Erkenntnis: Bei einer solchen Länge ist es gar nicht möglich, die Nase des Kindes frei zu halten. 29 Mal muss der Kopf umwickelt werden. Am 19. November 2018 wird Kornacher wegen Mordes, eines versuchten Sexualdelikts und Besitz von Kinderpornografie verurteilt. Johannas Vater bekommt das nicht mehr mit: Er war zwei Jahre zuvor gestorben. Die Doku ist detailliert ohne reißerisch zu sein. Sie zeigt wie mühsam Polizeiarbeit ist.
Der "Aktenzeichen XY...Gelöst": True-Crime-Reihe widmet sich dem Mordfall Johanna wird veröffentlicht von BUNTE.de.