Es sollte ein Wintermärchen in der Wüste werden und wohl auch unter diesen Vorzeichen hatte die deutsche Nationalmannschaft zugestimmt, die WM in Katar im Rahmen der Doku-Reihe "All or Nothing" von Amazon Prime Video dokumentieren zu lassen. Dann kam das ärgerliche Vorrunden-Aus und der Rest ist aufgezeichnete Geschichte.

Am 8. September ist die Doku nun bei Amazon Prime erschienen und schon die im Vorfeld veröffentlichten Szenen gab einen Vorgeschmack darauf, dass es kein DFB-Wohlfühlfilm wie "Die Mannschaft" zum WM-Sieg vor fast zehn Jahren werden würde. Schon im Trailer waren einige Streitszenen zu sehen und das wäre sicher alles zu verkraften, wenn die Nationalmannschaft nicht seit der WM 2022 weiter im Trubel wäre.

Austragungsort Katar trübte die Vorfreude

Vorrunden-Aus 2018, Achtelfinal-Aus bei der EM 2021, Trainerwechsel. Aber nach den ersten Testspielen startete Hansi Flick eigentlich mit guten Vorzeichen in die Katar-WM. Schnell wird in der Doku-Serie klar, dass alles ganz anders kommen wird. Der Streit um die "One Love"-Binde ist auch hier ein Thema, das viel Platz einnimmt, aber die Dokumentation legt den Fokus gleichzeitig auf andere Probleme.

Besonders ein Zitat von Oliver Bierhoff legt nahe, worum es einigen Spielern und ihm geht: "Es tut den Spielern auch weh, wenn schlecht über sie geredet wird", sagt Bierhoff. Joshua Kimmich fragt, ob "das in anderen Ländern auch so ist, dass man seine eigene Mannschaft nicht unterstützt." Auch die Freude auf das Turnier habe er vermisst.

Harte Worte, denn ein Teil der deutschen Öffentlichkeit hat sich die WM in Katar auf jeden Fall angesehen und Fans gab es auch. Kimmich hat in der Hinsicht recht, dass der Austragungsort und die damit verbundenen Probleme, wie Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe und tote Arbeiter bei der Errichtung der klimatisierten Stadien, die Vorfreude stark getrübt haben. Es gab reihenweise Kritik – auch daran, dass Deutschland überhaupt teilnimmt.

Teaminterne Spannungen beim DFB

Streitszenen, wie sie im Vorfeld zu sehen waren, sind in einer solchen Mannschaft sicherlich nichts Ungewöhnliches, schon gar nicht bei Profis, die unter einem enormen Druck stehen. Kimmich gerät im Training mit Niklas Süle aneinander: "Wie redest du mit mir auf dem Platz? Du beleidigst mich. Ich sag dir was ganz Normales, was Inhaltliches", ärgert sich Kimmich. "Laber mich nicht voll, ich sage es dir", ruft Süle lautstark. Auch Flick und das Team schienen nicht wirklich zu harmonieren. "Was braucht man für einen guten Auftritt?" fragt er die Profis und nach kurzer Stille folgt leise "Begeisterung".

Die fehlte offensichtlich und diese Szene spielt sich vor dem ersten Spiel ab. Man könnte aus der Dokumentation lernen oder sie einfach als Zeitzeuge dieses wenig erfolgreichen Turniers sehen. Abgesehen vom 2:0-Sieg gegen Peru im März 2023 verlor die Mannschaft danach leider noch dreimal und spielte einmal Unentschieden gegen die Ukraine.

Die Dokumentation zeigt daher viel mehr, was damals schiefgelaufen ist und wo die Probleme vielleicht heute noch liegen. Am 9. September, also nur einen Tag nach der Veröffentlichung, findet ein Freundschaftsspiel gegen Japan statt. In der WM-Vorrunde gab es damals eine 0:2-Niederlage. Was braucht es nochmal für einen guten Auftritt? Achja! Mal sehen, ob Flick und die Mannschaft das Ruder herumreißen können.

"All or nothing: Die Nationalmannschaft in Katar" ist bei Amazon Prime Video abrufbar