Der Tod gehört zum Leben dazu. Die Trauer ebenso. Doch wie soll man um jemanden trauern, der einfach verschwindet – spurlos, ohne Erklärung. Mit dieser Frage beschäftigt sich das von Kritikern gefeierte, in seiner Emotionalität beispiellose TV-Drama "The Leftovers" (zu deutsch: "Die Hinterbliebenen"). Doch dabei wartet das Serien-Meisterwerk des Autoren Damon Lindelof mit einem radikalen Twist auf: Hier trauert die ganze Welt gleichzeitig.
Denn von einer Sekunde auf die andere sind unerklärlicherweise zwei Prozent der Weltbevölkerung verschwunden. Kaum jemand hat nicht zumindest einen geliebten Menschen durch das Ereignis verloren. Wie reagiert die Menschheit auf diese mysteriöse Katastrophe? Serienfans, die sich noch nicht an "The Leftovers" herangewagt haben, sollten das unbedingt mal tun und haben gerade eine neue Chance bekommen: Alle 3 Staffeln sind bei RTL+ im Abo verfügbar.
Eine Studie der Trauer: "The Leftovers" ist erschütternd-genial
Feel-Good-TV sieht anders aus: Drei Jahre nach dem unerklärlichen Verschwinden von 140 Millionen Menschen weltweit ist die Gesellschaft in den USA gespalten. Neue extremistisch-religiöse Sekten haben sich formiert, die das Desaster auf Gott zurückführen und es als Strafe des Allmächtigen begreifen. Andere Gruppen sind gar gewalttätig gegen all die, die mit der verstörenden Situation endlich abschließen wollen. Der Pfarrer Matt Jamison (Christopher Eccleston) verteilt sogar Flugblätter, in denen er die Sünden der Verschwundenen aufführt. Seine Botschaft: Gott habe den "Abschaum" der Gesellschaft ausgelöscht.
Inmitten dieses gefährlichen Chaos versucht der unter Depressionen leidende Polizist Kevin Eugene Garvey Jr. (Justin Theroux), sich so weit wie möglich vom Rest der Welt abzukapseln und am liebsten Zeit mit seiner Tochter Jill (Margaret Qualley) zu verbringen. Seine Frau Laurie (Amy Brenneman) hat sich nach manischen Phasen mittlerweile einer der Sekten angeschlossen, das Verhältnis ist zerrüttet. Doch dann beginnen bei Garvey Jr. seltsame Blackouts und sehr lebendige Träume. Er hat Visionen von völlig Fremden, halluziniert sogar im Wach-Zustand. Anzeichen einer psychischen Erkrankung oder steckt doch mehr dahinter?
Hässlich, unbequem, (an)spannend: Nichts für zarte Gemüter!
Von wenigen Momenten abgesehen ist "The Leftovers" keine per se brutale Serie, und doch schlägt sie auf den Magen: Selten wurde der psychische Schmerz von Menschen, die alle auf ihre eigene Weise trauern und leiden, so exzellent dargestellt, so wahrhaftig eingefangen wie hier. Obwohl ein großes Mysterium die Serie einläutet und mit Damon Lindelof einer der Autoren von "Lost" sich für alles verantwortlich zeichnet, ist "The Leftovers" keine Mysteryserie. Es geht nicht darum, herauszufinden, wohin die Menschen einst verschwunden sind. Es geht darum, zu zeigen, wie fragil der menschliche Verstand ist, wie mit genug Traumata beladen selbst die stabilsten Seelen irgendwann zerbrechen – und um die Frage: Wenn alles in einem abgestorben ist, was wird aus der eigenen Menschlichkeit?
Diese Serie guckt man nicht entspannt auf dem Sofa, und wer selbst unter trauriger und deprimierter Stimmung leidet, sollte sich von "The Leftovers" fernhalten. Doch alle berechtigten Triggerwarnungen mal zur Seite gestellt: Es handelt sich hier um eine der besten Serien aller Zeiten. Um ein pessimistisches, packendes und perfekt ausgeklügeltes Sittengemälde rund um das urmenschliche Verhalten. Selten hat uns eine Serie so auf die Couch gelegt, ist mit uns ins Gericht gegangen, hat uns unbequeme Wahrheiten vorgestellt. Und all das unterstützt durch fantastische Schauspielleistungen, fesselnde Plots und mit zahlreichen Überraschungen. Um mal einen Ausblick zu geben, wie clever die Serie mit unseren Erwartungen spielt, ein kleiner Spoiler: Die zweite Staffel hat zu Beginn gar nichts mehr mit dem Plot aus Staffel 1 zu tun, sondern zeigt das Leben von Erika Murphy (Regina King) und ihrer Familie in der Kleinstadt Miracle – dem einzigen Ort auf der Welt, in dem beim mysteriösen Ereignis kein einziger Anwohner verschwunden ist.
Erst später führt die Serie diesen ganz neuen, fast surreal-fröhlichen Plot mit der Welt von Garvey Jr. und seiner neuen Freundin Nora (besonders sensationell: Carrie Coon) zusammen – aber wie, soll jetzt noch nicht verraten werden. Wer es wissen will, kann alle 3 Staffeln und damit alle insgesamt 28 Episoden von "The Leftovers" im Abo bei RTL+ ansehen.