Im Streaming-Bereich sind auch in Serien längst Sachen möglich, die im normalen TV noch undenkbar schienen – vor allem hinsichtlich Nacktheit. Doch zumindest eine inoffizielle Grenze besteht weiterhin: Frontale Nackedei-Aufnahmen bleiben normalerweise Drama-Serien vorbehalten, wie "Game of Thrones" oder zuletzt besonders exzessiv "Euphoria". Im neuen Geheimtipp "Minx", den es ab jetzt bei RTL+ im Angebot gibt, ist das anders: Die Comedy-Serie erzählt nämlich von Frauen, die in den 70er Jahren ein eigenes Schmuddelheft auf den Markt bringen.

Porno-Heft plus Feminismus: Der schrille Plot von "Minx"

Los Angeles in den frühen 1970ern: Die Feministin Joyce Prigger (Ophelia Lovebond) träumt von ihrem eigenen Magazin. "The Matriarchy Awakens" (zu deutsch: "Das Matriarchat erwacht") soll es heißen und seriös Themen wie Abtreibung, Gender Pay Gap oder Gewalt in der Ehe behandeln. Doch kein einziger männlicher Verleger will ihr Heft auf den Markt bringen. Da gerät sie an Doug Renetti (Jake Johnson). Er ist der Herausgeber zweifelhafter Softpornoheftchen – und an ihrer Idee interessiert.

Jetzt muss Joyce, will sie ihr Magazin bekommen, aus der Not eine Tugend machen und das Konzept anpassen: Sie wird zur Chefredakteurin des ersten feministischen Erotikmagazins für Frauen. Auf dem Cover wirbt sie mit nackten Typen, und für jeden feministischen Essay auf den hinteren Seiten muss weiter vorne eine Montage aus erotischen Männer-Fotografien eingebaut werden. Das Heft nennen sie "Minx" – übersetzt ins Deutsche etwa "Luder".

Sympathisch, bunt und offen: "Minx" ist tolle, freizügige Comedy

Comedy-Serien über Frauen, die sich in Männerdomänen durchsetzen, sind im Trend: "Glow" zeigte Frauen-Wrestling in den 80ern, "The Marvelous Mrs. Maisel" eine Stand-Up-Komikerin in den 50er Jahren. "Minx" geht noch einen Schritt weiter – und lässt Frauen die Sex-Industrie erobern. Dieser Ansatz überzeugt durch die sympathisch-bunten Figuren, seien es nun die liebevollen Scharmützel zwischen Joyce und Doug, der queere Fotograf Richie (Oscar Montoya) oder die leicht naive Bambi (Jessica Lowe), die das Zeug zum Publikumsliebling hat.

Dafür brechen die Serien-Macher auch Rekorde und Tabus: Nie zuvor gab es in einer Comedy-Serie so viele nackte Männer zu sehen, nie zuvor wurde in den USA Comedy und Sex so selbstverständlich verknüpft. Geht es sonst in Unterhaltungsprodukten um Pornos, dann in schwerfälliger Dramaform, wie im überragenden Seriendrama "The Deuce". "Minx" ist anders, wilder und vor allem unerhört charmant. Der Humor erinnert dabei besonders an "Fleabag" – derbe, versaut, aber immer mit feministischem Unterton wird hier über Frauen, Männer, Nacktheit und (Sensations-)Geilheit gescherzt.

Toll für Serienfans, dass RTL+ das skurrile Highlight nach Deutschland geholt hat. Und noch schöner, dass eine zweite Staffel schon sehr bald folgen wird. Diese Serie ist nicht nur ein Höhepunkt, sie ist auch voll von ihnen.