Es ist eine Binsenweisheit, aber die Faszination für Kaiserin Elisabeth ist ungebrochen. Die "Sissi"-Filme aus den 1950ern sind Feiertagsdauerbrenner. Erst vor knapp einem Jahr hatte bei RTL+ die neue Serie "Sisi" ebenfalls für Aufsehen gesorgt. Jetzt versucht sich eine deutsche Miniserie namens "Die Kaiserin" bei Netflix daran, von Sissi und ihrem Franz zu erzählen und schwimmt dabei in politisch hochaktuellen Fahrwassern.
Mit "Die Kaiserin" hat Netflix seine eigene "Sissi"
Im Mittelpunkt steht natürlich die rebellische Elisabeth (Devrim Lingnau), die von ihrer Mutter, Herzogin Ludovika (Jördis Triebel), am liebsten längst verheiratet worden wäre. Elisabeths ältere Schwester Helene (Elisa Schlott) ist bereits Kaiser Franz Joseph I. (Philip Froissant) versprochen, doch der hat ein Auge auf Elisabeth geworfen – und sie auf ihn. Dieser Teil der Geschichte dürfte den meisten Zuschauern bekannt sein. Doch es geht hier nicht nur um die Romanze des höfischen Traumpaars.
"Die Kaiserin" geht mehr als andere Adaptionen auf die damaligen politischen Bewegungen in Österreich ein und orientiert sich dabei offensichtlich an "The Crown". Kaiser Franz steht durch Freiheitsaktivisten unter Druck, das Volk leidet Armut und Hunger, rebelliert gegen die Habsburger-Monarchie – und wird in Teilen dafür hingerichtet. Zugleich muss Sissis Mann mit aller Kraft verhindern, dass Österreich in einen Krieg mit Russland verwickelt wird. Dieses Raushalten führt jedoch auch zu Konflikten mit Österreichs Bündnispartner Frankreich …
Frischer Wind, aber am Ende fehlt "Die Kaiserin" der Mut
Diese politische Interpretation und der zeitweilige Fokus auf den damaligen Krimkrieg tut der Serie gut. Einerseits bekommen eingefleischte "Sissi"-Fans hier neue Facetten ihrer Lieblingsfiguren zu sehen, andererseits hat das Thema derzeit eine erschreckende Aktualität. Frisch wirkt an "Die Kaiserin" auch die Besetzung: Philip Froissant zeigt großes Talent in sowohl romantischen als auch politischen Szenen und Elisabeth-Darstellerin Devrim Lingnau mag keine neue Romy Schneider sein, sieht dem historischen Original aber erstaunlich ähnlich, hat eine rührende Chemie mit Froissant und trägt die obligatorische wallende Schleppe mit bezaubernder Anmut.
Der Anspruch, den "Sissi"-Stoff einem "The Crown"-Publikum schmackhaft zu machen, ist spürbar. Dennoch ist "Die Kaiserin" nicht restlos geglückt. Vor allem in den ersten Folgen steht die klassische Romanze gänzlich im Vordergrund, ohne, dass dabei je der Charme der alten Filme oder gar der moderne Witz von Serien wie "Bridgerton" erreicht wird. Man könnte den Eindruck bekommen, "Sissi" auf Autopilot zu sehen. Es fehlt an Mut, auch den klassischen Teilen der Geschichte eine Frischzellenkur zu verpassen. Keine Frage: Fans schmachten auch ein erneutes Mal gerne mit dem Herrscherpaar, und doch fühlen sich diese sechs Episoden länger an als nötig wäre.
"Die Kaiserin" ist seit dem 29. September 2022 komplett bei Netflix verfügbar.