Einige Serien werden so gefeiert und in so hohen Ehren gehalten, dass man sie einfach gesehen haben muss, wenn man sich Serienfan nennt. Dazu zählenzum Beispiel das Mafia-Epos "Die Sopranos", die komplexe Milieustudie "The Wire" oder – natürlich – der Serien-Blockbuster schlechthin, "Game of Thrones". Hierzulande etwas weniger bekannt, aber mindestens genauso häufig ganz oben in Bestenlisten zu finden, ist eine Politserie aus Dänemark: "Borgen – Gefährliche Seilschaften".

Von 2010 bis 2013 begeisterte "Borgen" drei Staffeln lang mit großartigen Figuren, intelligenten Dialogen und spannenden Handlungen. Und jetzt geht die Reise weiter: Seit dem 2. Juni 2022 gibt es eine brandneue vierte Staffel, die gemeinsam mit ihren Vorgängern bei Netflix verfügbar ist, dafür unter neuem Zusatztitel: "Borgen – Macht und Ruhm". Für Serienfans ist das Pflichtprogramm!

Politische Kämpfe: Dänisches Serienmeisterwerk "Borgen"

Der Begriff "Borgen" ist in Dänemark die umgangssprachliche Bezeichnung für den Sitz des dänischen Parlaments, Schloss Christiansborg. Die Serie handelt von Birgitte Nyborg, eine Politikerin einer fiktiven dänischen Partei. Zu Beginn der Serie gewinnt sie überraschend die Parlamentswahlen und wird unerwartet die erste dänische Premierministerin der Geschichte. Nun muss sie dem schwierigen Amt gerecht werden: Koalitionsverhandlungen werden mit äußerster Härte geführt. Nyborg prescht ihr wichtige Themen wie Frauenquoten und Entwicklungshilfen an. Gleichzeitig muss sie mehrere Intrigen gegen sich abwehren und dabei auch in Teilen ihre freundlichen und warmherzigen Züge abstreifen.

Ein Privatleben hätte sie aber auch gerne: Bei all den politischen Ränkespielen bleibt eben wenig Zeit für gemeinsame Ausflüge, Einkäufe oder die Erziehung der eigenen Tochter. Eine erfolgreiche Ehe lässt sich so schwer führen. Im Verlauf der Staffeln muss Nyborg um die Treue ihrer Minister kämpfen, unterstützt eine gewaltige Gesundheitsreform, leidet mit ihrer psychisch erkrankten Tochter, zieht sich in die Privatwirtschaft zurück und erkrankt an Brustkrebs. In der jetzt neu erschienen vierten Staffel ist sie nur noch Außenministerin von Dänemark und kämpft – wie eh und je – an zwei Fronten. Einmal an der politischen: Öl-Funde in der Arktis könnten zur Unabhängigkeit Grönlands führen. Und einmal an der privaten: Die Menopause hat Nyborg erreicht, ihre Haare werden grau, ein Liebesleben hat sie nicht.

Besser als "House of Cards": "Borgen" muss man gesehen haben

Als "Borgen" einst startete, war Barack Obama noch US-Präsident. Das Wort "Corona" kannte niemand. Netflix und Streaming allgemein steckten in den Kinderschuhen. Umso schöner also, dass der Anbieter "Borgen" zurückgeholt hat. Keine Serie verstand es je so gut, politische Geschichten so spannend und klug zu erzählen. Die vierte Staffel steht den vorherigen in nichts nach: "Borgen" ist faszinierend, weil es ihr gelingt, die komplexen Mechanismen der Weltpolitik so runterzubrechen, dass wirklich jeder sie verstehen kann – und gleichzeitig werden die Themen nicht verdummt oder mundgerecht vereinfacht. Dank sehr böser, teils tiefschwarzer Dialoggefechte ist das zudem unfassbar spannend.

"Borgen" ist einer der Serienglücksfälle, bei denen man sich nicht nur bestens unterhalten fühlt, sondern sich auch durchs Schauen weiterbildet. Über politische oder journalistische Rhetorik, über Genderfragen, über Medienpädagogik. Getragen wird "Borgen" aber fraglos durch die fantastische Sidse Babett Knudsen, die als Hauptdarstellerin eine der facettenreichsten Figuren der letzten 20 Jahre spielt. Wie sie eine Idealistin verkörpert, die nach und nach ihre guten Absichten vergessen muss, um im politischen Leben zu bestehen, ist sagenhaft. Da können "House of Cards" oder gar "West Wing" noch etwas von lernen.

Jahrelang war "Borgen" in Serien-Bestenlisten ein Dauerbrenner. Schon jetzt lässt sich prognostizieren: In Bestenlisten für 2022 dürfte Netflix sich mit "Borgen – Macht und Ruhm"  ebenso wiederfinden.