Vor allem für das ZDF geht der 13.06.2017 als schwarzer Tag in die Fußballlizenzgeschichte ein. Seit 2012 zeigten die Mainzer ununterbrochen ein Champions League-Spiel am Mittwochabend. Die exklusiven Free-TV-Rechte bescherten dem öffentlich-rechtlichen Sender regelmäßige Quotenhits. Das ist ab der Saison 2018/19 Geschichte. Für geschätzte 200 Millionen Euro pro Saison haben sich Sky und DAZN die Rechte zur Übertragung der Champions League untereinander aufgeteilt. Der milliardenschwere Pay-TV-Riese (1,8 Mrd. Euro Umsatz) und der aufstrebende Streamingdienst der britischen Perform Group (240 Millionen Euro Umsatz) feiern sich als Sieger über das Free-TV im Allgemeinen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Speziellen.

Adieu "Alle Spiele, alle Tore"

Doch für die Zuschauer bedeutet das in erster Linie: Komplikationen. Nicht nur, dass Fußballfans künftig definitiv keine Live-Spiele mehr kostenlos zu sehen bekommen, auch wo und wann welche Spiele gezeigt werden, ist noch völlig unklar. Sky und die Perform Group hüllen sich bei der Frage nach der Übertragungsaufteilung in Schweigen. Akrobatisch heißt es da seitens Sky: "Rechtzeitig vor Beginn der neuen Rechteperiode" werde man "alle weiteren Einzelheiten" zur getroffenen Vereinbarung mitteilen. Man wolle sich an die Vereinbarung mit der Perform Group halten und Details erst im Sommer nennen.

Für den gewöhnlich gut informierten Sportblog "Alles außer Sport" eine zu lange Wartezeit. Dieser berichtet jetzt über angebliche Details des Deals zwischen Sky und Perform, die darauf schließen lassen, dass es bei den Fußballübertragungen zu zuschauerunfreundlichen Zerstückelungen kommt. So zeige Sky künftig alle Konferenzen sowie 34 Einzelspiele, während DAZN zwar 104 Partien übertragen dürfe, allerdings ohne die Möglichkeit, eine Konferenz zu zeigen.

Doch jetzt wird es kompliziert: Laut "Alles außer Sport" dürfe Sky in seinen Konferenzen von keinem Team mehr als 30 Minuten zeigen, womit eine rein deutsche Konferenz ausfiele und mindestens eine weitere Partie in die Konferenzschaltung aufgenommen werden müsste. Und um es den Zuschauer nicht zu leicht zu machen, verkompliziert sich der Übertragungs-Hickhack im Hinblick auf die Auswahl der Spiele. So soll Sky während der Gruppenphase mittwochs stets einen sogenannten "First Pick" haben, DAZN hat im Gegenzug dienstags immerhin drei Mal das Erstwahlrecht. In den Achtel- und Viertelfinals dürfe DAZN alle Hinspiele einzeln zeigen, während Sky die Konferenz laufen lässt. Bei den Rückspielen scheint sich Sky laut Bericht vier Einzelspiele gesichert zu haben. Bedeutet für die Spielübertragung der deutschen Teams: wenn es in die entscheidende Phase geht, könnte Sky Partien auch einzeln zeigen. Bei den Halbfinals und dem Endspiel bleibt es vergleichsweise verständlich: Sky als auch DAZN zeigen die Spiele parallel.

Ist das Free-TV doch nicht ganz raus?

Dass DAZN sich hintenanstellen muss, war klar: "Nur" geschätzte 30 bis 50 Millionen Euro im Jahr machen den Streamingdienst zum Sublizenznehmer oder um im Fußballsprech zu bleiben, zum Ergänzungsspieler. Aber da es für Sky alleine zu teuer geworden wäre, zeigt dieser Deal vor allem eins: dem Pay-TV-Riesen war es immens wichtig, die Champions League aus dem Free-TV heraus zu bekommen. Nun darf kräftig spekuliert werden, ob Sky damit rechnet, dass die meisten Leute unter "Pay-TV" nur "SKY" verstehen und mit "DAZN" nichts anfangen können und der damit einhergehende Zuschauerverlust zu DAZN überschaubar bleibt.

Der vermeintliche Sieger des Bezahlfernsehens würde Sky heißen, während DAZN Ostschlager wie FK Astana gegen APOEL Nikosia zeigen darf. Doch um wirklich Zuschauerzuwächse zu verzeichnen, wird Sky auch sein Free-TV-Engagement via "Sky Sport News HD" ausweiten müssen. Eine naheliegende Möglichkeit könnte es sein, Vor- und Nachberichterstattungen der Champions League-Spiele frei empfangbar zu machen, während der 90-Minuten-Netto-Fußball dazwischen nur gegen bares Geld über die Bildschirme flimmert.

Die "Wirtschaftswoche" berichtet jedenfalls, dass Sky durchaus auch einige Spiele im Free-TV zeigen könnte. "Wir können uns sehr gut vorstellen, dass wir auf Sky Sport News einzelne Spiele der Champions League zeigen werden", zitiert das Magazin aus Unternehmenskreisen. Erfahrungen damit hat Sky bereits gesammelt: Auf dem Nachrichtensender liefen schon die Partien FC Bayern München gegen Mainz 05 zum Start der Rückrunde 2017 und die Partie Borussia Dortmund gegen Hamburger SV in der englischen Woche. Ein Finale mit deutscher Beteiligung müsste laut Rundfunkstaatsvertrag ohnehin im Free-TV zu sehen sein. Wenn es für "die Deutschen" gut läuft, geht der Ottonormal-Zuschauer also doch nicht ganz leer aus.

Autor: Steven Sowa