Es ist eine Schande, wie deutsche Serien regelmäßig junge Erwachsene und Jugendliche ignorieren. Wo der US-Markt mit modernen Klassikern wie "Euphoria" und "Master of None" perfekt das Lebensgefühl einer Generation einfängt, changieren richtig gute Serien hierzulande zwischen Krimi und Drama, allerdings ohne junge Erwachsene ernsthaft zu porträtieren. "Damaged Goods", ab dem 11. Juli auf Amazon Prime verfügbar, kommt, um das zu ändern oder hat zumindest diesen Anspruch – und das als Comedyserie. Geht das gut? 

Spielt Sophie Passmann sich selbst? Nein!

Fünf Freunde, die in München an der Schwelle zwischen Studium und Berufstätigkeit sind (einige sind schon über die Hürde), versuchen sich gegenseitig bei ebendiesen Problemen zu helfen. Im Mittelpunkt steht Nola (Autorin Sophie Passmann), die ihr Psychologiestudium nicht schafft und daraufhin einen Podcast startet, indem sie als "Die Küchenpsychologin" nicht nur Weisheiten, sondern auch anonym fröhlich die Geheimnisse ihrer vier Freunde ausplaudert. Die Serie beginnt damit, dass die Freunde genau diesen Umstand wütend herausfinden, die acht Folgen begleiten den Weg zu dieser Enthüllung.

Nolas Weggefährten sind Mads (Tim Oliver Schultz) als zielloser Womanizer, Hennie (Leonie Brill) als zielstrebige, aber leicht spießige beste Freundin, Tia (Zeynep Bozbay) die erfolglose Künstlerin und Hugo (Antonije Stankovic), der als schwuler Mann seine Identität auf dem Dating-Schlachtfeld sucht. Die Freunde sind das Beste an "Damaged Goods". Egal, ob mit allen am Esstisch oder in Zweiergruppen – das Gefühl, dass man unter Freunden sitzt, bleibt nie aus. Das gemeinsame Meistern von Schwierigkeiten in Berufsleben, Sex und Zukunftsplanung funktioniert so gut, dass man sich schnell ertappt fühlt, wenn etwas das eigene Leben berührt.

Es ist Passmanns erste Rolle und wer schon einmal auf einer Lesung war oder ihre Bücher kennt, kommt nicht umhin sich zu fragen, ob sie sich da eigentlich gerade selbst spielt. In ihrem Buch "Komplett Gänsehaut" hatte sie ebenfalls teilfiktiv Geschichten von sich und ihren Freunden runtergeschrieben. Was für eine grandiose Idee, denn Passmanns atemberaubendes Gespür für Timing und Witz bringt sie mit Nola messerscharf rüber. Die Mimik, die in Blitzgeschwindigkeit Meta-Kommentare zu ihren eigenen oder den Handlungen ihrer Freunde abgibt, wünscht man sich an eigenen Abenden mit Riesling und Nachos bei Freunden. Trotzdem ist Nola nicht Passmanns Alter Ego.

Aber es ist nicht nur Passmann, die die Serie trägt: Vor allem Brill und Schultz kriegen viel Screentime und ihre Figuren haben die interessanteste Entwicklung über die acht Folgen. Außerdem ist es angenehm, München mal ohne Schickeria und Mord zu sehen, auch wenn die Stadt selbst eher Kulisse für die Serie ist. 

Authentische und ehrliche Dialoge

Am besten ist "Damaged Goods" in seinen leichten Momenten. Wie ungezwungen die Serie Sex verhandelt, ist sehenswert und das nicht, indem alle Freunde super versiert damit sind. Krankheiten, sexuelle Identität und Unsicherheiten spielen eine Rolle, aber sind nie bloßer Gag oder Plotantrieb. Überhaupt ist die Entspanntheit von "Damaged Goods" ihr größtes Gut und eine Farbe, die der deutschen Streaming-Landschaft bisher gefehlt hat. Manches Mal sitzt das Timing von einigen Slapstick-Einlagen und etwas zu schlauen Phrasen nicht so richtig, aber wer will schon perfekt sein?

Hier kommt ihr zur Serie bei Amazon Prime.

Ein anderes Problem ist, dass die Figuren manchmal etwas anstrengend sind. Die Anglizismen und Weisheiten nehmen zeitweise überhand, aber wer sich darüber groß beschwert, hat die Serie nicht verstanden. "Damaged Goods" entschuldigt Millennials nicht, sie geht ehrlich mit ihnen ins Gericht, die Dialoge sind authentisch (ich bin 33, vertraut mir) und nerven, weil diese Generation nun einmal ein bisschen so ist. Der Trick von "Damaged Goods" ist, dass die Ironie und Postironie von Nola, Hennie und Co. keine Maskerade ist, sondern so, wie wir tatsächlich sind. Endlich eine Serie, die Millennials ernst nimmt!