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"Alice in Borderland"

Schon durch mit "Squid Game"? Geheimtipp bei Netflix ist die perfekte Horror-Alternative

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Eine Netflix-Perle, die im Schatten von "Squid Game" steht: "Alice in Borderland" ist ein Serien-Meisterwerk. Netflix, Montage: TVSPIELFILM.de

Meinung | "Squid Game" ist der Überraschungshit des Jahres bei Netflix. Wer die perfide Horrorserie aus Südkorea schon durch hat und sich nach "mehr" sehnt, wird ebenfalls beim Streamingdienst fündig – mit einem Geheimtipp der ganz besonderen Art.

Inhalt
  1. 1. Die Tribute von Japan: Der Plot von "Alice in Borderland"
  2. 2. Ein Seelenstriptease der japanischen Gesellschaft
  3. 3. Borderland: Das etwas andere Wunderland
  4. 4. Fortsetzung folgt! Nur wann?

Manchmal gelingen Netflix große Erfolge mit Serien, die vor ihrem Start niemand so recht auf dem Zettel hatte: "Das Damengambit" war 2020 ein Megahit, der praktisch aus dem Nichts kam. 2021 konnte der südkoreanische Horror-Thriller "Squid Game" diesen Erfolg wiederholen. Die Serie handelt von hochverschuldeten Kandidaten einer Gameshow, bei denen sie klassische Kinderspiele (wie z.B. Tauziehen) bewältigen müssen – versagen sie allerdings, scheiden sie nicht einfach aus, sondern werden brutal hingerichtet.

Doch nicht jede Serie kann so ein Überraschungserfolg wie "Squid Game" werden. Manche Perle geht in der Menge an neuen Filmen und Serien sogar richtig unter. So ist es auch einer Horror-Serie passiert, die starke Parallelen zu "Squid Game" hat – und sogar noch viel besser ist. Horror-Fans sollten hier unbedingt einen Blick riskieren. Die Rede ist von "Alice in Borderland" – und ja, diese Serie ist genauso ausgeflippt und durchgeknallt, wie ihr Titel bereits verspricht.

Die Tribute von Japan: Der Plot von "Alice in Borderland"

Foto: Netflix, Kento Yamazaki spielt Arisu in "Alice in Borderland".

Der arbeitslose junge Videospiel-Zocker Arisu ist die Hauptfigur von "Alice in Borderland". Er lebt müde in den Tag hinein und am allerliebsten legen er und seine Freunde, der IT-Spezialist Chota und der Frauenheld Karube sich in dümmlichen Streichen mit der Polizei von Tokio an. Nachdem sie sich wieder einmal auf der Flucht in einem öffentlichen WC versteckt haben, trauen sie ihren Augen nicht: Die riesige Metropole ist plötzlich wie ausgestorben. Keine Menschenseele ist mehr zu sehen.

Schnell weisen ihnen die Neonlichter der Stadt den Weg: Überall in Tokio wurden tödliche Spiele und Herausforderungen vorbereitet, die von den drei Männern absolviert werden müssen. Eine Verweigerung der Teilnahme führt umgehend zu einem gewaltsamen Tod. Während der Spiele trifft Arisu die schöne und geheimnisvolle Usagi, die sich schon seit langer Zeit durch die Wettkämpfe im "Borderland" kämpft, wie die Teilnehmer das leergefegte Tokio nennen. Während die Spieler durchgehend ihr Leben riskieren, stellen sie heimlich Nachforschungen an: Was ist hier passiert? Welchen Zweck haben die Spiele? Und wer steckt hinter dem Borderland?

Der Trailer zur ersten Staffel "Alice in Borderland". Netflix

Ein Seelenstriptease der japanischen Gesellschaft

Foto: Netflix, Die Gefahr lauert im Borderland überall.

Das Konzept erinnert an Jugendstoffe wie "Maze Runner" oder natürlich besonders an "Die Tribute von Panem – The Hunger Games", ist aber sehr viel psychologischer. Es basiert auf einem populären Manga von Haro Aso, daher ist die Serie stark mit der Kultur Japans verknüpft. Man kann den bizarren Horror-Trip gar als moderne Sozialkritik verstehen: "Alice in Borderland" ist die zugespitzte Version einer Gesellschaft, die Aufopferungsbereitschaft und Leistungsdruck zu ihren Idealen erklärt hat, während Individualismus und geistige Gesundheit nur als Störfaktoren gesehen werden.

Gleich die ersten Folgen rauben den Zuschauern den Atem. Die tödlichen Aufgaben, die Arisu und seine Kumpanen beschreiten müssen, haben es in sich – und wer versagt, stirbt. Dabei ist "Alice in Borderland" enorm blutig und explizit, weshalb jeder mit schwächerem Magen die insgesamt acht Folgen der ersten Staffel mit Vorsicht genießen sollte. Die Wettkämpfe sind hervorragend inszeniert und erreichen Hollywood-Niveau, richtig stark sind aber auch die Szenen abseits der Herausforderungen: Die unterschiedlichen Figuren kämpfen nicht nur mit ihrer Situation, sondern auch mit ihren seelischen Problemen aus der "alten Welt": Depressionen und das Hadern mit der eigenen Transsexualität sind bestimmende Themen, die "Alice in Borderland" hochaktuell werden lassen.

Borderland: Das etwas andere Wunderland

Foto: Netflix, Usagi (Tao Tsuchiya, l.) und Arisu wollen mehr über das Borderland erfahren.

Der Titel weckt Assoziationen zu "Alice im Wunderland", dem Kinderbuch-Klassiker von Lewis Carroll. Und die Serie spielt fortwährend an diesen an: Der Name Arisu wird im japanischen wie "Alice" ausgesprochen, der Name Usagi bedeutet übersetzt "Hase" und später tauchen Figuren wie der "Hatter" (zu deutsch: "Hutmacher") und sogar eine Herzkönigin auf. Diese Anspielungen wirken anfangs spielerisch, haben aber gleich zwei Funktionen. Einerseits deuten sie an, worum es in der Serie wirklich geht: Identität. Genau wie Alice im Wunderland erfährt auch Arisu im Borderland, wer er wirklich ist und beginnt, erwachsen zu werden und seinen Platz in einer dysfunktionalen Welt zu finden.

Andererseits sorgen sie schnell dafür, dass der Zuschauer sich fragt: Sind all diese "Anspielungen" nur Zufall oder verweisen sie auf den Drahtzieher hinter dieser Welt? In den späteren Folgen wandelt sich "Alice in Borderland" nämlich mehr und mehr zum hochspannenden Krimi, bei dem nach und nach die Hintergründe des Borderlands aufgedeckt werden. Unnötig zu erwähnen, dass auf dem Weg zur Auflösung einige verblüffende und schockierende Twists lauern. Eines muss fairerweise aber noch über "Alice in Borderland" gesagt werden: Sie endet aktuell noch offen.

Fortsetzung folgt! Nur wann?

Mit einem fiesen Cliffhanger endet die erste Staffel "Alice in Borderland". Zum Glück hat Netflix bereits Nachschub bestellt und dieser ist sogar schon in Arbeit. Aber wann startet Staffel 2? Leider gibt es bislang noch keinen Starttermin. Frühestens im Jahr 2022 wird es daher wohl mit Arisu und den anderen Überlebenden der Spiele weitergehen. Die Manga-Vorlage ist jedenfalls so umfangreich, dass die Macher locker noch mehrere weitere Jahre ihre Serie fortsetzen könnten.

Also: Einfach mal auf Netflix in diese unglaubliche, leider hierzulande untergegangene Serie reinschauen und sich von den fantastischen Bildern, der spannenden Grundidee und der wendungsreichen Geschichte fesseln lassen. Für Staffel 2 rührt Netflix hoffentlich mehr die Werbetrommel, schließlich hat der "Squid Game"-Erfolg gezeigt, dass es da draußen für "Alice in Borderland" ein großes Publikum gibt.

Foto: Netflix, Das deutsche Plakat zu "Alice in Borderland".