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"The Northman"-Star Alexander Skarsgård: "Wikinger sind keine Helden"

Alexander Skarsgård, The Northman
Bekannt wurde der schwedische Filmstar Alexander Skarsgård durch "True Blood". So brutal und körperlich aktiv wie in "The Northman" hat man ihn aber bislang noch nicht gesehen. IMAGO; Universal Pictures Germany/Focus Features, Montage: TVSPIELFILM.de

In "Legend of Tarzan" bewies sich Alexander Skarsgård bereits als muskelbepackter Actionstar. Für das Wikinger-Epos "The Northman" musste er trotzdem noch drauflegen. Uns verriet er im Interview, wie anstrengend der Dreh wirklich war.

Brutal, roh, packend und großartig: All das ist das epische Wikinger-Gemetzel "The Northman", der neue Film des gefeierten Regisseur Robert Eggers, der seit dem 21. April in den deutschen Kinos zu sehen ist. Darin wird die alte dänische Sage des Prinzen Amleth erzählt, der als kleiner Junge in die Wildnis flieht, als sein eigener Onkel Fjölnir das Königreich überfällt, den König tötet und Amleths Mutter gefangennimmt. Viele Jahre später ist er als Teil eines Stamms zum brutalen Krieger ausgebildet worden und legt drei Schwüre ab: "Ich werde dich rächen, Vater. Ich werde dich retten, Mutter. Ich werde dich töten, Fjölnir."

Für die Rolle des brutalen, unbeirrbaren Amleth hat sich der schwedische Filmstar Alexander Skarsgård mächtig ins Zeug gelegt und präsentiert sich als gestählter Berserker. Wie fordernd die Dreharbeiten waren und mit welchem seiner "Northman"-Co-Stars er gerne gleich das nächste Projekt beginnen würde, hat er TVSPIELFILM.de-Redakteur Michael Hille im Interview erzählt.

The Northman: Alexander Skarsgård im Interview

Foto: Universal Pictures Germany/Focus Features, Das internationale Poster zu "The Northman".

TVSPIELFILM.de: Zu Beginn – Herzlichen Glückwunsch zu "The Northman". Ich war von diesem brutalen Epos tief beeindruckt.

Alexander Skarsgård: Vielen Dank.

Das muss die körperlichste Rolle Ihrer Karriere sein. Wie lange mussten Sie sich auf all diese Actionszenen vorbereiten?

Fünf Monate vor dem angedachten Start der Dreharbeiten haben wir begonnen. Es wurde dann fast ein Jahr, weil wir im März 2020 anfangen wollten. Wir waren gerade in Belfast angekommen und fünf Tage, bevor die Kameras filmen sollten, kam die Pandemie nach Irland und wir mussten den Film um mehrere Monate verschieben. Während dieser Zeit, fast ein halbes Jahr, musste ich mein Fitnessprogramm dann ja auch noch aufrechterhalten.

In vielen Kampfszenen gibt es keine Schnitte. Eine virtuose Szene gleich zu Beginn wurde über fünf Minuten in nur einer Einstellung gedreht. Wie anstrengend war das für Sie?

Ich hab schon einige Rollen gespielt, die sehr fordernd waren. "Legend of Tarzan" war wirklich anstrengend zu drehen und hatte viel Action. Aber in den meisten Actionfilmen gibt es viele Schnitte, was für mich bedeutet: Ich habe Pause. Ich brauche nur kleine Momente filmen und kann mich dann auf den nächsten Schlag vorbereiten. Und wenn mal zwei Sekunden nicht so hinhauen, ist das okay, man kann es schnell wiederholen. Hier ging all das nicht. Robert Eggers, unser Regisseur, versucht ohne viele Schnitte auszukommen. Das ist extrem herausfordernd. Der Angriff auf das Dorf zu Beginn des Films ist so voll von Schauspielern, Statisten, Stuntpersonal, Pferden, es stürzen Gebäude um, mehrere Hütten fangen Feuer … Und all das muss perfekt sein, denn wenn ein Detail nicht stimmt, müssen wir die Szene wieder ganz von vorne beginnen. Die Szene haben wir glaube ich 25-mal gedreht.

Wie hält man das durch?

Es ist sehr schwierig und anspruchsvoll. Mein Charakter ist in der Szene voller Wut und ich musste diese Energie über Tage hinweg durchhalten.

Skarsgård: "Mit Nicole Kidman zu arbeiten war ein Traum, der wahr wurde"

Foto: Universal Pictures Germany/Focus Features, Nicole Kidman ist in "The Northman" als Königin Gudrún zugleich die Mutter von Amleth.

Die meisten Szenen des Films wurden in Irland gedreht, und zwar in der Natur, nicht im Studio. Gerade die Kälte und das Wetter müssen einem da doch nach einiger Zeit zu schaffen machen.

Der letzte Kampf im Film war ganz besonders herausfordernd, aus genau diesen Gründen. Ohne jetzt etwas zu spoilern, findet das Finale auf einem ausbrechenden Vulkan statt. Wir haben das im Winter gedreht, über eine Woche lang und ich war dabei nahezu komplett nackt. Es hat geschneit und Robert hat wieder einmal alles in einer sehr langen Einstellung drehen wollen. Also musste ich komplett fokussiert sein, um die gesamte Choreografie hinzubekommen. Das war enorm schwierig, körperlich und psychisch. Aber: Glücklicherweise ist meine Figur in dieser Szene sehr erschöpft und außer Atem. Daher war es nicht allzu schlimm, wenn ich mal schnauben musste.

Die Geschichte, auf der "The Northman" basiert, ist so alt, dass schon William Shakespeare sie kannte – und durch sie inspiriert sein legendäres Stück "Hamlet" schrieb.

Genau, unser Film basiert auf der Sage "Prinz Amleth" von Saxo Grammaticus – was perfekt für mich war, da ich seit meinen Jugendjahre immer einen Wikinger-Film machen wollte. Und dafür mussten wir uns eine Geschichte suchen, die groß und episch war und die Möglichkeit für viel Action bot.

Was macht diese uralte Handlung heute noch relevant und packend?

Es geht bei Grammaticus um Familie, um Drama, um Verrat und um Rache. Für mich sind das zeitlose Elemente. Die Schwierigkeit war eher, all das zusammenzupacken und es sowohl episch und rasant als auch intim und berührend werden zu lassen.

Apropos Familie: Ihre Mutter wird in diesem Film von Nicole Kidman gespielt. Eine ganz witzige Besetzung, immerhin haben sie 2017 in der gefeierten Serie "Big Little Lies" noch Mann und Frau verkörpert.

Mit Nicole zusammen "Big Little Lies" zu drehen war eine der tollsten Erfahrungen meiner Karriere. Sie ist nicht nur unermesslich talentiert, sondern auch eine wundervolle Person. Und die Beziehung, die wir in der Serie gespielt haben, war so intensiv, so roh, dass uns das verbunden und vereint hat. Jetzt wieder mit Nicole zu arbeiten war ein Traum, der wahr wurde. Es ist eine ganz andere Beziehung, aber es ist wieder sehr düster, zerbrochen. Mein Ziel wäre jetzt, beim dritten Mal mit ihr zusammen eine romantische Komödie zu drehen, damit wir auch mal eine entspanntere Beziehung vor der Kamera spielen können. (lacht)

Das würde ich gerne sehen!

"Es ist eine epische Reise" – Alexander Skarsgård über "The Northman"

Foto: Universal Pictures Germany/Focus Features, "The Northman"-Charakterposter zu Amleth (Alexander Skarsgård).

Bei seinen früheren Filmen hat Ihr Regisseur Robert Eggers im Vorfeld den Schauspielern kleine Texte oder ganze Bücher zur Vorbereitung auf ihre Rollen gegeben. Was mussten Sie lesen?

Die wichtigste Quelle meiner Inspiration war Neil Price, ein englischer Archäologe, der seit vielen Jahren Sachbücher über Wikinger schreibt. Sein neuestes Buch, "The Children of Ash and Elm", ist ein wenig unsere Bibel geworden während der Entstehung des Films. Es ist fantastisch zu lesen und ich möchte es jedem empfehlen, der sich für Wikinger und die nordische Mythologie interessiert.

Haben Sie im Vorfeld viel im Team über die Gewalt gesprochen und darüber, wie brutal der Film letztlich werden soll und darf?

Nun, es war uns wichtig, dass diese intensiven, harten Kampfszenen sich brutal und gewaltig anfühlen. So sehr, dass es fast schwierig sein kann, sie sich anzusehen. Aber das oberste Ziel war dabei, Gewalt nicht zu glorifizieren. Die Wikinger in diesem Film sind keine Helden. Sie morden, sie verhalten sich verstörend. Wir haben versucht, so nahe wie möglich an die reale Gewalt zu kommen, die in dieser Zeit gang und gäbe war.

Ich persönlich fand es ja ganz wunderbar, dass "The Northman" parallel zu seiner harten Gangart auch einen wirklich poetischen, ergreifenden Tonfall hat. Was hoffen Sie wird das Publikum mitnehmen, sobald es den Kinosaal verlässt?

Ich habe in vergangenen Interviews versucht, dieser Frage auszuweichen. Meine Vorliebe ist es, ins Kino zu gehen, ohne vorab genau zu wissen oder es von einer am Film beteiligten Person bereits vorgekaut zu bekommen, wovon der Film handelt, was er anstrebt und wie ich mich beim Anschauen fühlen soll. Ich möchte keinem Zuschauer von "The Northman" etwas vorwegnehmen. Jeder soll sich den Film ansehen und ohne Vorerwartungen die Erfahrung machen. Niemand soll im Kino sitzen und meine Stimme im Kopf haben, die sagt: "Hieran musst du dich erinnern. Hierauf musst du achten. So sollst du dich fühlen." Es ist eine epische Reise, die hoffentlich auch eine Komplexität hat, die das Publikum anspricht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Deutscher Trailer zu "The Northman". Universal Studios