Mit "I have a dream" wird er bis heute zitiert: Martin Luther King wurde zum Symbol des gewaltlosen Kampfs gegen rassistische Unterdrückung und gehört zu den meistverehrten Persönlichkeiten der Welt. 1964 erhielt er den Friedensnobelpreis, ein Jahr später organisiert er in der Stadt Selma eine Reihe von Protestmärschen, dessen erster als "Bloody Sunday" in die ­Geschichte eingeht: Brutal werden schwarze Demonstranten von weißen Polizisten mit Tränengas und Bullenpeitschen malträtiert. Die Kamera hält in "Selma" voll auf die Polizeibrutalität drauf und erinnert suggestiv daran, dass diese extreme Form des Rassismus gerade mal fünfzig Jahre her ist.

Ursprünglich sollten (weiße) Regisseure wie Stephen Frears, Paul Haggis oder Michael Mann "Selma" inszenieren. Als die hochdekorierte schwarze Regisseurin Ava DuVernay das Projekt übernahm, änderte sie vor allem das Drehbuch: "Anfangs nahm US-Präsident Lyndon B. Johnson eine prägende Rolle ein. Aber ich wollte nicht noch einen dieser ­Hollywood-typischen Filme machen, in ­denen standhafte Weiße vonnöten sind, um schwarze Rechte durchzusetzen."

Damit trifft DuVernay den Nagel auf den Kopf. Allzu oft hat Hollywood in Filmen wie "Mississippi Burning", "Im Glanz der Sonne" oder "Tränen der Sonne" dieses Klischee ­bedient. Filme wie "Malcolm X" oder "Ali" ­waren Ausnahmen. Heute hat sich dieses Bild auch im Zuge der "#OscarsSoWhite"-Debatte jedoch gewandelt. "Selma" befindet sich dabei längst in bester Gesellschaft, scheint Hollywood doch seit ein paar Jahren frühere Fehler ausgleichen zu wollen.

OscarsoBlack

2013 sorgte ein historisches Rassendrama für Jubel: "12 Years a Slave" des schwarzen ­britischen Regisseurs Steve McQueen konnte gleich drei Oscars mit nach Hause nehmen, ­einen als Bester Film! Scherzhaft meinte ­Moderatorin Ellen DeGeneres noch am ­Anfang der Veranstaltung zum Publikum: "Heute Abend gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ,12 Years a Slave‘ gewinnt Bester Film, oder ihr seid alle Rassisten."

Seit dem Erfolg des Films scheint die fil­mische Auseinandersetzung mit historischen Fällen von Rassismus, erzählt aus der Sicht der Betroffenen, so beliebt wie nie. Neben "Selma" wären weitere Porträts wie "Mandela" mit Idris Elba oder "A United Kingdom" über den ersten botswanischen Präsidenten Sir Seretse Khama zu nennen. Aber auch Filme wie "Fences" mit Denzel Washington und Viola Davis oder "Detroit" von Kathryn Bigelow erzielten Publikumserfolge, letzterer sogar mit noch drastischeren Bildern als "Selma".

Besonders pikant: 2016 verfilmte Regisseur Nate Parker die Geschichte des Sklavenanführers Nat Turner (1800-1831) unter dem Titel "Birth of a Nation". Eben jenen Titel prägte bereits 1915 der dreistündige Historienfilm von D. W. Griffith, der als der finanziell ­erfolgreichste Stummfilm gilt, zugleich aber ein übel rassistisches Pamphlet und Loblied auf den Ku-Klux-Klan war. Zwischentitel wie "Dass die Afrikaner nach Amerika gebracht wurden, pflanzte den ersten ­Samen der Entzweiung" wurden hier unverhohlen eingeblendet. Wenn Parker auf diesen Film verweist, dann mit dem Versprechen, es diesmal besser zu machen.

Star Wars: Diversität im Blockbusterkino

Die zunehmende Diversität im US-Kino bleibt nicht nur auf geschichtliche Stoffe beschränkt. Auch große etablierte Medienmarken haben längst ein Bewusstsein dafür entwickelt, dunkelhäutige Schauspieler prominent zu besetzen. War Billy Dee ­Williams als Lando Calrissian noch der einzige Schwarze in der originalen "Star Wars"-Trilogie, so nimmt John Boyega als einer der Hauptdarsteller in den neuen Teilen (u. a. "Das Erwachen der Macht", "Die letzten Jedi") eine Schlüssel­position ein.

Pionierarbeit leisten demnächst auch die Marvel-Studios im Kino. Musste sich vor vier Jahren noch Anthony Mackie in "The ­Return of the First Avenger" als schwarzer Superheld "Falcon" mit einer Nebenrolle abfinden, startet im Februar "Black ­Panther", der nicht nur einen schwarzen Super­helden (Chadwick Boseman) in den Vordergrund stellt, sondern den ganzen Cast aus Dunkelhäutigen (Michael B. Jordan, Winston Duke, Lupita Nyong'o) zusammensetzt. Regie führt Ryan Coogler (natürlich schwarz!), der seit "Creed" als einer der heißesten Regietalente Hollywoods gefeiert wird.

Martin Luther King würde diese neue Welle sicher freuen, predigte er doch stets, dass jeder aufgefordert ist, Ungerechtigkeiten anzuprangern: "Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen un­serer Freunde."