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Volker Bruch in "Einer bleibt sitzen"

Interview: Charlie Hübner

Foto: SWR/LichtblickFilm, Autopiloten
Charly Hübner als Jörg
"Ein Interview? Gern", antwortet Charly Hübners Agentin auf die Anfrage von TV SPIELFILM. Es dürfe aber nicht um seinen Bank-Werbespot gehen, der bis vor Kurzem auf allen Kanälen lief und den Satz "Das ist nicht normal für eine Bank" zum geflügelten Wort machte. Sollte sich der Schauspieler, der in seinen Rollen oft so humorvoll-kumpelhaft rüberkommt, als zickige Diva entpuppen?

Zum Glück nicht! "Den Spot habe ich vor vier Jahren gedreht. Das war in einer völlig anderen Phase meiner Karriere", erzählt der 35-Jährige freundlich und entspannt bei einem Teller Spaghetti. Wir sitzen draußen vor einem Eck-Restaurant im Hamburger Alternativ- Stadtteil Ottensen, der Wahlheimat Hübners. Gabel und Löffel wirken wie Kinderbesteck in den Händen des 1,92-Meter-Mannes.

Ab und zu linsen Tischnachbarn verstohlen zu ihm rüber. "Irgendwoher kenne ich den Typ", scheint ihr Blick zu sagen. Das erlebt Charly Hübner oft. Seit er 2003 vom Theater aufs Drehen umsattelte, hat er in 62 (!) TV- und Kinoproduktionen mitgewirkt. "Ich wollte das Handwerk richtig lernen", begründet er das enorme Pensum.

Vom Low-Budget-Streifen bis zu "Post Mortem" hat der Fan europäischer Kunstfilme alles mitgenommen. Das zahlte sich aus: Bald schätzten Regisseure nicht nur Hübners markante Physis, sondern auch sein präzises, oft leicht ironisches Spiel. Besonders liegen dem hünenhaften Mimen "kleine Leute" mit ihren Aufstiegsträumen und Abstiegsängsten. "Diese
Welt kenne ich, da komme ich her", erzählt er.

"Hinter dem Erfolg herzuhecheln, verdirbt den Spaß am Job"

Überhaupt haben ihn die DDR-Jugendjahre in der mecklenburgischen Provinz geprägt. Das Bodenständige hat er dorther. Und die reelle Sicht auf den Beruf, der Spaß bringen soll, aber eben auch den Lebensunterhalt sichern. Keine Frage, Charly Hübner ist ehrgeizig. Der unbedingte Wille gut zu sein, wurzelt in seiner Vergangenheit im Leistungssport. Den Zehnkampf hat er jedoch früh wegen eines Herzproblems aufgeben müssen.

Dabei hat sein Ehrgeiz nichts Verbissenes: "Hinter dem Erfolg herzuhecheln, verdirbt die Freude am Job", sagt er. Charly Hübner zählt zu der Sorte Mensch, die ganz selbstverständlich aus naturgegebener Kraft und entspanntem Selbstvertrauen schöpft. Das gibt ihm die Ruhe, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Wie neulich, als die russische Regie-Legende Nikita Michalkow ihm eine Rolle anbot. Er hatte Charly Hübner in "Das Leben der Anderen" gesehen.

Krabat & Co

In fünf Jahren Filmgeschäft hat er es geschafft, sich seine Rollen aussuchen zu können. Andere würden jetzt beginnen, am Image zu feilen, doch er fühlt sich zu jung, sich auf einen Typen oder ein Genre festzulegen. Gerade hat er einen Serienmörder in einem sperrigen Impro-Film von Rosa von Praunheim gespielt, davor neben Daniel Brühl in der Kinderbuchverfilmung "Krabat" (Kinostart 9.10.2008). Jetzt freut er sich darauf, mit Anke Engelke "Ladykracher" zu drehen. Und danach? "Mal gucken. Wird sich bestimmt was ergeben."

Christian Holst