Als Lisbeth Salander hat die Schwedin Noomi Rapace den internationalen Durchbruch geschafft. Seither ist die 37-Jährige zur Topadresse für Hollywood geworden und hat u. a. den neuen "Alien"-Filmen ihren Stempel aufgedrückt. "What Happened to Monday?" ist ihr bisher ambitioniertester Film, spielt sie darin doch sieben Schwestern. Wir haben mit ihr über diese ­Herausforderung gesprochen.

Sie spielen sieben Rollen in dem Film. Hat man Ihnen dann auch sieben Gagen gezahlt?
Noomi Rapace: (lacht) Schön wär's. Nein, das Einzige, was ich bekommen habe, ist eine gespaltene Persönlichkeit.

War das für Sie das herausforderndste Projekt Ihrer Karriere?
Absolut. Es war das seltsamste und schwierigste, was ich je gemacht habe. Wenn wir Szenen mit allen sieben Schwestern gedreht haben, hatte ich sechs Doubles, und ich musste ihnen zeigen, was sie zu tun haben. Ich musste jeden einzelnen Schritt planen. Und wenn ich allein in einem Raum mit Greenscreen und Tennisbällen war, hatte ich ein Hörgerät mit meinem eigenen Dialog im Ohr. Es war, als würde ich Selbstgespräche führen.

Wie teilt man sich einen Film ein, wenn man sieben Rollen spielt?
Normalerweise stürze ich mich mit vollem Elan in eine Rolle, aber hier musste ich mit meinen Kräften haushalten. Es gab Tage, an denen ich alle Schwestern gespielt habe. An anderen war ich fünf von ihnen. Es war so anstrengend, dass ich mich in meinen Raum zurückgezogen und geduscht habe, weil ich mit niemandem reden konnte. Ich habe dann Parfüm aufgetragen - jede Schwester hatte einen eigenen Duft - und die passende Playlist für die Figur aufgelegt, die ich als Nächstes spielen musste.
Gab es eine Szene, die Sie besonders gestresst hat?
In einer Szene stirbt eine der Schwestern. Und dann musste ich auf fünf verschiedene Arten auf meinen eigenen Tod reagieren. Ich bin an dem Tag ins Hotel zurückgekehrt und war nicht in der Lage, irgendwas zu tun. Ich saß wie ein Zombie dort. Meine Assis­tentin musste mich ausziehen.

Im Film werden Ihre einzelnen Rollen per Computer dann in die gleiche Szene komponiert. Konnten Sie überhaupt improvisieren?
Ich musste sehr präzise sein. Jede einzelne Aufnahme hatte perfekt zu sein. Wenn ich eine Flasche abstellen musste, dann bitte immer am selben Ort. Selbst das ­Timing der Dialoge musste präzise sein. Ich hatte überhaupt keine Chance zu improvisieren, ich musste die Sätze sogar jedes Mal in der identischen Geschwindigkeit sprechen.

Wenn man auf so viele technische Details achtet, kann man dann überhaupt noch frei spielen?
Seltsamerweise war ich in der ­Lage, eine Zone in mir selbst zu finden, in der die Schwestern ­lebendig wurden. Ich wusste also immer, was die anderen tun, was ich empfinde. Aber ja, ich habe unglaublich darum gekämpft, die Mädchen real wirken zu lassen. Jeden Morgen bin ich um vier Uhr aufgestanden, ins Fitnessstudio gegangen und habe mich auf den Tag vorbereitet. Ich bin durch­gegangen, wo die Schwestern emotional stehen und was mit ­ihnen passiert. Denn selbst wenn der Film technisch funktio­niert: Wenn man ihnen nicht glaubt, ist er ein Reinfall. Und dennoch ­habe ich eine gewisse Freiheit in diesem Korsett gefunden.
Es scheint, als fühlten Sie sich von düsteren Stoffen angezogen...
Ich würde eher sagen, mich reizen komplexe, lebensnahe Figuren.

Sie würden dann also eher keine Comedy drehen?
Im echten Leben liebe ich es zu lachen, und ich mag Leute mit Humor. Ich glaube, ich habe viele schwierige Situationen in meinem Leben nur durch Humor überstanden. Viele meiner Freun­de sagen mir sogar ständig, ich soll eine drehen, weil sie mich für witzig halten. Aber auf keinen Fall drehe ich eine gradlinige Komödie, vielleicht eine schwarze.

Dagegen scheinen Sie ein Fan von Sci-Fi zu sein. Vor diesem Projekt waren Sie in den "Alien"-Filmen, demnächst in "Bright"...
Natürlich. Ich habe "Alien" geliebt, als ich aufgewachsen bin. Und "Blade Runner". Ich hatte als Kind eine rege Vorstellungskraft. Ich sah dunkle und helle Engel, ich habe an Lebensformen geglaubt, die wir nicht sehen können. Ich bin in Island aufgewachsen, und ich erinnere mich noch, wie mir meine Großmutter von Elfen erzählt hat, als seien sie ­real. All diese übermenschlichen Wesen und Welten waren schon immer ein Teil von mir.