Als Fan des Marvel Cinematic Universe (MCU) hatte man es in den letzten Jahren nicht leicht. Seit mit "Avengers: Endgame" eine Ära sehr zufriedenstellend zu Ende ging, franst das einstig legendäre Filmuniversum nämlich immer mehr aus. Denn so richtig wollte keiner der MCU-Beiträge nach dem Sieg der Rächer im Infinity War mehr ziehen. "Black Widow" war nett, aber überflüssig.  Nach "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" kräht kein Hahn mehr. "Eternals" war ambitioniert, aber blutleer. "Spider-Man: No Way Home" war zwar ein Mega-Erfolg, aber auch extrem unkreativ. "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" hätte sich in seinem Wahnsinn mehr austoben sollen und langweilte deshalb. "Thor: Love and Thunder" war ziemlich respekt- und lustlos. "Black Panther: Wakanda Forever" fehlte einfach Chadwick Boseman (1976-2020). Und "Ant-Man and the Wasp: Quantumania" verhob sich an dem neuen Oberschurken für die nächsten "Avengers"-Filme. Von den zahllosen Serien auf Disney+ möchte man gar nicht erst anfangen.

Nach diesen vielen Enttäuschungen ruht nun die letzte Hoffnung auf "Guardians of the Galaxy Vol. 3". Schließlich enttäuschte das schräge Team – bestehend aus Peter Quill alias Star-Lord (Chris Pratt), Gamora (Zoe Saldaña), Rocket (Bradley Cooper), Groot (Vin Diesel), Drax (Dave Bautista), Mantis (Pom Klementieff) und Nebula (Karen Gillan) – bisher noch nicht. Eigentlich lässt sich sogar sagen, dass "Guardians of the Galaxy" und "Guardians of the Galaxy Vol. 2" zu den besten Filmen des Marvel-Universums zählen. Schafft es Regisseur James Gunn (er inszenierte auch die Vorgänger) also abzuliefern? Kehrt das MCU mit "Guardians of the Galaxy Vol. 3" auf das frühere Niveau zurück? Ja – und nein.

Darum geht's in "Guardians of the Galaxy 3"

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Die Guardians of the Galaxy sind zurück.

Nach dem Sieg über Thanos haben sich die Guardians auf Knowhere niedergelassen, wo sie ihr neues Hauptquartier errichtet haben. Gamora hat sie währenddessen den Ravagers angeschlossen – worunter Peter sehr leidet. Ansonsten läuft das Leben der Guardians aber relativ ruhig ab.

Doch dieser Frieden wird bald gestört. Wie aus dem Nichts taucht nämlich das mächtige Wesen Adam Warlock (Will Poulter) auf und verletzt Rocket schwer. Fortan setzen die Guardians alles daran, ihren Freund zu retten. Dabei lernen sie aber auch die tragische Vergangenheit von Rocket kennen – genauso wie dessen Schöpfer, den irren High Evolutionary (Chukwudi Iwuji).

"Guardians of the Galaxy 3" ist der beste MCU-Film seit "Avengers: Endgame"

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Die Vergangenheit von Rocket (Bradley Cooper) spielt in "Guardians of the Galaxy Vol. 3" eine große Rolle.

Es lässt sich ohne Zweifel sagen: "Guardians of the Galaxy Vol. 3" ist der beste MCU-Film seit "Avengers: Endgame". Die Chemie zwischen den Schauspielerinnen und Schauspielern ist selbst fast zehn Jahre nach dem ersten Teil immer noch phänomenal. Und wie bei allen vorherigen Auftritten der Guardians gibt es auch in dieser Fortsetzung Witze am laufenden Band, die so schräg und genial sind, dass man im Kino glatt laut auflachen muss. Die meisten der Gags gehen dabei erneut auf die Kappe von Dave Bautista. Das komödiantische Talent des Ex-Wrestlers ist einfach nur spektakulär.

Doch auch die Neuzugänge in "Guardians of the Galaxy Vol. 3" wissen zu überzeugen. So ist die sowjetische Weltraumhündin Cosmo (Maria Bakalova aus "Borat Anschluss Moviefilm") ohne Frage eines der Highlights des Films. Vor allem die Frotzelei zwischen ihr und Kraglin (Sean Gunn) darüber, dass sie kein guter Hund sei, gehört zu den lustigsten Momenten von "Guardians of the Galaxy Vol. 3". Eine große, ebenfalls sehr lustige Überraschung ist zudem Will Poulter als Adam Warlock. Die Figur wurde im zweiten Teil noch als möglicher großer Feind für Teil 3 in Stellung gebracht. Es hätte gepasst: In den Comics gehört das künstlich erschaffene Wesen zu den mächtigsten Figuren des Marvel-Kosmos. Stattdessen gerät er in "Vol. 3" zur trotteligen Lachnummer, die für einige der witzigsten Momente sorgt – zumindest für alle, die mit dem Charakter noch nicht vorab vertraut sind. Fans der Figur beziehungsweise der Vorlage könnten hingegen enttäuscht sein. Man denke nur an die Irrung bei "Iron Man 3" und dem Mandarin (Ben Kingsley) ...

Wie bereits die ersten beiden Filme hat "Guardians of the Galaxy Vol. 3" aber auch seine ernsten Momente. Genauer gesagt, ist die Fortsetzung vielleicht sogar der emotionalste, erwachsendste und brutalste Beitrag der Reihe. Hier versammeln sich nämlich zahlreiche Szenen, die nicht nur den Fans der Guardians eine Träne oder gar Schauer entlocken dürften. Großen Anteil daran hat vor allem die tragische Vergangenheit von Rocket, die in "Guardians of the Galaxy Vol. 3" eine große Rolle spielt. Doch auch die anderen Storylines geben dem Emotionalem sehr viel Platz. Man merkt eben, dass "Guardians of the Galaxy Vol. 3" eine Art Abschied sein soll. So haben Dave Bautista und Zoe Saldaña bereits verkündet, dass dies ihr letzter Auftritt sein wird. Und Regisseur James Gunn ist als neuer Chef der DC-Studios erst einmal mit einem neuen Filmuniversum rund um Batman, Superman und Co. beschäftigt.

Man kann bei "Guardians of the Galaxy Vol. 3" noch viele weitere Aspekte loben: Der Soundtrack ist wieder einmal fantastisch und dürfte für zahlreiche Sommer-Hits in diesem Jahr Pate stehen; die Effekte sind stark – was bei einem Marvel-Film mittlerweile ja leider keine Selbstverständlichkeit ist; und die vielen neuen Wesen und Planeten strotzen nur so vor Kreativität und Detailverliebtheit. Doch "Guardians of the Galaxy Vol. 3" hat auch einige Schwächen ...

"Guardians of the Galaxy 3" hat einen der schlechtesten MCU-Schurken

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Der High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) kommt sehr eindimensional daher.

Am Ende merkt man leider, dass "Guardians of the Galaxy Vol. 3" ein ähnliches Problem hat wie einst "Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers". Es wird zwanghaft versucht Storylines zu Ende zu bringen, die es anfangs mal gab, die sich dann aber immer wieder verändert haben und mittlerweile leer und überflüssig wirken. Ein Beispiel: Die Liebesgeschichte zwischen Star-Lord und Gamora ist eigentlich auserzählt, seit sie in "Avengers: Infinity War" gestorben ist. Doch hier wird mit Biegen und Brechen versucht, daraus noch etwas herauszuholen. Doch da gibt es nichts mehr. Irgendwann schaut man deshalb ähnlich genervt wie Gamora, wenn ihr Pseudo-Ex-Freund mal wieder erzählt, wie sehr er doch seine Version von ihr geliebt hat. Dabei ist das nur ein Beispiel von vielen. So gibt es am Ende in "Guardians of the Galaxy Vol. 3" zig Geschichten, die alle nur halbgar erzählt werden – bis auf die von Rocket vielleicht. Die Folge: Der Film fühlt sich komplett überfüllt an, so als hätten daraus einmal zwei Teile werden sollen. Jame Gunn sagte selbst einmal in mehreren Interviews, dass er ursprünglich ganz andere Pläne für die Guardians gehabt hat. Doch einige Entscheidungen – wie Gamoras Tod oder der temporäre Beitritt von Thor (Chris Hemsworth) – wurden ohne ihn getroffen. Und so musste er die Suppe irgendwie auslöffeln.

Ein weiteres Problem davon ist, dass die vielen neuen Figuren viel zu kurz kommen – allen voran der Bösewicht High Evolutionary. An sich hatte das MCU schon immer das Problem, dass seine Schurken bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel Thanos oder Killmonger) sehr eindimensional sind. Doch bei "Guardians of the Galaxy Vol. 3" wird das auf ein neues Level gehoben. Der High Evolutionary ist zweifellos eine der langweiligsten, nervigsten und unbeeindruckendsten Bösewichte des gesamten MCUs.

All das lässt "Guardians of the Galaxy Vol. 3" am Ende leider etwas gehetzt, zerstückelt und unrund wirken.

Guardians of the Galaxy 3: Ein würdiges Finale mit einigen Schwächen

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Die Darstellung von Adam Warlock (Will Poulter) dürfte die Marvel-Fans spalten.

Auf das frühere Niveau kann der Film das MCU nicht heben. So muss man dann auch leider sagen, dass der dritte Teil definitiv der schwächste der "Guardians"-Reihe ist. Ein würdiger Abschluss ist "Guardians of the Galaxy Vol. 3" dennoch. Denn jede Figur bekommt ein für sich gutes und zufriedenstellendes Ende. Doch dann gehen schon wieder die Bauchschmerzen los. Glaubt man nämlich den Post-Credit-Sequenzen, geht es weiter mit der schrägen Truppe – wenn auch nicht in der alten Konstellation.

Das MCU wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit weiter ausfransen. Denn wenn die Guardians of the Galaxy dieses Universum schon nicht mehr retten können, wird es auch kein anderer Superheld und keine andere Superheldin mehr schaffen.

"Guardians of the Galaxy Vol. 3" läuft seit 3. Mai in den deutschen Kinos.