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James Bond 007: Keine Zeit zu sterben

Hans Zimmer im Interview: "Jeder möchte für James Bond arbeiten"

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Erstmals komponiert Hans Zimmer (r.) einen Soundtrack für James Bond. Selbst hätte er damit nie gerechnet, wie er TVSPIELFILM.de verriet. IMAGO / Prod.DB, Montage: TVSPIELFILM.de

Er schrieb Musik für Batman, Superman, Sherlock Holmes, Captain Jack Sparrow. Jetzt hat Hans Zimmer auch die Melodien für James Bond übernommen. Im Interview mit TVSPIELFILM.de erzählt er von der Familie hinter den Kulissen, der Zusammenarbeit mit Billie Eilish und enthüllt seinen Lieblingssong der 007-Filme.

Der 25. Film der Reihe ist nach langer Wartezeit endlich da: "James Bond 007: Keine Zeit zu sterben" verabschiedet nicht nur nach vollen 16 Jahren Daniel Craig als britischen Superspion, sondern spaltet auch die Fangemeinde. Das kontroverse Action-Epos ist als großes, emotionales Finale einer Ära angedacht. Wer wäre da für die musikalische Untermalung besser geeignet als Hans Zimmer? Der deutsche Komponist gewann einst einen Oscar für die Musik zu "Der König der Löwen", vertonte Blockbuster wie "Inception", "The DaVinci Code", "Interstellar" und zuletzt "Dune".

Wie es zu seinem ersten Soundtrack für Bond kam, wie er für den Titelsong Billie Eilish auswählte, wie er Rock-Star Johnny Marr (von "The Smiths") zu Bond holte und wie ihn langjährige Bond-Komponisten wie John Barry oder David Arnold beeinflusst haben, erzählte er uns im Interview.

TVSPIELFILM.de: Auf die Veröffentlichung des neuen James-Bond-Films haben die Fans eine gefühlte Ewigkeit gewartet. Sie waren sicher genauso gespannt, oder?

Hans Zimmer: Und wie! Endlich läuft er in den Kinos, auf den ganz großen Leinwänden! Das war uns auch wirklich wichtig. Wir fühlen uns derzeit wie die Boten, die der ganzen Welt mitteilen müssen: "Kino ist noch relevant! Die große Leinwand bedeutet noch etwas." Ich selbst habe ja eigentlich mit Filmmusik angefangen, weil ich große Lautsprecher mochte und keine kleinen Sachen machen wollte.

Wie kommt man dazu, bei einem Bond-Film die Musik zu komponieren?

Ich kenne die Produzentin Barbara Broccoli als Freundin seit vielen, vielen Jahren – und hab nie gedacht, dass ich mal einen Bond-Film machen werde und dass sie mich fragen würde. Das Problem ist natürlich, wenn man mit jemandem sehr befreundet ist und dann danebenhaut, mit der Musik, dann könnte die Freundschaft vorbei sein und kaputt gehen. Und die Freundschaft war mir sehr wichtig.

Man hört oft, die Bond-Filme seien hinter der Kulisse richtige "Familienprojekte".

So ist es. Die Art, wie Barbara und ihr Bruder Michael G. Wilson zusammenarbeiten und auch wie sie Daniel Craig einbeziehen, ist wirklich wie eine Familie. Die machen das schon so lange und du wirst in diese Familie eingeladen, kommst da rein und es fühlt sich an wie ein Abendessen zuhause. Jeder darf sprechen, darf seine Ideen einbringen und wird gehört. Und dann habe ich Billie Eilish und ihren Bruder Finneas für den Titelsong dazu geholt und Johnny Marr und Steven Mazzaro und die Familie wurde immer größer.

"Die Verantwortung ist riesig"

Foto: IMAGO / Future Image, Hans Zimmer weiß um die Verantwortung, die Musik für einen James-Bond-Film zu komponieren.

Hinter Bond steht eine lange Geschichte, es gibt 25 Filme über fast 60 Jahre. Die Verantwortung muss da doch sehr groß sein?

Die Verantwortung, einen James-Bond-Film zu machen und den nicht kaputt zu machen, ist riesig. Aber die Barbara hat so oft nach uns geschaut und uns geholfen, da durchzukommen. Für unseren Regisseur Cary Joji Fukunaga war es ja auch sein erster Bond-Film. Am meisten habe ich allerdings immer mit dem Daniel Craig gesprochen, denn: Wenn einer weiß, wie Daniel Craigs James Bond sein soll, dann ist das wahrscheinlich Daniel Craig. Wir haben tagelang über alles gesprochen, wie es laufen soll, wie der Charakter sein soll.

Damit man die Entwicklung der Figur auch in der Filmmusik hört?

Ja, wir fangen zum Beispiel ganz traditionell an, mit Musik von John Barry. Und ich habe so viele Musiker, wie ich nur finden konnte, aus London herangeholt, die schon für die frühen Bond-Filme gespielt haben. Der Anfang vom Film ist musikalisch klassisch Bond. Dann schiebt es sich mehr und mehr in die Richtung Zimmer ein. Am Ende ist es glaube ich sehr die Richtung Hans Zimmer, aber ich möchte nicht, dass man das von Anfang an merkt.

Man kann wohl spoilerfrei sagen, dass gleich am Anfang eine Instrumental-Version eines alten Bond-Songs gespielt wird, nämlich von "We have all the time in the world" von Louis Armstrong. Das haben wir zuletzt 1969 in "Im Geheimdienst ihrer Majestät" gehört.

Barbara hat mich gefragt, ob ich was dagegen hätte, diese Melodie zu benutzen. Und ich habe gesagt: "Ganz im Gegenteil, es ist so ein tolles Lied, es ist elegant, es passt perfekt in die Szene." Ich habe große Freude daran gehabt, dass wir das benutzen durften.

Wir hören ja auch noch eine andere Melodie aus demselben Bond-Film mindestens einmal in "Keine Zeit zu sterben".

Ja, klar! Wir hatten verschiedene Leitmotive für den Film. Wir hatten die Stücke aus "Im Geheimdienst ihrer Majestät", wir hatten das neue Lied von Billie Eilish und Finneas O'Connell. Wir hatten vor allem aber sehr wenig Zeit und zwar um den Film zu machen.

Wie kam das?

Barbara hat mich wirklich quasi in der letzten Minute angerufen und ich habe dann Billie dazu geholt. Und dann, als wir fertig waren, hatten wir ganz viel Zeit, weil wir wegen Covid anderthalb Jahre rumgesessen haben. Aber es war trotz des Stresses einfach toll, dieses wunderschöne Lied von Billie und Finneas als Leitmotiv im Film zu verwenden. Darf ich ganz angeberisch sagen, dass wir einen Grammy gewonnen haben, für einen Titelsong zu einem Film, den noch niemand gesehen hatte?

Das passiert wohl nie wieder. Es wird auch im Film schön eingesetzt, zu einer sehr aufwendig animierten Sequenz.

Finde ich auch, es kommt wunderbar zur Geltung.

"Man kann Musik nicht erklären"

Foto: IMAGO / Matrix, Finneas O'Connell und Billie Eilish bei der Weltpremiere für "James Bond 007: Keine Zeit zu sterben".

Wie sehr waren Sie denn in den Titelsong "No Time To Die" involviert?

Also ich muss dazu sagen: Jeder möchte für James Bond arbeiten, jeder möchte einen Titelsong für James Bond komponieren und schreiben. Es gab einen Stapel von Liedern von verschiedenen Bewerbern, die ich mir alle angehört habe. Und da war ein stilles, schüchternes Demo, das war das Lied von Billie und Finneas. Alle anderen Lieder waren riesige Produktionen, aber die beiden haben ihr Lied während einer Tour im Bus geschrieben, in entsprechender Qualität. Ich habe mir den Song angehört und gedacht, daraus könne man etwas ganz Großartiges machen. Dann habe ich den Produzenten gesagt: Dieses Lied will ich. Wir haben die beiden sofort nach London geholt.

Und dann waren alle überzeugt?

Absolut. Man kann Leuten Musik nicht erklären. Man kann sie ihnen nur vorspielen und entweder, es kommt an oder eben nicht. Ich musste die beiden einfach im selben Zimmer haben und ich musste sie in den Schneideraum bringen und sie in die musikalische Bond-Familie einführen, für den letzten Feinschliff. Spätestens von da an gab es für niemanden mehr ein anderes Lied, das besser zum Film gepasst hätte.

Der Text bezieht sich ja auch auf die Stelle im Film. Bond wird von seiner Geliebten verraten und fragt sich jetzt, ob die ganze Liebe nur vorgespielt war.

Genau! Das Lied war schon etwas Besonderes.

Könnten Sie sich vorstellen, nochmal mit Billie Eilish zu arbeiten?

Normalerweise ist es bei Filmen so: Man arbeitet zusammen, stellt seinen Teil fertig und dann geht jeder seiner Wege. Aber weil wir ja nun anderthalb Jahre wegen Covid den Film nicht veröffentlichen konnten, sind wir alle in Kontakt geblieben und diese Freundschaft zwischen Billie und Finneas und dem Gitarristen Johnny Marr und mir ist ganz groß geworden. Irgendwann werden wir nochmal etwas zusammen machen, was dann aber nicht "James Bond" sein wird. Wir werden einen Plan haben.

Natürlich läuft in "Keine Zeit zu sterben" auch die legendäre Bond-Musik, die Melodie, die wohl jedes Kind mitsummen kann. Wie nähert man sich an so ein Stück, an dem schon zig Komponisten gewerkelt haben?

Mein Vorteil war mein guter Freund Johnny Marr. Dieses Original-Stück klingt einfach nie cooler als auf der Gitarre gespielt. Und Johnny spielt halt, als wäre er geboren für diesen Job, er spielt als wäre er James Bond selber. Johnny Marr ist cool! (lacht)

Es gibt eine Szene, als Bond in Kuba auf seine Gegner schießt, da spielt die wohl männlichste und lauteste Version dieser Melodie aller Zeiten. Jeder Fan wird da grinsen müssen, wenn er das sieht und hört.

Das freut mich. Man weiß ja vorher nie, ob es funktioniert. Vor allem wenn man anderthalb Jahre drauf wartet, dass dieser Film endlich rauskommt.

"Manche widmen ihr ganzes Leben James Bond"

Foto: Eon Productions Ltd / Danjaq LLC, 16 Jahre lang war Daniel Craig im Geheimdienst ihrer Majestät als James Bond unterwegs.
Ganz früh im Film besucht 007 das Grab seiner geliebten Vesper und im Hintergrund spielt ihre Melodie aus "Casino Royale", damals komponiert von David Arnold. Hört man sich diese alten Soundtracks eigentlich nochmal an, bevor man selbst dran arbeitet oder geht man da ganz unbefangen heran?

David Arnold und ich kennen uns schon seit über 30 Jahren, weil wir immer im selben Studio arbeiten. Ich habe irgendwo gesessen und komponiert und aufgenommen und er war im Raum nebenan und hat für "James Bond" aufgenommen. Nachts haben wir uns unsere Ergebnisse dann gegenseitig vorgespielt. Ich kannte also seine ganzen Sachen schon. Es war mir aber auch wichtig, für die Geschichte und für den Menschen Daniel Craig, ein bisschen durch die musikalische Geschichte seiner Filme zu gehen und diese Referenzen einzubauen. Ich tue das auch aus Respekt vor den anderen Komponisten.

Eine Frage noch für alle Bond-Fans: Haben Sie einen Lieblingssoundtrack aus der Bond-Reihe? Vielleicht sogar einen Lieblingssong?

Oh je. (zögert eine ganze Weile) Mein Lieblings-Bondsong wäre wahrscheinlich "Live and let die" von Paul McCartney & the Wings. Aber ich kann das nicht so ganz einfach sagen. Die ganzen Sachen, die der David gemacht hat, die finde ich so toll, weil er eben den Respekt vor den Musiken von John Barry hatte. Ich verbinde mit allen Bond-Soundtracks so viele persönliche Sachen.

Zum Beispiel?

Wir alle in der Branche hatten einen guten Freund, den Trompetenspieler Derek Watkins, der von 1962 an bei jedem Bond-Film beteiligt war. Bei seinem letzten Bond-Film, bei "Skyfall", da war er im Krankenhaus und hatte Krebs. Er ist dann aus dem Krankenhaus gegangen, nur um ein letztes Mal für Bond zu spielen.

Das zeigt, wie sehr James Bond vielen etwas bedeutet.

Es ist schon sehr wichtig. Ein ganzes Leben ist das, was manche Bond da widmen. Es ist nicht nur irgendein Film, der an einem so vorbeigeht. Man muss die Geschichten hinter den Kulissen wissen. Deshalb ist es für mich schwierig zu sagen: Der Film gefällt mir am besten oder der, weil ich zu viel von dieser Geschichte kenne.

Vielen Dank für das Interview! "James Bond 007: Keine Zeit zu sterben" läuft seit dem 30. September 2021 in den deutschen Kinos.

Trailer zu "James Bond 007: Keine Zeit zu sterben". Universal Studios