Achtung, es folgen Spoiler zu "Tenet!"

Selten waren Erwartungen an und der Hype um einen neuen, originären Film so groß wie es aktuell bei "Tenet" der Fall ist. Ein neuer Wurf von Christopher Nolan ("Inception", "The Dark Knight"-Trilogie) ist an sich schon ein Ereignis. Aber nach mehreren coronabedingten Verschiebungen ist sein Werk nun als erster großer Blockbuster während der Pandemie an den Start gegangen. Nun können Fans herausfinden, ob sich die lange Warterei wirklich gelohnt hat.

Ungeachtet der Qualität kann man getrost festhalten, dass es Nolan seinem Publikum wieder einmal nicht besonders einfach macht. Erneut spielt er dabei mit der Zeit und präsentiert einen verworrenen Plot, in dem es um Inversionen geht, wodurch sich Dinge wie Menschen rückwärts durch die Zeit bewegen können. Dem zu folgen kann mitunter eine Herausforderung sein, besonders beim erst- und einmaligen Schauen. Nachfolgend stellen wir uns deshalb drei Fragen zur Handlung, deren Antworten dabei helfen sollen, "Tenet" zu entwirren.

Tenet: Die Handlung

Ganz kurz zur Erinnerung: In "Tenet" wird der Protagonist (John David Washington) auf die Existenz von invertiertem Material Aufmerksam gemacht, das rückwärts durch die Zeit reist und so seinen Weg aus der Zukunft in unsere Gegenwart gefunden hat. Schon bald wird ihm klar, dass neben Gegenständen nicht nur Menschen ebenfalls invertiert werden können, sondern dass auch der russische Oligarch Sator (Kenneth Branagh) mithilfe der Menschen aus der Zukunft daran arbeitet, die Welt zu vernichten.

Tenet: Warum und wie soll die Welt zerstört werden?

Die exakte Motivation kann im Eifer des Gefechts durchaus verpasst werden, zumal diese erst während des großen Showdowns enthüllt wird, die Musik laut aufspielt und es alle paar Sekunden mächtig kracht – wer den Film im O-Ton ohne Untertitel schaut, hat da besonders das Nachsehen, wie viele Fans monieren. Aber auch so werden wichtige Informationen Nolan-typisch in teils fixen Dialogen an den Zuschauer gebracht, wobei eine zweite Gelegenheit oftmals ausbleibt.

Im Grunde genommen liegt hier eine Ökobotschaft in "Tenet" verbuddelt: In der Zukunft hat der Klimawandel die Erde so sehr zerstört, dass die Menschheit große Schwierigkeiten hat, überhaupt zu überleben. Die Täter sind wir – die Menschen der Gegenwart. Um also die globale Katastrophe zu verhindern, soll die Gegenwart (bzw. die Vergangenheit der Zukunftsmenschen) ausgelöscht werden, in der Hoffnung, somit auch den Klimawandel rückgängig zu machen. Um das zu bewerkstelligen werden Teile und Hinweise per Inversion in der Zeit zurückgeschickt, die in der Gegenwart Sator vorfindet, der sich auf die Suche nach einem mächtigen Algorithmus macht.

Der wurde von einer Wissenschaftlerin entwickelt, die dann allerdings dessen gefährliches Potenzial erkannte und ihn in neun Teilen versteckte. Der Algorithmus hat die Fähigkeit, die ganze Welt zu invertieren und alles Leben auszulöschen. Sator selbst ist totkrank und verknüpft den Auslöser des Algorithmus mit seinem Puls – wenn er stirbt, soll auch der Rest der Welt dran glauben. Es ist am Protagonisten, ihn daran zu hindern.

Ob der Plan der Zukunftsmenschen überhaupt aufgehen könnte und sie sich nicht dadurch selbst auslöschen könnten, ist wegen des sogenannten Großvaterparadoxons unklar: Im bekannten Gedankenexperiment reist jemand in die Vergangenheit, um seinen Großvater zu töten. Aber wenn er das tut, könnte er selbst nicht mehr geboren werden, um eines Tages in die Vergangenheit zu reisen.

Tenet: Was ist die temporale Zangenbewegung?

In "Tenet" gibt es sogenannte Drehkreuze, durch die Personen gehen können und wodurch sie invertiert werden. Heißt also, sie wechseln quasi ihre temporale Richtung und beginnen sich nach der Durchquerung rückwärts durch die Zeit zu bewegen. In "Tenet" durchlaufen verschiedene Figuren mehrmals solche Drehkreuze, was durchaus für zusätzliches Irritationspotenzial sorgen könnte, da man immer wieder aufs Neue überlegen muss, wer wann und wie interviert wurde und in welche Richtung er sich bewegt.

Dabei kommt dann auch das Konzept der temporalen Zangenbewegung zur Sprache. Dabei bewegt sich eine Person aus der Zukunft zurück, um einer anderen in der Vergangenheit etwas über ihre Zukunft zu verraten. Diese ist dann entsprechend auf die kommenden Ereignisse vorbereitet. Vorexerziert und auf die Spitze getrieben wird das zum Beispiel im großen Finale, wenn gleich zwei Sondereinsatzkommandos am selben Ort in unterschiedlichen "Zeitzonen" agieren – invertiert und nicht-invertiert.

Bei der Autoverfolgungsjagd erscheinen Sator und seine Mannen ebenfalls invertiert und können so genau herausfinden, wie sie an den Algorithmusteil vom Protagonisten gelangen. Zudem ist der ganze Film eine einzige temporale Zangenbewegung des Protagonisten, wie am Ende herauskommt: Er hat in der Zukunft die Organisation Tenet ins Leben gerufen, Neil (Robert Pattinson) rekrutiert und zurückgeschickt und ist anschließend ebenfalls zurückgegangen, um dann Neil und Priya (Dimple Kapadia) über zukünftige Ereignisse zu informieren, damit die wiederum seinem vergangenem Ich auf die richtige Spur helfen, um so die Welt überhaupt retten zu können.

(Da stellt sich natürlich auch unweigerlich die Frage: Wie kann jemand über einen langen Zeitraum – Wochen, Monate, gar Jahre? – invertiert sein, ohne dass es jemand bemerkt? Müsste die Person dann nicht in der Zwischenzeit viral gehen, weil sie komischerweise rückwärtsläuft und spricht und jemand es zufällig mit dem Handy aufnimmt? Das nur als humoristischer Einwurf [Anm. d. Verfassers].)

Tenet: Wie lernen sich der Protagonist und Neil kennen?

Am Ende von "Tenet" kommt heraus, dass der Protagonist und Neil sich in der Zukunft kennenlernen und jede Menge gemeinsame Dinger drehen. Doch mit dieser neuen Erkenntnis, wie wird ihr Kennenlernen ausfallen? Und wird ihre zukünftige Freundschaft nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Protagonist der Gegenwart schon so viel über Neil wissen wird?

Aber genau das ist ja der springende Punkt: Der Protagonist muss es in der Gegenwart erfahren, um später Neil überhaupt zu rekrutieren. Gut möglich also, dass er nach den Ereignissen von "Tenet" extra Ausschau nach ihm halten wird. Denn nur so kann überhaupt die Geschichte stattfinden. Neil muss es also dem Protagonisten verraten, der wiederum auf Basis dieses Wissens Neil in der Zukunft rekrutiert und ihn dann zurückschickt – wo sich die Story wiederholt, Neil auf den vergangenen Protagonisten trifft, der ihm erneut eröffnet, dass sie sich kennenlernen werden. Es ist also eine Zeitschleife!

Das bedeutet aber auch, dass sich neben all den anderen Ereignissen auch eines wiederholen wird: Neil muss am Ende immer im Bunker die entsprechende Tür für den Protagonisten und Ives (Aaron Taylor-Johnson) öffnen und anschließend sterben.

"Tenet" ist seit dem 26. August 2020 in deutschen Kinos zu sehen. Hier ist der Trailer: