Es war zwar nicht sein erster Film, doch mit "Der weiße Hai" begann die Karriere von Regisseur Steven Spielberg erst so richtig – heute gilt er längst als einer der bekanntesten und besten Filmemacher aller Zeiten. "Der weiße Hai" wird aber wohl ewig sein Meisterwerk bleiben. Dabei hat er selbst mit der einprägsamsten Szene des Films nicht allzu viel zu tun – sie stand weder im Drehbuch noch in der Romanvorlage, sondern ist einem Mann zuzuschreiben, der außerhalb des Filmteams arbeitete.

Die Rede ist von dem vierminütigen "USS Indianapolis"-Monolog. Kleine Erinnerung: In der Szene tauschen sich die Hauptfiguren Brody, Hooper und Quint über ihre Erfahrungen mit Haien aus. Quint erzählt, dass er während des Zweiten Weltkriegs auf der USS Indianapolis stationiert war, um die Atombombe nach Japan zu bringen. Auf der Rückfahrt sank das Schiff, mehrere Tage trieben Quint und die Crew im Wasser. Hunderte von ihnen wurden von Haien gefressen. Die intensive, hypnotische Kraft, die Schauspieler Robert Shaw in dieser Szene entwickelt, sorgt dafür, dass der Monolog zu den größten ‚Magic Moments‘ der Filmgeschichte zählt.

"USS Indianapolis"-Monolog entstand am Telefon

Universal Pictures

Quint (Robert Shaw) und Hooper (Richard Dreyfuss) beim Vergleich ihrer Narben.

Im Drehbuch von "Der weiße Hai" findet sich diese Passage, die übrigens auf einer wahren Begebenheit beruht, nicht in der Form. Schon da sollte Quint zwar von seinen Erlebnissen erzählen, doch die geschrieben Szene überzeugte Spielberg kein Stück. Da die Dreharbeiten vorankommen mussten, setzte er sich ans Telefon und rief seinen guten Freund John Milius an, seines Zeichens selbst Regisseur und Drehbuchautor. Milius arbeitete damals hauptsächlich als Script-Doktor, und überarbeitete Schwächen in existierenden Drehbüchern. Er schrieb zum Beispiel den legendären "Punk"-Monolog aus dem Krimi-Klassiker "Dirty Harry" oder die "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen"-Ansprache aus dem Kriegsfilmmeisterwerk "Apocalypse Now".

Am Telefon erklärte Spielberg ihm, wie die Szene grob geplant war und Milius bat ihn, ein Blatt Papier und einen Stift in die Hand zu nehmen. Von da an diktierte er Spielberg Wort für Wort den Monolog, der schließlich in "Der weiße Hai" landete und Filmgeschichte schrieb. Eine beeindruckende Leistung von Milius, der dafür bekannt war, sehr schnell und effizient zu arbeiten. Als Regisseur selbst inszenierte er Kulthits wie "Der Wind und der Löwe" mit Sean Connery oder das Fantasy-Epos "Conan, der Barbar", durch welches Arnold Schwarzenegger zum internationalen Filmstar wurde. Sein Beitrag an "Der weiße Hai" geriet dabei fast in Vergessenheit. Dabei wäre der Film ohne ihn um seine stärkste Szene ärmer …