Für Keanu Reeves ist es bereits der dritte Einsatz als John Wick seit dem Überraschungserfolg der 2014 gestarteten Actionreihe, Co-Star Halle Berry war bislang vor allem ein "John Wick"-Fan, wie sie im Interview verrät. ­Körperlich war das Actionballett für beide ziemlich anspruchsvoll, aber manchmal ist es ja genau das, worauf es ­ankommt.

Das Interview mit Halle Berry und Keanu Reeves

Wann haben Sie erfahren, dass eine weitere "John Wick"-Fortsetzung gedreht werden soll?
Keanu Reeves: Kurz nachdem wir mit Kapitel 2 fertig waren. Als das Studio Lionsgate mir mitteilte, dass es weitergehen soll, dachte ich nur: Ja, das ist es! Dann erst begann ich, zusammen mit Regisseur Chad Stahelski darüber zu sprechen, wie denn eigentlich die Story gehen könnte. Eine Entscheidung war, dass es gleich an Kapitel 2 anschließen soll. Um dann diese Welt zu erweitern.

Inwiefern?
Reeves: Wir wollten das, was wir "John-Wick-Action" nennen, auch im neuen Film, aber in anderen Situa­tionen. Dadurch kam Chad auf die Idee mit den Ninjas im Film – und auf eine Motorradverfolgungsjagd mit Schwertern.

Klingt plausibel.
Reeves: Ja, nicht? (lacht) Weil wir mit dem Format "John Wick" einfach so ziemlich alles machen können. Ich hatte dieses Bild vor Augen von John Wick in einem Anzug mitten in der Wüste. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht mal, warum. Chad war Motorrad, ich war Wüste. Die Antworten auf das Warum oder das Wie dieser Ideen und Bilder kamen erst später zusammen.

Stimmt es, dass besonders Frauen Fans der "John Wick"-Filme sind?
Halle Berry: Ich war jedenfalls ein großer Fan der ersten beiden ­Filme, und so ziemlich jede Frau, die ich kenne, also ja. Das sagt etwas aus über diese spezielle Genrespielart.

Was denn?
Berry: Manche Frauen lieben diese Art von Actionfilmen, hier ist das der emotionale Kern des Films: ein gebrochener, verletzter Mann, der den Tod seines Hundes rächen will, den er einst von seiner inzwischen verstorbenen Frau bekam. Das ist der Stoff, zu dem Frauen einen emotionalen Draht haben, auch zu den Kämpfen und der Gewalt. Gerade die Kampfszenen sehen eher aus, als würde man einer Ballettaufführung zusehen. Außerdem spielt all das auf einer anderen Ebene, es ist kein sinnloses Töten, es existiert nur in dieser fantastischen Welt, einer Art erhöhter Realität. Da wollte ich un­bedingt dabei sein.

Haben Sie die körperlichen Voraussetzungen für solch eine Rolle nicht abgeschreckt?
Berry: Im Gegenteil! Ich wollte ­meinen eigenen Körper auf ganze neue Art und Weise herausfordern, ich wollte das tun, was ich Keanu tun sah. Ich habe ihn bei den Proben ­beobachtet, wie er wirklich diese Action gespielt hat. Das war für mich ganz neu in diesen Zeiten, in denen überall CGI eingesetzt wird, die Schauspieler nur die Hälfte der Arbeit machen und der Computer den Rest. Eine Rolle anzunehmen, in der ich jeden Aspekt meiner Figur auch spielen muss und gerade nicht das Drama von der Action trenne, war eine große Herausforderung.
Reeves: Es gibt einen sehr interessanten Kampf im Film, der das ganz gut illustriert, zwischen John Wick und der Figur des Zero, gespielt von Mark Dacas­cos. Das ist ein Kampf der jeweiligen Charaktere, der eine eigene Story ­erzählt. Er ist der Meister, der Ninja, der sich versteckt und plötzlich auftaucht. Irgendwann sagt er so was wie, ob man nicht Freunde sein könne, man habe ja viel gemein. Aber dann ändert sich die Story im Lauf des Kampfes, jetzt ist es Wick, der vor seinen Augen verschwindet. Im Showdown steckt dann eine echte Verzweiflung, eine Art Verfall. Am Anfang ist er total kontrolliert, das ­alles ändert sich. Das gefiel mir sehr.

Wie lang haben Sie an dieser Sequenz gearbeitet?
Reeves: Drei, vier Tage, denke ich, es wurde eine Menge gekämpft. Mark hat unglaublich gute Kontrolle, wir treffen ja nicht wirklich, wenn wir kämpfen, aber ein paar Mal dachte ich, wenn Mark es jetzt wirklich ­wollte, wäre ich gleich am Boden. Hat eine Menge Spaß gemacht!

Was ist Ihr Lieblingskampfstil?
Reeves: Hab ich nicht, ich habe überhaupt keinen Kampfsporthintergrund, ich kenne nur Filmkämpfe. Aber in den "John Wick"-Filmen sind sehr viele Stile zu finden von all den Leuten, die mich trainiert haben.
Berry: Für mich war dies das härteste und rigoroseste Training, dem ich mich je für eine Filmrolle unterworfen habe. Ich habe mit Chad Stahelski und seiner Stuntcrew 87Eleven (mehr unter 87eleven.net) gearbeitet. Ich musste Judo, Aikido und Kung-Fu lernen und mit Waffen umgehen, was ich noch nie zuvor getan hatte. Und dann auch noch zur Hundetrainerin werden! Acht Stunden am Tag kämpfen, schießen und zum Abschluss zwei, drei Stunden Arbeit mit den Hunden – all das über einen Zeitraum von sechs Monaten.

Dann lassen Sie uns mal über die Hunde reden.
Berry: Die Hunde waren einfach unglaublich. Ich bin ja eine Tierfreundin, ich habe selbst zwei australische Labradoodle, aber was von diesen Tieren erwartet wurde – ich hatte meine Zweifel, ob sie das jemals ­hinkriegen würden, selbst wenn man sie gut abrichten kann. Also musste ich die meiste Zeit darauf verwenden, sie kennenzulernen und dass auch sie mich kennenlernen.
Reeves: Die erste Anweisung, die ich bekam, als die Hunde das erste Mal am Set waren, lautete: Sieh ihnen nicht in die Augen. Ich meinte, was heißt das? Die Antwort war nur: Sieh ihnen nicht in die Augen, geh an ­deinen Platz, Halle hat's drauf mit ­ihnen, du nicht. (lacht) Da hab ich gemerkt, das ist ernst gemeint. Aber zum Schluss haben wir uns alle richtig gut verstanden.

Wie viele Hunde waren es?
Berry: Fünf Hunde. Fünf, weil auch Hunde ihre eigenen Stuntdoubles ­haben. (lacht) Wirklich, einige Hunde hatten einfach nur hübsche Gesichter, die waren nur für die Einstellungen, in denen man die Hunde da sitzen sieht. Dann gab es die Hunde für die Action, die gern mal über Autos sprangen. Die Schauspielerhunde. Und dann gab es die Beißhunde mit einer Vorliebe für den Schritt unserer männlichen Darsteller…

Haben Sie irgendeine Vorstellung, wie viele Tote es im Lauf der ­bisherigen "John Wick"-Filme gab?
Reeves: Keinen blassen Schimmer. (lacht) Da ja immer alle mich zu killen versuchen, interessiert mich das nicht wirklich.

Die Darsteller

Keanu Reeves (54), geboren in Beirut, Vater aus Hawaii, wo Keanu so viel wie "kühle Brise über den ­Bergen" bedeutet. Erfolg als Kindskopf ("Bill & Ted"), als cooler Surfer ­("Gefährliche Brandung") und vor allem als Actionstar ("Speed", die
"Matrix"-Trilogie).

Halle Berry (52), erste Rolle in Spike Lees ­"Jungle Fever", Flop als/in "Catwoman", als Storm in vier "X-Men"-Filmen. Unvergessener Auftritt im 007-Film "Stirb an einem anderen Tag", als Hommage an Ur-Bond-Girl Ursula Andress entsteigt sie der Brandung. 2002 Oscar für "Monster's Ball".

Anjelica Huston, Oscar-Preisträgerin und Tochter von Regielegende John Huston ("Der Schatz der Sierra Madre"), erwartet man nicht unbedingt in Actionware wie "John Wick: Kapitel 3", aber im persön­lichen Gespräch zeigt sich die heute 67-Jährige als großer Fan des Gen­res – und ihres Co-Stars: "Ich habe Keanu Reeves schon immer bewundert, ich liebe die ‚Matrix‘-Filme. Sie haben so etwas Balletthaftes, es geht genauso sehr um Tanz wie um Martial Arts und Gewalt. Es sind unglaublich toll choreografierte Stücke, einfach wunderschön." Sie muss es wissen, als Tochter einer Ballerina tanzte Huston ihr Leben lang. ­Geboren in Kalifornien und auf­gewachsen u. a. in ­Irland, befreundete Huston sich als Zehnjährige mit Schriftstellerlegende John Steinbeck ("Früchte des Zorns"), der oft an Weihnachten die Huston-Familie besuchte und Geschichten erzählte. Einen handsignierten Brief, den Steinbeck ihr schickte, überließ Anjelica ihrem Vater, als der eine Biografie über den Autor verfasste. Er verschusselte ihn, was sie ihm nur schwer verzeihen konnte.

"John Wick: Kapitel 3" ist seit dem 23. Mai 2019 in deutschen Kinos zu sehen. Hier ist nochmal der Trailer: