Mehr geht eigentlich nicht: Im Februar bekam Regisseur Wim Wenders auf der Berlinale den Ehrenbären für sein filmisches Werk, dazu gab es eine Hommage mit zehn seiner Filme, acht davon erstmals in digital restaurierter Version. Sein Familien­drama "Every Thing Will Be Fine" lief zudem außer Konkurrenz im Wettbewerb des Festivals. Und zwei Wochen später konkurrierte der Rheinländer mit "Das Salz der Erde" zum dritten Mal um einen Oscar für den besten Dokumentarfilm. Dass den dann die Edward-Snowden-Doku "Citizenfour" gewann, muss Wenders nicht kratzen.
TV SPIELFILM Ehrenbär, Hommage, neuer Film, Oscarnominierung, Retro im MoMA - wo fängt man an?

WIM WENDERS
Gerade kommt''s knüppeldick.

Fast zu viel?

WIM WENDERS
Sagen wir, es ist grenzwertig. Aber wer hätte das absehen können? Als Dieter (Kosslick, Berlinale-Chef) mir vor fast einem Jahr die Hommage ankündigte, wusste ich noch nicht, dass auch der neue Film fertig sein würde. Und an den Oscar hat natürlich auch kein Mensch gedacht.

Was wiegt schwerer? Eine Oscarnominierung oder vielleicht doch, Ihre alten Filme wieder in restauriertem Glanz zu sehen?

WIM WENDERS
Wie soll man das miteinander vergleichen! So ein Oscar ist auch schnell wieder vergessen. Aber das Negativ zu "Alice in den Städten" z.B. war mausetot, davon hätte man keine Kopie mehr ziehen können. Und jetzt sieht der Film aus wie am ersten Tag. Durch diesen Rückblick in die Vergangenheit ist es möglich geworden, den Filmen wieder eine Zukunft zu geben. Das ist doch was!

Ist in diesem Fall Ihr Filmtitel "Every Thing Will Be Fine" ein gutes Motto?

WIM WENDERS
(lacht) Das haben wir erst so richtig beim Drehen gemerkt: Wann immer es irgendwo geknirscht hat oder ein Problem gab, haben wir den Filmtitel vor uns hergesagt, wie ein Mantra. Dann wurde gleich wieder alles gut.
Knirschen trifft''s gut: Gedreht haben Sie auch in Kanada, wo''s dem Vernehmen nach recht kalt war.

WIM WENDERS
Wir sind ja nach Kanada gegangen, weil wir wussten, dass es da schneesicher ist, aber so schneesicher wollten wir''s dann auch nicht! (lacht) Wir hatten bis zu 40 Grad minus! Ich wusste vorher nicht mal, dass es so eine Kälte gibt, wo alle mit weißen Augenwimpern rumlaufen...

Gerade spricht alles über Serien. Sind die Fernsehserien das neue Kino?

WIM WENDERS
Die Fernsehserien sind das neue Erzählkino. Wenn man so will, ist das die Übertragung des Autorenkinos in amerikanische Verhältnisse.

Würde Sie das auch reizen?

WIM WENDERS
Ja, sehr. Freunde von mir, die die Serie "True Detective" machen, hatten mich dafür angefragt, aber da war ich gerade noch voll in die Postproduktion von "Every Thing Will Be Fine" eingespannt. Sonst hätte ich mich sicher nicht lange bitten lassen.

Wie haben Sie es bei der legendären Köln-Düsseldorf-Rivalität geschafft, sowohl mit Wolfgang Niedecken und BAP, als auch mit Campino und den Toten Hosen zu arbeiten? Das geht doch eigentlich gar nicht.

WIM WENDERS
(schmunzelt) Wir Düsseldorfer sind ja liberal. In Köln ist es unmöglich, mal irgendwo ein Straßenschild nach Düsseldorf zu finden, in Düsseldorf haben wir viele, die nach Köln führen. In Köln zeigt alles nur Oberhausen an, als ob''s dazwischen nicht noch die Landeshauptstadt gäbe.

Und wie stehen Sie als geborener Rheinländer zum Thema Karneval?

WIM WENDERS
Da kann ich nur in bestem Englisch antworten: Include me out. Ist nicht mein Ding, nie gewesen.


Interview: Volker Bleeck