Dazu gehört schon eine Portion Mut: Das Schicksal einer potenziellen Multimillionendollar-Filmfranchise mit einem geschätzten Budget von 140 Millionen Dollar in die Hände eines im Grunde völlig unerfahrenen Regisseurs zu legen, der eher durch harmlose Komödien sowie eine Karriere als Zweite-Reihe-Schauspieler aufgefallen war.

Aber genau das taten die Verantwortlichen der neu gegründeten Filmfirma Marvel Studios (gehört heute zu Disney) vor gut drei Jahren - und standen in der Folge des globalen Erfolgszugs von "Iron Man" als wahre Superhelden und ganz schön schlau da. Regisseur Jon Favreau, für den "Iron Man" erst die vierte Kinoregie war, katapultierte sich in die Liga der Topregisseure, seinem Star Robert Downey Jr. gelang ein furios-lässiges Comeback.

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Justin Theroux in David Lynchs "Mulholland Drive"

Dass es eine Fortsetzung geben würde, war nur noch eine Frage des Wann. Bis auf Terrence Howard, Darsteller des Iron-Man-Kumpels James "Rhodey" Rhodes, der sich offenbar bei den Gagenverhandlungen verzockte, vertraute man auf das bewährte Team - und auf den eingangs erwähnten Mut: Das Drehbuch für "Iron Man 2" ließ man Justin Theroux schreiben, den meisten eher als Hauptdarsteller in David Lynchs "Mulholland Drive" bekannt. Also wieder ein Schauspieler, der Nebenjobs nicht abgeneigt ist. Immerhin hatte Theroux bereits Drehbucherfahrung: 2008 schrieb er die Kriegskomödie "Tropic Thunder", Hauptrolle: Robert Downey Jr.

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Ganz schön sportlich: Scarlett Johansson als "Black Widow"

Am Ende des ersten Films schwor Multimillionär und Waffenfabrikant Tony Stark (Downey Jr.) dem Handel mit Waffen ab - außerdem weiß nun alle Welt, dass er hinter der Iron-Man-Maske steckt. Jetzt startet er seine neuen Unternehmungen, darunter eine Art Ego-Weltausstellung ("Stark EXPO") und der halsbrecherische Versuch, es Schumi & Co. gleichzutun - als Rennfahrer bei einem historischen Grandprix in Monaco. Hintergrund von Tonys noch exzentrischerem Auftreten und beinahe selbstmörderischem Verhalten ist etwas viel Ernsteres: Tony weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat.
Die Militärs drängen Stark jedoch, ihnen seine technischen Entwicklungen zur Verfügung zu stellen, vor allem Senator Sturm (Garry Shandling) tut alles, um Tony unter Druck zu setzen. Das Militär arbeitet mit Waffenfabrikant Justin Hammer (Sam Rockwell) zusammen, der nun eine eigene Produktlinie von "Iron Man"-Kampfanzügen bauen soll. Besonders erfolgreich ist er noch nicht, bis er den peitschenknallenden Russe Ivan Vanko, genannt Whiplash (Mickey Rourke), trifft. Denn der hat noch eine ganz persönliche Rechnung mit Tony Stark offen... Gut, dass Iron Man Unterstützung von seinem Kumpel Rhodey (Don Cheadle) alias "War Machine" bekommt - allerdings erst, nachdem der als folgsamer Offizier gegen Iron Man zum Einsatz gebracht wurde. Und dann ist da noch die schöne - und ganz schön sportliche - Natalie Rushman-Natasha Romanoff (Scarlett Johansson) alias Black Widow, bei der man nie sicher sein kann, auf welcher Seite sie steht.

Leider haben sich die Macher hinter "Iron Man 2" zum klassischen Sequel-Fehler verführen lassen: Sie haben die Story randvoll gepackt mit Figuren, Strängen und Geschehnissen, die nirgendwo hinführen. Vieles dient nur als Weiterführung zum nächsten Sequel und dem geplanten "Avengers"-Film (Samuel L. Jackson taucht wieder als Superhelden-Headhunter Nick Fury auf). Die Chance, die morbide, düstere Seite dieses Helden zu vertiefen, wird trotz guter Ansätze verschenkt. Und irgendwie fehlt Teil 2 der dreckige, rotzige Charme des ersten Films, der den Vorteil hatte, dass niemand etwas erwartete...

Aber so wie Robert Downey jr. ihn spielt ist Iron Man trotzdem der momentan coolste und lockerste Superheld unter der (gelben) Sonne, eine Mischung aus dem jungen Hugh Hefner, Richard Branson und Apple-Guru Steve Jobs. Er ist ein Held, der sich selbst aus einem Haufen Schrott erschaffen hat, nur mit Schweißbrenner und Schraubenschlüssel bewaffnet. Das macht den rotgoldenen Eisen-und-Stahl-Helden zum Liebling der Schrottplatzkönige Ludolf.

V. Bleeck