1924 öffnet eine neue Traumfabrik in Los Angeles: Metro Goldwyn Mayer, kurz MGM, ein Zusammenschluss von Metro Pictures Corporation, Goldwyn Picture Corporation und Louis B. Mayer Pictures. Bald darauf steht MGM dank seiner Stars, großer Studioanlagen und Filmen, die im Lauf der Jahrzehnte über 200 Oscars gewinnen, an der Spitze der Filmindustrie.
In den 50ern erobern die Fernsehapparate weiterhin die privaten Haushalte. War schon in den 40er-Jahren die Zahl der Kinobesucher rückläufig, so setzt sich dieser Trend so in den 50ern fort. MGM reagiert mit neuen Anreizen.
Dem Schwarz-Weiß des Fernsehens setzt man Farbfilme entgegen und ein innovatives Breitbild-Verfahren: Das CinemaScope, soll für ein neues Kinoerlebnis sorgen. Erster mit CinemaScope gedrehter Film ist "Die Ritter der Tafelrunde" mit Ava Gardner (1953). Außerdem entdeckt MGM die 3D-Technik für sich: Aber das Filmdrama "Arena" als erster Testballon wird 1953 nur ein Achtungserfolg.
Nicht nur die "Bequemlichkeit" der Zuschauer, die lieber zuhause fernsehen als ins Kino zu gehen, macht MGM zu schaffen. Es ist auch eine veränderte Erwartungshaltung. Das Publikum ist von der von MGM inszenierten "heilen Welt" übersättigt. Was in und um Kriegszeiten ein willkommener Seelenbalsam war, wird nun vom Anspruch nach gesellschaftskritischen Werken eines Billy Wilder, William Wyler oder George Stevens verdrängt.
Diese Tendenz lässt sich auch in den Musical- und Tanzfilmen ablesen. Am Anfang des Jahrzehnts stehen sie noch voll im Trend. "Ein Amerikaner in Paris" gewinnt 1951 einen Oscar. Die Stars der Szene wie Gene Kelly in "Singin' in the Rain" (1952), Fred Astaire in "Vorhang auf!" (1953) oder auch Frank Sinatra in "High Society" (1956) locken die Zuschauer in die Kinos.
Doch gegen Mitte der 50er kehrt sich das Bild langsam um: "Brigadoon" (1954), "Tief in meinem Herzen" (1954) oder "Einladung zum Tanz" (1956) erweisen sich als Flops. MGM muss sich dringend neue Themenschwerpunkte suchen.
Personelle Veränderungen - Der Beginn einer neuen Ära
Dieser Konflikt der thematischen Leitlinien wird auch innerhalb der MGM-Spitze ausgefochten. Auf der einen Seite steht Studiochef Louis B. Mayer mit seinem Credo einer "heilen Welt", auf der anderen Seite Produktionschef Dore Schary mit der Devise, dass Filme auch gesellschaftspolitische Botschaften vertreten müssen. Der Streit eskaliert 1951, Mayer setzt dem Präsidenten von Loew's, Inc., dem Mutterunternehmen von MGM, ein Ultimatum und verliert. Neuer Studiochef wird Schary, Mayer geht. Aber auch Scharys Bemühungen um Filme mit "Anspruch" scheitern. 1956 wird er ebenfalls entlassen.
Nachdem bereits 1955 der alte Loew-Präsident Nicholas Schenck in den Ruhestand gegangen ist, bricht mit dem Team Joseph Vogel (Präsident) und Sol Siegel (Studiochef) eine neue Ära an. Sie versuchen den "Feind Fernsehen" für sich zu nutzen. Mit MGM Television wird noch im selben Jahr eine neue Marke gegründet, die den TV-Markt auch für MGM erobern soll. Und tatsächlich werden in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche Serien und TV-Projekte erfolgreich initiiert und umgesetzt.
Als MGM 1956 die TV-Rechte vom Musicalfilm "Der Zauberer von Oz" an CBS verkauft, ist dies der Auftakt eines neuen Rituals: Von nun an wird dieser Film jedes Jahr genau einmal im TV ausgestrahlt, damit avanciert er zu einem der erfolgreichsten Filme von MGM.
Eine andere Ära geht 1957 zu Ende, als MGM seine Zeichentrickstudios schließt, bereits 1955 ist mit Tex Avery ein visionärer Zeichentrickveteran aus der Kreativschmiede ausgeschieden. 1957, in dem Jahr, in dem auch der alte Boss Louis B. Mayer stirbt, schreibt MGM das erste Mal rote Zahlen.
Auf der Suche nach Erfolgsrezepten
1957 versucht MGM mit dem Sezessionskriegs-Drama "Das Land des Regenbaums" an den Erfolg von "Vom Winde verweht" anzuknüpfen. Zwar ist der Film mit Elizabeth Taylor und Montgomery Clift prominent besetzt, aber der erhoffte große Erfolg wird es nicht.
Die 50er-Jahre bringen Abenteuer- und Monumentalfilme ganz groß raus: z.B. "Quo Vadis" (1951) oder "Ivanhoe" (1952). Den größten Hit jedoch landet MGM 1959 mit dem Historien-Epos "Ben Hur". Thematisch setzt man auf ein Stummfilm-Remake. Und auch wenn Charlton Heston anfangs nicht der Favorit für die Titelrolle des Judah Ben Hur ist, führt er den Film zum Erfolg: 11 Oscars heimst der Streifen ein. Dies ist absoluter Rekord und kann erst 1993 von "Titanic" getoppt werden.
Ebenfalls 1959 löst Alfred Hitchcock sein Versprechen ein, einen Film für MGM zu drehen. Mit dem Thriller "Der unsichtbare Dritte" zeigt sich der Meister des Suspense auf der Höhe seines Schaffens und schickt Cary Grant auf eine aberwitzige Hetzjagd quer durch die Vereinigten Staaten.
Den Rückgang an Kinobesuchern und die finanziellen Verluste lassen sich auch in der Zahl der von MGM produzierten Filme ablesen. Waren es am Anfang des Jahrzehnts im Schnitt über 40 Filme pro Jahr, sinkt die Zahl ab 1955 auf unter 30. Die insgesamt 328 Filme, die MGM in den 50ern produzieren, bleiben aber eine eindrückliche Bilanz. Ob dies im nächsten Jahrzehnt so durchzuhalten sein wird, ist fraglich, denn das Hollywoodstudio-System ist im allgemeinen Niedergang begriffen, und MGM wird auch weiterhin nach den richtigen Lösungsstrategien suchen müssen.
Daniel Regener
Dem Schwarz-Weiß des Fernsehens setzt man Farbfilme entgegen und ein innovatives Breitbild-Verfahren: Das CinemaScope, soll für ein neues Kinoerlebnis sorgen. Erster mit CinemaScope gedrehter Film ist "Die Ritter der Tafelrunde" mit Ava Gardner (1953). Außerdem entdeckt MGM die 3D-Technik für sich: Aber das Filmdrama "Arena" als erster Testballon wird 1953 nur ein Achtungserfolg.
Nicht nur die "Bequemlichkeit" der Zuschauer, die lieber zuhause fernsehen als ins Kino zu gehen, macht MGM zu schaffen. Es ist auch eine veränderte Erwartungshaltung. Das Publikum ist von der von MGM inszenierten "heilen Welt" übersättigt. Was in und um Kriegszeiten ein willkommener Seelenbalsam war, wird nun vom Anspruch nach gesellschaftskritischen Werken eines Billy Wilder, William Wyler oder George Stevens verdrängt.
Diese Tendenz lässt sich auch in den Musical- und Tanzfilmen ablesen. Am Anfang des Jahrzehnts stehen sie noch voll im Trend. "Ein Amerikaner in Paris" gewinnt 1951 einen Oscar. Die Stars der Szene wie Gene Kelly in "Singin' in the Rain" (1952), Fred Astaire in "Vorhang auf!" (1953) oder auch Frank Sinatra in "High Society" (1956) locken die Zuschauer in die Kinos.
Doch gegen Mitte der 50er kehrt sich das Bild langsam um: "Brigadoon" (1954), "Tief in meinem Herzen" (1954) oder "Einladung zum Tanz" (1956) erweisen sich als Flops. MGM muss sich dringend neue Themenschwerpunkte suchen.
Personelle Veränderungen - Der Beginn einer neuen Ära
Dieser Konflikt der thematischen Leitlinien wird auch innerhalb der MGM-Spitze ausgefochten. Auf der einen Seite steht Studiochef Louis B. Mayer mit seinem Credo einer "heilen Welt", auf der anderen Seite Produktionschef Dore Schary mit der Devise, dass Filme auch gesellschaftspolitische Botschaften vertreten müssen. Der Streit eskaliert 1951, Mayer setzt dem Präsidenten von Loew's, Inc., dem Mutterunternehmen von MGM, ein Ultimatum und verliert. Neuer Studiochef wird Schary, Mayer geht. Aber auch Scharys Bemühungen um Filme mit "Anspruch" scheitern. 1956 wird er ebenfalls entlassen.
Nachdem bereits 1955 der alte Loew-Präsident Nicholas Schenck in den Ruhestand gegangen ist, bricht mit dem Team Joseph Vogel (Präsident) und Sol Siegel (Studiochef) eine neue Ära an. Sie versuchen den "Feind Fernsehen" für sich zu nutzen. Mit MGM Television wird noch im selben Jahr eine neue Marke gegründet, die den TV-Markt auch für MGM erobern soll. Und tatsächlich werden in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche Serien und TV-Projekte erfolgreich initiiert und umgesetzt.
Als MGM 1956 die TV-Rechte vom Musicalfilm "Der Zauberer von Oz" an CBS verkauft, ist dies der Auftakt eines neuen Rituals: Von nun an wird dieser Film jedes Jahr genau einmal im TV ausgestrahlt, damit avanciert er zu einem der erfolgreichsten Filme von MGM.
Eine andere Ära geht 1957 zu Ende, als MGM seine Zeichentrickstudios schließt, bereits 1955 ist mit Tex Avery ein visionärer Zeichentrickveteran aus der Kreativschmiede ausgeschieden. 1957, in dem Jahr, in dem auch der alte Boss Louis B. Mayer stirbt, schreibt MGM das erste Mal rote Zahlen.
Auf der Suche nach Erfolgsrezepten
1957 versucht MGM mit dem Sezessionskriegs-Drama "Das Land des Regenbaums" an den Erfolg von "Vom Winde verweht" anzuknüpfen. Zwar ist der Film mit Elizabeth Taylor und Montgomery Clift prominent besetzt, aber der erhoffte große Erfolg wird es nicht.
Die 50er-Jahre bringen Abenteuer- und Monumentalfilme ganz groß raus: z.B. "Quo Vadis" (1951) oder "Ivanhoe" (1952). Den größten Hit jedoch landet MGM 1959 mit dem Historien-Epos "Ben Hur". Thematisch setzt man auf ein Stummfilm-Remake. Und auch wenn Charlton Heston anfangs nicht der Favorit für die Titelrolle des Judah Ben Hur ist, führt er den Film zum Erfolg: 11 Oscars heimst der Streifen ein. Dies ist absoluter Rekord und kann erst 1993 von "Titanic" getoppt werden.
Ebenfalls 1959 löst Alfred Hitchcock sein Versprechen ein, einen Film für MGM zu drehen. Mit dem Thriller "Der unsichtbare Dritte" zeigt sich der Meister des Suspense auf der Höhe seines Schaffens und schickt Cary Grant auf eine aberwitzige Hetzjagd quer durch die Vereinigten Staaten.
Den Rückgang an Kinobesuchern und die finanziellen Verluste lassen sich auch in der Zahl der von MGM produzierten Filme ablesen. Waren es am Anfang des Jahrzehnts im Schnitt über 40 Filme pro Jahr, sinkt die Zahl ab 1955 auf unter 30. Die insgesamt 328 Filme, die MGM in den 50ern produzieren, bleiben aber eine eindrückliche Bilanz. Ob dies im nächsten Jahrzehnt so durchzuhalten sein wird, ist fraglich, denn das Hollywoodstudio-System ist im allgemeinen Niedergang begriffen, und MGM wird auch weiterhin nach den richtigen Lösungsstrategien suchen müssen.
Daniel Regener