Da haben sich zwei gefunden: Heinz Strunk und Olli Schulz sind seit 15 Jahren befreundet, haben aber noch nie zusammen gearbeitet.

Warum eigentlich, fragt man sich, schließlich haben die zwei Herren einiges gemeinsam: Beide sind Hamburger vor dem Herrn, beide begnadete Musiker (Strunk: Querflöte und Saxophon, Schulz: Gitarre und Klavier) und beide sprengen die Grenzen dessen, was so landläufig unter dem schrecklichen Begriff Comedy im Fernsehen unterwegs ist - Strunk bei extra 3, Schulz im Dunstkreis von Circus Halligalli und Jan Böhmermann.

Jetzt haben sich zwei der interessantesten (TV-)Persönlichkeiten des Landes also zum ersten Mal zusammengetan. Heinz Strunk präsentiert in "Herr Strunk, Herr Schulz und 2016" seinen ganz persönlichen Jahresrückblick, der NDR hat ihm dafür alle Freiheiten und Olli Schulz als Sidekick genehmigt.

Als Schauplatz hat Strunk das noble Grand Hotel Heiligendamm an der Ostseeküste gewählt. Hier zogen sich 2007 die Regierungschef der G8-Gruppe zurück, jetzt checkt Heinz Strunk in seiner Rolle als abgeklärter "Experte für alles" aus "extra 3" als einziger Gast ein. Olli Schulz empfängt ihn in sämtlichen Rollen als Portier, Barman, Hausmeister und mehr - und beweist dabei durchaus beachtliches Schauspieltalent.

Sexy Flüchtlinge gegen Kotelett-Deutsche

Die großen Ereignisse (Trump, Brexit usw.) interessieren Strunk weniger, es sind schließlich die kleineren Geschehnisse, die ein Jahr so formen: 100 Jahre Feuerwehr Bernstorf zum Beispiel, oder die Wahl zum Lurch des Jahres.

Das klingt blödelhafter als es ist, Strunk hat schließlich auch aufklärerische Intentionen. So seziert er Sprachmüll und Selbstoptimierungswahn, schlägt als Lösung der Flüchtlingskrise den Austausch von faulen "Kotelett-Deutschen" gegen "gutausgebildete, sexy Flüchtlinge" vor und konfrontiert Carsten Maschmeyer, der sich dieses Jahr bei "Die Höhle des Löwen" als Elder Statesman gerierte, mit seiner Vergangenheit als "Drückerkönig" (Strunk).

Atmosphärisch durchweht den Anti-Jahresrückblick ein Hauch von "Dinner for One", "The Shining" und vor allem von Loriot, der für seine Show zu seinem 70. Geburtstag 1993 auch ein Hotel-Setting wählte. Auch wenn nicht alles zu 100 Prozent zündet: Das genial dadaistische Zusammenspiel zwischen Strunk und Schulz macht Lust auf mehr - und ist ein überfälliges Korrektiv zu den Jahresendshows von Kerner, Jauch und Co. Und mit seiner kühlen Distanziertheit auch zu den anbiedernd komplizenhaften Rückblicken der Satirikerkollegen.

Ach ja, Lurch des Jahres ist für Strunk übrigens, durchaus überraschend, der gute alte Feuersalamander.
Autor: Sebastian Milpetz