ARD Degeto/Stephan Rabold

Mogadischu
Mit einer Flugzeugentführung erreichte der Deutsche Herbst 1977 einen tragischen Höhepunkt. TV-Dokudrama. Bild: Die GSG9 stürmt die entführte Lufthansa-Maschine.
ARD, So., 30.11.2008, 20.15 Uhr

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Für sein TV-Drama Mogadischu pferchte Roland Suso Richter sein Team tagelang bei größter Hitze in einer Boeing 737 zusammen.

Die Hitze war schier unerträglich, die Klimaanlage längst ausgefallen, die Wasservorräte begrenzt, ein Verlassen der stickigen Flugzeugkabine unmöglich. Fünf Tage litten die 82 Passagiere und fünf Crewmitglieder, eingepfercht in einer Boeing 737. Vier palästinensische Terroristen, zwei Männer und zwei Frauen, hatten die Maschine in ihre Gewalt gebracht, um Mitglieder der Rote Armee Fraktion (RAF) freizupressen.

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Die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut", die am 13. Oktober 1977 von Mallorca nach Frankfurt fliegen sollte, hielt die Bundesrepublik fünf Tage lang in Atem. Mit dem letzten Tropfen Kerosin erzwang der Pilot eine Landung in Somalia. Dort stand die "Landshut" in der glühenden Hitze, bis die Bundeswehr-Elitetruppe GSG 9 in der Nacht des 18. Oktober in einem Blitzeinsatz die Maschine stürmte, drei Terroristen tötete und alle Geiseln unverletzt befreite.

Bilder Mogadischu

Wenige Stunden danach erschossen sich Andreas Baader und Jan-Carl Raspe in ihren Zellen in Stuttgart Stammheim, Gudrun Ensslin erhängte sich, Irmgard Möller überlebte ihren Selbstmordversuch. Einen Tag später ermordete die sogenannte "zweite Generation" der RAF Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.

Während Bernd Eichinger fürs Kino die Geschichte der RAF verfilmte, wählten Teamworx-Chef Nico Hofmann und sein Regisseur Roland Suso Richter den "Nebenschauplatz" Mogadischu. Grundlage ihres sechs Millionen Euro teuren TV-Films sind Recherchen des Dokumentarfilmers Maurice Philip Remy, der in akribischer Puzzlearbeit klärte, warum Flugkapitän Schumann in Aden für 15 Minuten das Flugzeug verließ.

"Die Zeit erlebbar machen"

Lange Jahre hielt sich die Legende, er habe fliehen wollen. Doch Remy fand den Mann, der die Wahrheit kennt: Scheich Ahmed Mansur. Ihn bat Schumann eindringlich, den Forderungen der Terroristen nachzugeben. Doch der Scheich lehnte ab. Der Pilot verabschiedete sich mit den Worten: "Ich kehre jetzt zurück. Ich bin sicher, sie werden mich umbringen."

Minuten später wurde er von Terrorist Mahmud kaltblütig hingerichtet. Thomas Kretschmann spielt Schumann mit unaufgeregter Intensität als stillen Helden, der mutig verschlüsselte Infos über die Zahl der Geiselnehmer nach draußen schmuggelte, die der GSG 9 eine realistische Einschätzung der Lage erst ermöglichten.

Dass "Mogadischu" ein so beklemmendes Drama geworden ist, obwohl jeder den Ausgang der Geschichte kennt, liegt nicht nur an exzellenten Darstellern wie Nadja Uhl oder Christian Berkel, sondern auch an der Entscheidung des Regisseurs, Bedingungen zu schaffen, die den damaligen ähnelten: "Ich wollte, dass es unbequem ist."

In der Kabine herrschten 45 Grad

Zehn Tage lang wurde in einer Boeing 737 gedreht, die auf dem Rollfeld der Flughafens von Casablanca stand. In der Kabine herrschten 45 Grad, Schauspieler, Crew und Komparsen kamen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Das Ergebnis beeindruckt. "Der Film zeigt den Terrorismus in all seinem Wahnsinn und seiner Grausamkeit", sagt Produzent Hofmann. Das ist nicht übertrieben.

Susanne Sturm

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