"Ich glaube, Edmund Stoiber ist ein linker Kabarettist, der vor 30 Jahren beschlossen hat, die Rolle seines Lebens zu spielen und die CSU von innen zu vernichten." Dies ist nur eine von Mittermeiers Überlegungen zur Weltlage.

Außerdem klärt er, was Tarzan mit den Italienern zu schaffen hat und wer hinter dem miesen Klimakomplott steckt. - Zum 20. Bühnenjubiläum serviert der quirlige Bayer zwei Jahrzehnte Safari durch Deutschland und die Welt. 2008 erhielt der 42-Jährige den Deutschen Comedypreis als bester Komiker.

Safari (Teil 2) - Pro Sieben, Di., 9.12.2008, 20.15 Uhr: Hier vormerken!

Wie hat die Ludwig-Maximilians-Universität in München reagiert, als Sie Ihr Politik- und Amerikanistik-Studium ausgerechnet mit einer Magisterarbeit zum Thema "Amerikanische Stand-up-Comedy" abschließen wollten?

Michael Mittermeier: Meinen Professor Gerd Reitl hat das sehr gefreut. Er war ein großer Humorfan, der auch Satirebücher schrieb. Unter Pseudonym. "Tief in Bayern" ist zum Beispiel von ihm. Wir haben oft Schallplatten ausgetauscht, mit Stand-up-Programmen aus Amerika.

Gerd Reitl hat an der Uni auch Seminare gegeben, in denen er sich mit Humor beschäftigte. Da fand er es wahnsinnig geil, dass einer wie ich, der auch noch aktiv auf der Bühne steht, das Thema Stand-up-Comedy wissenschaftlich behandelte.

Was mussten Sie für die Magisterarbeit tun?

Ich habe ein Jahr lang recherchiert und hunderte von Zeitungsartikeln aus den Archiven studiert. Ich habe vor allem Stand-up-Comedy der 60er- und 70er-Jahre behandelt. Mein großer Held war Lenny Bruce, aber auch Richard Pryor und Joan Rivers. Alles Leute, die hier kaum einer kennt.

Zu welcher Erkenntnis führte die Arbeit?

Mir wurde schnell klar, dass die Summe aller Stand-up-Comedy-Programme eine gute sozialwissenschaftliche Studie ergibt. Schließlich spiegeln die Inhalte ja wider, was in einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Land passiert. Wie ist die Stimmung? Ist man sauer oder ist man glücklich? Das gilt für die Politik genau so wie für die Gesellschaft und den Boulevard. Diese Erkenntnis klingt jetzt simpel, aber ich musste sie halt überprüfen.

Wie politisch war damals das Programm der amerikanischen Comedians?

Politischer als Lenny Bruce kann man nicht sein. Der ist verhaftet worden, weil er offen und ehrlich war, aber zu der Zeit gab es Zensur. Wenn Du auf der Bühne "Oralsex" oder "Blasen" gesagt hast, bist du verhaftet worden. Das zeigt die Prüderie eines ganzen Jahrzehnts - und Lenny Bruce hat sich dagegen gewehrt. Er war Jude und hat mit viel Selbstironie auch unglaubliche Witze über Juden gemacht. Wenn du heute seine Nummern auf die Bühne bringen würdest, hieße es sofort: Ach du scheiße, das ist aber hart.

Zum Beispiel?

Juden casten sich einen Diktator. Sie finden erst keinen, dann steht da aber ein hässlicher Putzmann. Und sie sagen: Komm mal rein! Das ist der Richtige! Daraus wird dann Adolf Hitler. Auf so eine Nummer musst du erst mal kommen. Heute wären alle geschockt.

Neidisch?

Nein. Ich darf solche Nummern ganz einfach nicht machen, weil ich kein Jude bin, sondern ein Außenstehender. Ich schaue für mein Programm grundsätzlich auf Dinge, die mir selbst nahe stehen. Ich mache die Augen auf und sehe überall Themen. Das kannst du gar nicht verarbeiten, so viel ist da. Das ist das Schöne an der Stand-up-Comedy: Es hört nie auf.

Mangelt es der deutschen Comedyszene an politischen Inhalten?

Das ist ein typisch deutsches Problem: Alle meinen, ein Programm mit tagesaktuellen Themen muss besser sein als ein Programm, in dem einer eine geile Geschichte über Gänseblümchen erzählt. Ich höre mir lieber eine geile Geschichte über Gänseblümchen an als eine schlechte politische Satire. Wir haben in Deutschland eine ungeheure Vielfalt an guten Comedians und Kabarettisten. Der eine redet über Politik, der andere über Teppichboden. Das ist ja auch gut so. Es muss doch nicht jeder die ganze Palette abdecken.

Warum fehlt uns in Deutschland ein Format wie die amerikanische "Daily Show", in der Jon Stewart die US-Politik mit einem Riesenerfolg satirisch betrachtet?

Bei uns ist Late Night ein bisserl verbrannt. Keiner traut sich ran. In Amerika sitzen 30 Autoren an der "Daily Show", davon sind 25 auf einer Qualitätsstufe, von der wir bei uns in Deutschland vielleicht maximal zehn Autoren haben. Auch Jon Stewart ist großartig. Ich habe den schon vor zehn oder 15 Jahren im Comedy Cellar in New York gesehen. Er ist Comedian, Kabarettist, aber er will die Themen nicht verblöden, wenn er in seiner Sendung die Interviewpartner befragt. Trotzdem setzt er ganz gekonnt seine Pointen.

In Deutschland müssen wir uns jetzt mit "Schmidt & Pocher" begnügen.

Wir haben aber auch Erwin Pelzig, den Franken aus "Pelzig unterhält sich". Er ist eine Kunstfigur und unterhält sich mit Politikern und anderen Leuten. Nicht der Pointe wegen. Der hat einen journalistischen Anspruch und will wirklich was aus den Leuten rausholen. Dennoch kann man sich beim Zuschauen amüsieren.

In Österreich gibt es gerade eine ganz tolle Sendung: "Wir sind Kaiser". Da sitzt einer auf dem Thron und mimt den Kaiser. Vor ihm sitzt dann der Chefredakteur einer Zeitung und muss beim Gespräch die höfische Etikette einhalten. Denn der andere bleibt komplett in seiner Rolle als Kaiser. Das ist großartig, weil er dadurch ganz andere Dinge aus den Gästen herausholt als ein deutscher Journalist in seiner Talkshow.

Was ist an unseren Talkshows auszusetzen?

Unsere Talkshows sind immer so ernst. Und keiner hört dem anderen zu, sondern jeder will immer nur selbst reden. Keine Ahnung, ob da vorher noch Koks oder Adrenalin verteilt werden. Die meisten Talkshows wirken auf mich wie Kindergartentreffen, nur dass Kinder sich besser aufführen und sich freundlich gesinnt sind.

Das deutsche Fernsehen adaptiert gern. Würden Sie den Kaiser spielen wollen?

Ich glaube nicht, dass man diese Sendung adaptieren kann. Das ist ein Ding der Österreicher. Das kommt bei denen aus dem Bauch heraus. Bei uns würde das gespielt und aufgesetzt wirken. Wir haben aber auch authentische Figuren. Kurt Krömer. Großartig. Und die erste Besetzung der "Wochenshow" war grandios. Überleg mal, Bastian Pastewka, Anke Engelke und Marco Rima. Alle drei gehören zu den besten, die Deutschland je hatte.

Wir haben ja gute Leute und gute Sendungen in Deutschland. Es wird viel zu viel gejammert. Natürlich gibt es auch schlechte. Aber da kann ich nur sagen: Hockt Euch nicht davor! Geht ins Kino oder macht ganz was anderes!

Sie haben mal Dieter Hildebrandt als Ihr Vorbild genannt. Warum?

Er ist einer von mehreren Leuten, die ich verehrt habe. Nicht als Idole, aber als Wegbereiter, die mich beeinflusst haben. Ich bin ja eine relativ schräge Mischung. Manchmal politisch, manchmal absurd, manchmal lustig, manchmal einfach nur blöd. Ich gehe nicht auf die Bühne, um einer klaren Linie zu folgen, sondern um Spaß zu haben.

Schon als Zwölfjähriger habe ich bei uns im Ort die Kabarettbühne besucht. Da habe ich Leute wie Gerhard Polt und Dieter Hildebrandt gesehen. Hildebrandt war immer ein Großmeister des Worts, und Kabarett ist eine Kunstform, die mich schon früh geprägt hat.

Auf der anderen Seite wurde ich beeinflusst von Lenny Bruce, Jerry Lewis und Steve Martin. Natürlich auch von Otto Waalkes. Niemand kann sagen: Der eine ist besser oder schlechter als der andere. Du kannst ja Otto nicht mit Dieter Hildebrandt vergleichen.

Wegen Dieter Hildebrandt lautete Ihr großes Ziel aber nie "Scheibenwischer"?

So ein Ziel gab es gar nicht. Ich bin auf die Bühne gegangen, um das zu sagen, was aus mir raus wollte. Meine Generation ist noch auf die Bühne gegangen, um sich selbst zu verwirklichen, und nicht, um ein Programm zu machen, das in erster Linie bei einem großen Publikum ankommen soll.

Es gab ja damals gar keine Comedy- oder Kabarett-Industrie nach heutigem Vorbild. Entsprechend war damals auch gar kein Gedanke an Karriere oder Fernsehen da. Was ich aus heutiger Sicht als sehr großes Glück empfinde. Ich bin nichts nachgelaufen.

Anfangs habe ich Erfolg nur so definiert: Beim ersten Auftritt in einem kleinen Saal kommen 30 Leute und die lachen alle. Ein Jahr später lachen schon 50 Leute und wieder ein Jahr später 92 - und 92 passen in diesen Saal rein. Also: Ausverkauft! Super! Ein Jahr später wieder ausverkauft. So habe ich Erfolg definiert.

Auch außerhalb Ihrer Programme sind sie politisch und sozial engagiert. Nicht zuletzt, um zu vermeiden, dass Ihre im Januar geborene Tochter Lilly Magdalena eines Tages fragt: "Papa, warum hast Du nichts gemacht? Du warst doch bekannt?" So haben Sie es in einem Interview formuliert.

Da habe ich Bono zitiert. Ich durfte ihn bei der Echo-Verleihung treffen und mit ihm und Bob Geldof auch an den Konzerten zum G8-Gipfel mitarbeiten. Das war sehr beeindruckend. Denn Bono und Bob Geldof sind Ikonen. Natürlich habe ich auch mit Bono darüber gesprochen, was ihn antreibt. Dabei sagte er diesen Satz über sein Kind.

Das wäre doch tragisch, wenn er eines Tages zurückblickt und das Fazit seiner Popolarität lautet: "Ey, wir haben geil gesoffen und rumgehurt!" Unabhängig davon, dass auch ich jetzt Vater geworden bin, sehe ich es ebenfalls als meine Aufgabe, auf Missstände aufmerksam zu machen. Wir Künstler können Themen größer machen.

Wie zum Beispiel?

Indem wir Massen ansprechen. Vor allem die jungen Massen. Das sind potenzielle Wähler. Angela Merkel hat doch noch nie auf Argumente reagiert. Nur auf mögliche Wählerstimmen. Und wenn sie merkt, dass sich sehr viele Leute wegen "Live Aid" für Afrika engagieren, dann weiß sie, dass sie mit richtigen Entscheidungen bezüglich Afrika Sympathien und am Ende Wählerstimmern gewinnen kann.

Natürlich leistet jeder Unicef- oder Ärzte-ohne-Grenzen-Mitarbeiter für wenig Geld sehr viel bessere und wichtigere Arbeit als ich hier in Deutschland, wo es mir sehr gut geht. Aber ich kann mein Maul aufmachen und Leute erreichen. Und das mache ich auch.

Was schert es die chinesische Regierung, wenn Michael Mittermeier zum Boykott der Olympischen Spiele aufruft?

Das schert die gar nix. Ich habe auch nicht zum Boykott aufgerufen. Ich habe nur gesagt, dass ich die Spiele nicht anschaue. Für mich war da kein Olympischer Geist erkennbar, weil China sich in Tibet, in Burma oder auch im Sudan menschlich unter aller Kanone aufführt. Mir kam das Kotzen, wenn ich sah, wie das von allen Offiziellen des IOC ein Jahr vor der Eröffnungsfeier künstlich heruntergespielt wurde.

Am Ende wurden die Journalisten dann doch alle zensiert und abgehört. Die machen telefonisch einen Interviewtermin mit jemandem im hinterletzten Dorf aus, fahren am nächsten Tag dorthin und erfahren nur: Ich kann mit Euch nicht reden. Ist doch klar, dass jemand das Gespräch belauscht und den Mann bedroht hat. Wo ist denn da die versprochene Pressefreiheit?

Was ist der Unterschied zwischen Bono und einer nicht minder wohltätigen Angelina Jolie?

Das weiß ich nicht. Ich müsste Angelina Jolie treffen. Meiner Meinung nach sind Angelina Jolie und Brad Pitt bestimmt ganz okay. Die sind ein nettes Paar mit sehr guten Zielen für die Welt. Aber beide haben das Pech, dass sie nicht mal mehr aufs Klo gehen können, ohne dass irgendwo jemand eine Kamera anmacht. Das ist CIA in Reinkultur und ganz traurig.

Die Medien meinen immer, es sei wichtig, dass die Leser über alles informiert sind. Nein, es ist nicht wichtig, ob einer Künstlerin besoffen die Bluse verrutscht oder ein Künstler nachts im Supermarkt an der Tankstelle was zu Essen kauft.

Gehört das nicht dazu, wenn man die Massen erreichen und mobilisieren will?

Nein, das ist nicht Teil des Geschäfts. Ich mache keine Homestorys, ich mache kein Boulevard, ich mache den ganzen Zirkus nicht mit. Es gibt eine Menge C-Sternchen, die davon leben. Das mag schon sein. Aber davon distanziere ich mich.

Sollen die Medien also nur Werbeagenturen sein, die Karrieren vorantreiben, Weltverbesserungsvorschläge der Künstler drucken und ansonsten wegschauen?

Das hat damit nichts zu tun. Natürlich suchen Künstler die Öffentlichkeit, aber in erster Linie mit der Arbeit, die sie machen. Am Strand in der Sonne zu liegen, gehört nicht dazu. Bono hat seit Jahren keinen Skandal gehabt und spielt in einer der erfolgreichsten Bands, die geile Musik macht. Bei uns hat Xavier Naidoo allein durch seine geilen Lieder Erfolg.

Der hat es nicht nötig, sich im Bierzelt fotografieren zu lassen, damit er sein Brathenderl umsonst kriegt. Der hält sein Privatleben unter Verschluss. So wie auch ich. Natürlich erzähle ich auf der Bühne private Dinge, aber in einer Kunstform, die bei aller Authentizität lustig und satirisch ist. Das gibt aber niemandem die Legitimation, noch einen Schritt weiterzugehen.

Welchen Beruf geben Sie bei der Steuererklärung oder in Hotels an?

Wenn ich einen Beruf angeben muss, schreibe ich Kabarettist. Komiker klingt halt scheiße und mit Comedian wird auch keiner so richtig warm. Die Berufsbezeichnung ist letztlich ganz egal. Für mich zählt nur, dass ich auf der Bühne stehen kann und die Leute unterhalte.

Den Inhalt Ihres aktuellen Programm "Safari" beschreiben Sie in einem Playboy-Interview mit den Worten: "Alles, was ich in den letzten 20 Jahren auf meinen Reisen und Touren erlebt habe. Plus ein paar aktuelle Nummern, von Klima bis China. Dazu ein bisschen Politik, aber nicht zu viel." Was wäre denn zu viel Politik?

Das meinte ich im Vergleich zu meinem letzten Programm „Paranoid", das extrem von politischen Themen lebte. Ich mache von Programm zu Programm einen neuen Kosmos auf. Bei "Safari" war mir klar, dass ich Geschichten und Anekdoten rund ums Reisen erzählen und die Leute nicht durchgehend mit Tagespolitik zuhauen will. Obwohl das in mir drinsteckt und ich ein sehr politischer Mensch bin. Nicht nur durch mein Politikstudium.

Bevor ich mit "Paranoid" begonnen habe, sagten alle: "Mach' bloß kein Politprogramm in den großen Hallen!" Natürlich gingen auch ein paar Leute raus, weil es nicht ihren Erwartungen entsprach, von mir etwas über Gerhard Schröder und Angela Merkel zu hören. In „Safari" spielt die Politik eher in Form von Klimawandel oder Afrika eine Rolle.

Stets verpackt in eine Geschichte. Ich bin ja nicht der Ober-Message-Fetitischten-Papst, sondern ein Unterhalter, der neben den Lachern auch noch ein paar Ansätze zum Nachdenken mitgeben will.

Hatten Sie am Anfang Ihrer Bühnenkarriere Möglichkeiten, die Sie heute nicht mehr haben, weil Sie zu bekannt sind?

Mir fehlen keine Möglichkeiten. Ich mache, was ich will, und war dabei schon immer ein kompletter Grenzgänger. Ich habe gesungen, Gedichte gelesen, mich verkleidet. Ich habe Hardcore-Nummern als Skinhead gemacht, die für viele Zuschauer zu schwierig war, und ich habe jetzt in "Safari" eine Nummer über Afrika, die keine Pointe hat.

Das ist immer ein Moment der Stille im Programm und gar nicht so einfach durchzustehen für einen, der eigentlich von Lachern lebt. Dennoch liebe ich diesen Spagat. "Safari" ist ein herrlicher Kosmos mit Anleihen aus meinen 20 Jahren Bühnenerfahrung. Das ist ein erwachsenes Programm mit vielen kindlichen Einsprengseln. Ich nehme Leute auf eine Reise mit, erzähle von Löwen, Klimawandel und Edmund Stoiber.

Will das auch der Pro-Sieben-Zuschauer hören?

Ich denke, ja. Schon meine ersten Bühnenprogramme haben dort sehr gute Quoten erzielt. Das ist ja das Unglaubliche: Da steht nur einer und redet - und bislang hat Pro Sieben damit zur Primetime immer um vier Millionen Zuschauer gelockt. So viele schalten oft nicht mal bei einem Hollywood-Film ein, der 60 Millionen Dollar gekostet hat.

Ist das schlechte Abschneiden der CSU bei der letzten Bayern-Wahl ein guter Comedy-Stoff oder eher eine Chance für Bayern?

Bei Wahlen interessiert mich Comedy-Stoff überhaupt nicht. Das ist wurscht. Ich hoffe immer, dass eine Wahl so ausgeht, wie ich es am liebsten hätte. Das war diesmal eine sehr schräge Wahl. Wir haben jetzt eine Demokratie in Bayern.

Kommen die Bayern damit klar?

Wir werden sehen. Aber ich war fast erschrocken, wie aktuell eine meiner Bühnennummern plötzlich wieder ist. Da behaupte ich, dass Edmund Stoiber von gegnerischen Parteien in die CSU geschmuggelt wurde, um die CSU von innen heraus zu zerstören. Die Nummer habe ich ein Dreivierteljahr nicht mehr gebracht, aber jetzt musste ich einsehen: Ach du scheiße, ich hatte Recht!

Bei welcher Partei haben Sie denn in Bayern Ihr Kreuzchen gemacht?

Ich bin bekennender Grün-Wähler und gehöre zu den wenigen Kabarettisten und Comedians, die offen über ihre politische Ausrichtung sprechen. Ich kann doch nicht drei Stunden lang auf der Bühne die Große Koalition abwatschen und Merkel ins Knie schießen, aber dann hinterher sagen: Was ich wähle, geht Euch gar nix an! Dadurch würde ich an Authentizität verlieren.

Fällt es Ihnen zunehmend schwer, die Grünen zu wählen?

Nein, die Hürde ist nicht größer geworden. Denn Grün ist eine Gesinnung. Das ist keine Partei für Tagespolitik. Da werden nicht von heute auf morgen irgendwelche Bullshit-Entscheidungen getroffen, die bei der nächsten Wahl zwei Prozent mehr Stimmen einbringen könnten. Natürlich sind nicht alle Grünen-Politiker toll, aber sie haben gemeinsame und langfristige Ziele für die Umwelt und den Klimaschutz.

Da können die Bayern noch so oft betonen, dass sie das erste Umweltministerium Deutschlands hatten. Ohne den Druck der Grünen hätten die das nie gegründet. Deswegen fällt es mir auch nicht schwer, mein Kreuz bei den Grünen zu machen. Obwohl Politik ein ganz schöner Kindergarten sein kann.

Warum gehen Sie nicht selbst in die Politik?

Weil ich meine Meinung gern frei heraus plaudere. Aber in Parteien musst du über viele Jahre hinweg so viele Kompromisse eingehen, dass du jede Aussage so lang verdrehst, bis sich auch die letzte Lobbygruppe bedient fühlt. Das ist nichts für mich. Außerdem hätte ich Angst, dass die mich wirklich wählen.

Das gehört dazu.

Richtig. Und ich weiß ja, dass ich sehr gut Leute mobilisieren kann. Ich verstehe sogar etwas von Politik. Nicht nur durch mein Studium, sondern weil ich auch jeden Morgen intensiv die Süddeutsche Zeitung lese. Aber die aktive Politik ist einfach nicht meine Welt.

Da wäre ich falsch aufgehoben und hätte Angst vor einer schnellen Karriere. Schau dir doch mal den Erwin Huber an: Der war 15 Jahre lang einfach nur da. Er hat ja nie wirklich was gemacht. Gut, er war mal Generalsekretär und musste die grobe Scheißarbeit machen. Aber dann wurde er plötzlich CSU-Vorsitzender. Einfach nur, weil er da war. Und in diesem Moment konnte er auch nicht mehr sagen: Ach nee, lass mal! Die Quittung bekam er dann bei der letzten Wahl.

Michael Scholten