Woran starben die "Hartz und herzlich"-Teilnehmenden?
Seit 2016 läuft die Sendung mehr oder weniger regelmäßig im Programm von RTLZWEI. Dabei werden verschiedene Menschen begleitet, die am Existenzminimum, am wirtschaftlichen Rand von Deutschland leben. Entweder arbeiten sie gar nicht oder in prekären Arbeitsverhältnissen. Genau das macht die Faszination der Sendung aus: Die Protagonistinnen und Protagonisten geben Einblicke in ihren Alltag, zeigen aber neben ihrem täglichen Überlebenskampf auch, mit welchem Witz und welcher Ironie sie ihren Problemen begegnen.
Nicht bei allen der bis heute 14 toten Menschen der Sendung ist offiziell bekannt, woran sie gestorben sind. Von denen wir es wissen: Lungenkrankheit COPD, eine Herzkrankheit, Krebs, Alkoholsucht, Lungenentzündung, Totschlag. Während Krebs in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommt, stehen die anderen Todesursachen fast alle direkt mit dem Thema von "Hartz und herzlich" in Verbindung: Laut einem Report des Robert-Koch-Instituts und dem Soziologie-Professor Matthias Richter sterben Menschen in Deutschland, die weniger Geld als das Durchschnittseinkommen verdienen, früher. Armut erhöht also das Sterberisiko.
Armut macht krank
Über andere Realityformate wie "Bauer sucht Frau" oder "Goodbye Deutschland" liest man Todesmeldungen im Verhältnis seltener als bei "Hartz und herzlich", obwohl sich das Alter der Teilnehmenden nicht unbedingt groß unterscheidet. Richter sagt über eine Auswirkung von Armut: "Die Menschen rauchen oder trinken teils mehr, um mit dem Arbeitsstress fertig zu werden." Das führt zu den Toten durch Alkoholsucht. Lungenentzündungen, Krebs und COPD sind laut des Deutschen Krebsforschungszentrums Folgen des Rauchens. Dabei muss nicht unbedingt Arbeitsstress vorhanden sein, damit mehr geraucht und getrunken wird. Arbeits- und Erwerbslosigkeit allein sind bereits große Stressfaktoren.
Außerdem hätten ärmere Menschen weniger Netzwerke, um sich zu entlasten, ergänzt Richter: "Sie haben weniger Freunde, Kollegen oder Familienmitglieder, auf die sie im Belastungsfall zugreifen können." Dass Menschen in prekären Arbeitssituationen oder ohne Arbeit weniger Kollegen und Freunde haben, liegt auch daran, dass sie weniger Geld zur Verfügung haben, mit dem sie ihre Freizeit gestalten können. Des Weiteren ernähren sich ärmere Menschen, laut Heinrich-Böll-Stiftung, ungesünder, was sich ebenfalls auf die Lebensdauer auswirkt. Deren Untersuchung zeigt, dass ungesündere Lebensmittel oft preisgünstiger sind als gesunde. All diese Faktoren sind auf die Teilnehmenden von "Hartz und herzlich" anwendbar, deren Geschichten erzählt werden, weil sie von Sozialleistungen leben müssen oder in prekären Jobs arbeiten. Deshalb sind es häufiger Protagonistinnen und Protagonisten dieser Sozialdoku, über deren Todesfälle wir berichten müssen.