Wieso sprechen eigentlich alle immer vom Loveparade-Unglück? Ein Unglück ist etwas, was schicksalhaft über Menschen hereinbricht. Doch die Massenpanik, die am 24. Juli 2010 in Duisburg 21 Todesopfer und mehr als 500 Verletzte forderte, war eben keine Folge höherer Gewalt, sondern absehbare Konsequenz eines kollektiven Versagens.

Die Bilder schockierten, die vor einem Jahr im Fernsehen und bei YouTube zu sehen waren: ein Menschenbrei, der aus einem Tunnel quillt, Jugendliche in Todesangst, Tote auf der Straße, mit Rettungsfolien notdürftig abgedeckt. Kurz vor dem Jahrestag werden ARD und ZDF sie nun in einer Doku und einem Dokudrama noch einmal zeigen. Ebenso wie die erbärmliche Vorstellung, die die Organisatoren nach der Tragödie ablieferten: die gegenseitigen Schuldzuweisungen und Versuche, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Inzwischen ist klar: Alle haben versagt. Die Stadt, die sich um jeden Preis mit dieser Veranstaltung schmücken wollte und Warnungen mutwillig überhörte. Der Veranstalter, der viel zu viele Menschen auf ein Festgelände ließ, das für Events dieser Größenordnung komplett ungeeignet war. Und die Polizei, die Sicherheitsbedenken nicht laut genug aussprach und am Tag der Katastrophe zu spät reagierte.

Die Filme zum Jahrestag wollen sich aber nicht allein an der noch immer nicht abschließend geklärten Schuldfrage abarbeiten. Im Fokus stehen vor allem auch die Opfer und ihre Angehörigen. Das ZDF wählt dazu die Form des Dokudramas: "Todesfalle Loveparade" kombiniert Interviews und Dokumaterial mit fiktionalen Schicksalen. Der Film bildet den Auftakt einer dreiteiligen Reihe mit Dokudramen zu Ereignissen der jüngsten Vergangenheit, darunter das Grubenunglück in Chile 2010.

Die ARD setzt dagegen auf eine klassische Dokumentation. "Die letzte Loveparade" reflektiert eine Frage, die ein Jahr danach erst richtig drängend wird: inwieweit die Klärung von Schuld und Verantwortung über Schmerz und Verlust hinweghelfen kann.

Christian Holst