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Der Tod war schneller

Top Gun im Tiefflug - spannende Arte-Doku über den Skandal der Starfighter-Abstürze vor 50 Jahren (MI, 7.4., Arte, 20.15 Uhr)

Wie kommt man eigentlich zu einem Flugzeug? Man kauft sich einen Garten und wartet. Der makabre Witz aus den Siebzigern spielt auf das Debakel um den legendären Kampfjet an, der im Volksmund als "Witwenmacher" oder "fliegender Sarg" bekannt war. Jetzt geht die Arte-Doku "Starfighter - Mit Hightech in den Tod" in einer neunzigminütigen Mischung aus Politthriller und Wirtschaftskrimi dem Geheimnis um die mysteriösen Abstürze von 270 Flugzeugen mit 116 toten Piloten nach.

Es ist bis heute die größte militärische Katastrophe der Nachkriegszeit in Deutschland. Sie nimmt ihren Lauf, als Verteidigungsminister Franz Josef Strauß Ende der 50er mit dem Überschalljäger F-104 des Flugzeugbauers Lockheed einen Coup landen will, der Deutschland auf den Weg zur Atommacht bringen soll. Ein politischer Wunschtraum, der die junge Bundeswehr und viele Verantwortliche überfordert - und einen hohen Preis kostet: In einer nicht abreißenden Serie stürzen in den 60er- und 70er-Jahren die Starfighter mitunter im Wochenrhythmus vom Himmel.

Die Bundeswehr spricht von menschlichem Versagen und von Schwierigkeiten mit dem Schleudersitz. Doch die Probleme sind gravierender: die Maschine ist mit Technik überfrachtet, extrem anfällig und eigentlich unbrauchbar. Schon bald spekuliert die Presse, dass bei der Anschaffung Bestechungsgelder geflossen seien.

"Da fällt der erste, da fällt der zehnte, dann der vierzigste... und nichts geschieht", wundert sich die Pilotenwitwe Gerli Lantzberg noch heute. Mithilfe von US-Staranwalt Belli reicht sie 1970 mit anderen Witwen Klage gegen Lockheed ein. Am Ende zahlt die Firma sechs Millionen Mark, so viel wie ein Starfighter damals kostete. Nach Abzug der Anwaltskosten blieben für jede Starfighter-Witwe 40000 Mark.

Unfassbar: Bei Piloten war die Maschine trotz der Abstürze aufgrund ihrer enormen Schubkraft und Endgeschwindigkeit beliebt wie keine andere. In der Öffentlichkeit behielt sie bis zur Ausmusterung ihren schlechten Ruf.
Heiko Schulze

TAGE DES DONNERS

1958 flog eine F-104 mit 2260 km/h Geschwindigkeits-Weltrekord, ein Jahr später erreichte ein Starfighter die Höhe von 31535 Metern. Ebenfalls Weltrekord.

1965 Schlimmstes Pannenjahr mit 27 Abstürzen und 17 Toten.

1975 Untersuchungsausschuss ermittelt, dass Lockheed in aller Welt Regierungsbeamte bestochen hat. In Japan, Holland und Italien treten daraufhin Minister zurück.

1991 Letzter Starfighter-Flug in Deutschland. Die verbleibenden Maschinen werden nach Griechenland und in die Türkei verschenkt.


Starfighter - Mit Hightech in den Tod
MI 7.4. Arte 20.15 Uhr