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Der Mordanschlag: Thriller über die Ermordung des Treuhandchefs

Petra Schmidt-Schaller und Ulrich Tukur in Der Mordanschlag
Petra Schmidt-Schaller und Ulrich Tukur in "Der Mordanschlag" Sender

Ein deutsch-deutsches Trauma: Im TV-Zweiteiler fiktionalisiert Drehbuchautor André Georgi den Mord an Treuhand-Chef Detlev Rohwedder um den sich bis heute Verschwörungstheorien ranken. Wir haben mit dem Autoren gesprochen.

Am 5. und 7. November zur besten Sendezeit im ZDF: "Der Mordanschlag". Der Wirtschaftskrimi und spekulative Thriller ist angelehnt an das Attentat auf Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder 1991 durch die RAF. Regisseur Alexandre und Autor André Georgi erzählen präzise und dicht: aus drei Perspektiven (die der Terroristen, die der Polizei und die Binnensicht der Treuhand), hoch spannend, namhaft besetzt (u.a. Suzanne von Borsody, Christoph Bach, Franziska Walser, Alexander Held) und und nur gelegentlich durch erklärende Monologe gebremst.

Der Mord am Treuhand-Chef Detlev Rohwedder 1991 wurde nie aufgeklärt. Auch in Ihrem Film nicht.
André Georgi: Wir können mit den Mitteln der Fiktion keinen kriminalistischen Fall lösen. Wir erzählen aber alle Varianten der Tat: Man hat die RAF als mögliche ­Täter. Dann Stasi-Leute, die den Ausverkauf der DDR verhindern wollte. Und die westdeutsche Wirtschaft, die einen Killer auf Rohwedder angesetzt haben könnte.

War Rohwedder wirklich so liberal, dass westliche Wirtschaftsbosse ihn hätten töten wollen?
Er war in der westdeutschen Wirtschaft verhasst. Rohwedder hatte eine große ­soziale Verantwortung. Das hat mich bei der Recherche regelrecht begeistert. Unmittelbar nach der Wende herrschte Raubtierkapitalismus. Das hat Rohwedder wütend gemacht. Er hat den Wirtschaftsbossen ins Gewissen geredet. Noch zwei Wochen vor seinem Tod hat es ein Treffen am Genfer See gegeben, wo er sich mit Vertretern führender Unternehmen getroffen hat. Für die war er ein Problem.

Funktioniert Terrorismus? Oder schweißen Anschläge die Bevölkerung nur noch mehr zusammen?
Bei Rohwedder hat es überhaupt nicht funktioniert. Seine Nachfolgerin Birgit Breuel hat all das gemacht, was Rohwedder nicht wollte. Rohwedder war wesentlich sozialer als Breuel. Er wollte die Betriebe schützen und sie erst einmal wachsen lassen. Die Breuel hat sie verramscht und die Filetstücke in den Westen verkauft. Die erste Generation der RAF hat­­te das klare Ziel, der Gesellschaft den Rest-Faschismus auszutreiben. Die zweite wollte hauptsächlich die inhaftierte erste Generation freibomben. Und die dritte Generation wollte wohl mit einem Attentat auf eine im Osten verhasste Person revolutionäres Potenzial wecken, das sie dort vermutet hat. Das ist überhaupt nicht gelungen.

Heute gibt es das RAF-Symbol auf T-Shirts und Postern. Terror als Teil der Popkultur. Was ist da passiert?
In den 80er-Jahren war die RAF in der linken Szene noch cool. Das ist irgendwann gekippt. In bestimmten Kreisen hätte man damals nicht unbedingt gesagt, der Rohwedder wurde ermordet, sondern, na ja, er hat sich seine Position ausgesucht, er kannte das Risiko.

Die Treuhand hat viele Ostdeutsche enttäuscht. Ist das auch eine Ursache für die heutige Unzufriedenheit im Osten?
Absolut. Ganz klar. In der Neuen Rechten spielt die Kritik an der Treuhand eine ganz große Rolle. Es gibt Forderungen nach einem neuen Untersuchungsausschuss. Die Treuhand war die Lehman Brothers der DDR. Viele denken: Die Treuhand ist dafür verantwortlich, dass unsere Biografien zerbrochen sind. Dass unsere Arbeitsleistung nicht mehr wertgeschätzt wird. Und das wird von den Rechten benutzt.

Die Jüngeren haben die Treuhand doch gar nicht erlebt.
Die Unzufriedenheit mit dem Zusammenbruch des eigenen Landes wird irgendwie vererbt. Ich merke bei Lesungen meines Romans "Die letzte Terroristin" in Ostdeutschland eine starke Reaktion auf die Schilderungen der Treuhand: "Das ist das, was uns zerstört hat." Diese Haltung kam in den Gesprächen ­hinterher deutlich zum Ausdruck.
Trailer zu "Der Mordanschlag (1)"