Viele von uns kennen das: Da gibt es an dieser einen Kreuzung, die wir morgens und abends mit dem Fahrrad passieren, am Fuß der Rolltreppe unserer U-Bahnstation oder auf der Bank neben dem Bäckersladen eine Obdachlose, einen Obdachlosen, dem wir täglich begegnen. Wobei – begegnen trifft es nicht wirklich. Wir sehen diese Person, nehmen sie wahr, womöglich als Mitbürger, öfter jedoch als Teil des Stadtbildes, zur Kulisse unseres Lebens gehörend. So nah und doch so fern. Aber wer ist dieser Mensch eigentlich? Was ist seine Geschichte? Wie ist er oder sie wohl hier gelandet – und gibt es einen Weg zurück? Darum geht es in dem ZDF-Drama "Auf dünnem Eis".

Macherin des Films hat das Drama selbst erlebt

Im vergangenen Jahr haben Die Ärzte in ihrem Song "Ich am Strand" diesen Umstand mit einem großartigen Kniff vertont und vor Augen geführt. Sänger und Texter Farin Urlaub zeigt hier den langen Weg nach unten, als würde man durchs Fotoalbum blättern, erzählt aus der Sicht eines Obdachlosen. Farin Urlaub hatte es an sich selbst bemerkt, wie er oft unachtsam an Obdachlosen vorbeiging, sie kaum wahrnahm, bis er an den Punkt geriet, das für sich zu ändern.

Fernsehproduzentin Beatrice Kramm hat Ähnliches erlebt, sogar noch ein Stück unmittelbarer und direkter. Es geschah 2012, während eines besonders kalten Winters. "Ein Obdachloser suchte sich auf unserem Stellplatz einen geschützten Ort und lebte dort für einige Wochen. Wir haben vergeblich versucht, mit ihm in Kontakt zu treten und ihm Hilfe angeboten – er wollte in Ruhe gelassen werden", erinnert sich Beatrice Kramm. "Bei einer Temperatur um die -15° C und Frost verstarb der Mann – bis heute wissen wir nichts von ihm. Mit diesem Film möchte ich ihm eine Geschichte geben."

Auf dünnem Eis: Darum geht es im Film

Und so wurde aus dieser persönlichen Erfahrung ein Film über das Leben, eines aus Kontrasten und Schicksalsschlägen, Schmerz und Herausforderungen, aber auch Humor, Liebe und Glück. "Auf dünnem Eis" erzählt vom Aufeinandertreffen der Köchin Ira (Julia Koschitz) und des Obdachlosen Konrad (Carlo Ljubek). Ira fährt Konrad an, sie bringt ihn in ein Krankenhaus. die Lebenslinien der beiden kreuzen sich und setzen Veränderungen in Gang.

Nicht alle davon sind positiv. Konrad fremdelt mit dem ‚normalen Leben‘. Ira muss feststellen, wie brüchig das Fundament der eigenen Biografie zuweilen ist, und gerät in eine Lebenskrise, die alles in Frage stellt. "Auf dünnem Eis" wurde 2020 bei den Biberacher Filmfestspielen als bester Fernsehfilm ausgezeichnet.

"Auf dünnem Eis" läuft am 20. September um 20.15 Uhr im ZDF